Teil 33: Kloß im Hals

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"Mirabella, was ist passiert?" frage ich mit einem Kloß in meinem Hals, der die größe eines Felsbrockens haben muss.

Sie hebt ihren Kopf und schluchzt herzzerreißend. Nicht in der Lage einen vollständigen Satz bilden zu können.

"Ich...deine Mutter...Korben...", stammelt sie.

Ein eiskalter Schauer jagt über meinen Rücken, während ich zur Tür des Operationssaals direkt hinter mir schaue, auf die sie zitternd zeigt.

Ist sie...ist sie tot?

Noch bevor ich mich wieder Mirabella zuwenden kann um sie das zu fragen, fliegt die Tür auf und Korben tritt heraus.

"Liam", brüllt er euphorisch, als er mich sieht.

"Sie wird es schaffen. Die Ärzte haben gesagt, dass sie durchkommen wird."

Augenblicklich fällt die Last von einer gefühlten Lastwagenladung voller Steine von meinem Herzen.
Großer Gott, dass sind seit langem die schönsten Worte, die ich aus seinem Mund höre und erhebe mich vom Boden. Mit Schwung springt er mir in die Arme und drückt mich fest, während Luzi ihm mit einem verkrampften Gesichtsausdruck folgt. Trotz ihrer immer noch sehr verheult aussehenden Miene beteiligt sie sich an unserer Umarmung und quetscht Korben zwischen uns ein.

"Und ich dachte schon, als ihr plötzlich verschwunden ward, dass sie...dass sie...", beginne ich, werde aber von Korben unterbrochen.

"Pscht. Diesen Gedanken möchte ich nicht laut ausgesprochen haben", ermahnt er mich und legt seinen Kopf auf meine Schulter.

"Die Ärzte meinen, dass sie noch mindestens eine Woche auf der Intensivstation bleiben muss, aber wenn keine unvorhersehbaren Komplikationen mehr auftreten, dann ist sie über den Berg."

Wenn es nicht komisch rüber kommen würde, würde ich meinen Bruder jetzt gerne küssen.

"Sie haben ihr auf Grund der Schwere ihrer Verletzungen aktuell sedierende Mittel gegeben, aber Morgen früh, sollte sie wieder bei Bewusstsein sein."

"Das ist wirklich schön zu hören", entgegne ich ihm.

Ja, wirklich unglaublich megatastisch schön.
Ich seufze innerlich auf.

Nach weiteren drei Minuten stiller Umarmung lösen wir uns wieder von einander.
Es wundert mich, dass sich Mirabella nicht einfach angeschlossen hat und wieso hat sie eigentlich so bitterlich geweint?
Das vorhin waren definitiv keine Freudentränen.
Mit Fragen überflutet, wende ich mich ihr wieder zu, doch der Platz auf dem sie gerade noch zusammen gekauert gesessen hatte, ist leer.
Wo ist sie?

"Wo ist Mirabella?" frage ich laut, doch beide außer mir noch anwesenden Personen zucken mit den Schultern.

Fuck!
Da stimmt etwas ganz und gar nicht.
Mein Instinkt sagt mir, dass sie wahrscheinlich das Krankenhaus so schnell wie möglich verlassen wollte. Eilig renne ich zu der Treppe, die nach unten zurück zur Rezeption führt. Ich muss sie finden.
Mein Instinkt hat sich zum Glück nicht geirrt, denn kaum verlasse ich durch die große Schiebetür das Gebäude, sehe ich sie ein paar Schritte von mir entfernt mit einem Handy am Ohr.

Mirabella

"Nein Tara, ich kann dort nicht bleiben. Ich dachte ich könnte es, aber der Schmerz ist einfach zu groß. Wieso ist die Welt nur so unfair? Diese Blicke...diese Last, die plötzlich von ihnen abgefallen ist. Wieso...wieso waren es nicht eure Gesichter? Wieso war es Charles missgönnt?"

Kraftlos stoße ich Luft aus meinen Lungen in die Abendluft.

"Ich weiß es nicht", seufzt meine Schwester.

Bitter Vanilla LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt