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Draußen verwandelte ich mich und ging jagen. Das tat mir nach so einem verkorksten Vormittag gut. Am Nachmittag war dann noch das Training. Während des Trainings formte ich ein Plan für meinen 16 Geburtstag. Wenn es eine Falle ist so werde ich dem Fallensteller an dem Tag selbst eine Falle stellen. Denn niemand verdirbt mir meinen Geburtstag, besonders nicht meinen sechzehnten!

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Eigentlich heißt es ja neuer Tag, neues Glück. Bei mir passt eher neuer Tag, neue Probleme. Das Frühstück verlief ereignislos. Jeder hing seinen Gedanken nach und ich war immer noch in meinem Zwiespalt gefangen. Dabei fehlt mir auch jemand ganz besonderes: Rosa. Seit ihrer kleinen Stichelei von gestern habe ich nichts mehr von ihr gehört. Doch ich spüre, dass sie sich immer weiter von mir abkapselt anstatt ihre Gefühle mit mir zu teilen. Ihre Seele driftet sogar schon langsam von meiner weg. Das wäre eigentlich nicht schlimm, aber es wirkt sich auf meine Verwandlung aus. Ich habe mehr Schmerzen und brauch viel Konzentration, um die Wolfsgestalt beizubehalten. Mit Rosa sprechen kann ich auch nicht wirklich. Ich glaube Rosa weiß selber nicht, was sie uns beiden damit antut und ganz verstehe ich auch ihr Handeln nicht. Schließlich sitzen wir im selben Boot und ohne Rosa fühle ich mich gerade irgendwie hilflos!

Meine Probleme mit Rosa und meiner Verwandlung halte ich aber vor allen geheim. Mein Rudel darf nicht noch mehr an ihrer Alpha zweifeln. Hatte mein Vater vielleicht Recht und ich bin doch noch nicht bereit dazu Alpha zu sein? „Kara, komm Noah und sein Rudel ist da," riss mich Julie aus meinen Selbstzweifel, wofür ich ihr insgeheim sehr dankbar bin. Ich schnappte mir schnell meine Schultasche und lief dann nach draußen zu den anderen. Mit Schmerzen fast so schlimm wie bei der ersten Verwandlung verwandelte ich mich in meine weiße Wölfin. Doch mein Rudel und auch Noah sein schauten mich geschockt an. „Was ist los?", fragte ich halb knurrend. „Dein Fell ist nunja grau," nuschelte Noah als niemand anderes was sagte. Warte, was?! Mein Fell ist grau? Schnell lief ich zum kleinen Fluss und betrachtete mich selbst. Tatsächlich mein Fell wirkte nicht mehr strahlend weiß, sondern war nun in einem tristen hellgrau. Somit wussten nun auch alle anderen das Rosa und ich nicht mehr auf der selben Wellenlänge sind. „Lasst uns einfach gehen," knurrte ich und schlug den Weg Richtung Schule ein. 'Oh Rosa, bitte komm wieder zu dir! Wir sind doch eins! Das waren wir schon immer und ich bin doch da für dich.'

In der Schule angekommen, kam mein 'Mate' sofort auf mich zu. „Hey, wollen wir heute in der Mittagspause was zusammen unternehmen. Dann könnten wir uns besser kennenlernen?", fragte er direkt. Ich tauschte einen unsicheren Blick mit Julie aus. "Denk daran, was du gestern zum Rudel gesagt hast," wies sie mich hin und so sagte ich ihm zu. Dann klingelte es auch schon zu ersten Stunde. „Kara, du sollst bitte einmal zur Direktorin es gibt noch was zu klären," teilte mir mein Geschichtslehrer mit. Natürlich wusste ich, dass er indirekt den Vonfall von gestern meint. Einerseits froh dem Geschichtsunterricht zu entkommen, aber andererseits genervt, begab ich mich seufzend zum Büro der Direktorin. Ich klopfte an und betrat dann das Zimmer. Die Direktorin saß an ihrem Schreibtisch und durchblätterte ein paar Akten. Als sie mich bemerkte, wollte sie schon aufspringen doch mit einer einfachen Handbewegung hielt ich sie davon ab und setzte mich auf einen der Stühle vor ihrem Pult. Aufmerksam verfolgte sie jede meiner Bewegungen. „Ihr Verhalten von gestern war inakzeptabel," bemerkte sie trocken. Ich zog ungläubig eine Augenbraue hoch. Ich hatte diese Rüpel von ihrer Schule vertrieben und mein Rudel beschützt und alles was sie dazu sagt ist, dass mein Handeln inakzeptabel ist! Okay vielleicht war es nicht die feine englische Art und vielleicht bin ich auch etwas zu weit gegangen, aber sie ist doch auch eine Alpha und müsste mich eigentlich verstehen!

„Ich habe so gehandelt wie es eine Alpha tut, wenn ihr Rudel bedroht wird. Außerdem hatten diese Raubauken an ihrer Schule nichts zu suchen. Ich habe also auch ihr Revier verteidigt," führte ich ihr die Tatsachen vor Augen. Die Schulleiterin schluckte leicht. „Sie bringen mir aber noch die Jüngeren auf dumme Gedanken. Dass sie die Jungs einfach so aus dem Fenster geschmissen haben, war nicht gerade vorbildlich," behaarte sie dennoch weiter auf ihren Standpunkt. „Ach ich soll jetzt auch noch Musterschülerin für die anderen Kinder sein, oder was?",regte ich mich auf. „In gewisser Weise, ja. Viele der jüngeren Schüler sehen sicherlich ein Vorbild in ihnen und was glauben sie wie da bei denen ankommt, wenn die Prinzessin Leute aus dem Fenster schmeißt," belehrte sie mich jetzt auch noch meine Rolle als Prinzessin. „Gut, vielleicht habe ich etwas überreagiert aber in kann nunmal auch nichts für meine Alpha-Instinkte, das müssten sie auch wissen. Allerdings bin ich doch nicht für die Kids verantwortlich, die sich an mir ein Vorbild nehmen. Schließlich ist niemand perfekt: Nicht meine Eltern, nicht sie, nicht irgendwelche Stars und ebenso auch nicht ich." Mit diesen Worten stand ich auf. Für mich war dieses Gespräch beendet. An der Tür angekommen, drehte ich mich aber nochmal zu der sprachlosen Direktorin um. „Ach und gestern ist es mir nicht so vorgekommen, dass sie den Lehrern gesagt hätten, dass sie sich mir gegenüber normal verhalten sollten." Nun verließ ich endgültig den Raum. Aber anstatt zurück in den Unterricht zu gehen, setze ich mich in ein leeres Klassenzimmer. Warum zurück in den Unterricht gehen, wenn ich anstelle meine Probleme lösen könnte? Oder wenigstens versuchen kann zu lösen!

So setzte ich mich einfach im Schneidersitz auf einen der Tische und konzentrierte mich voll und ganz auf Rosa. Wir müssen wieder eins werden! Daran führt kein Weg dran vorbei! Die Reise zu Rosa gestaltete sich wie eine Achterbahnfahrt durch meine Erinnerung. Meine Erlebnisse ziehen wie Filmausschnitte an mir vorbei und an einer Szene fand ich Rosa. Zusammengekauert lag sie da. Ihr Fell genauso grau wie bei meiner Verwandlung. Die Szene war die, wo wir auf der Menschenschule begrabscht wurden. Ich setzte mich zu ihr und strich ihr durch das Fell. Träge hob sie den Kopf und kuschelte sich schlussendlich an mich. So saßen wir eine zeitlang eng aneinander in meinem innersten. Rosa wimmerte und ließ ihren ganzen aufgestauten Schmerz der letzten Jahre freien Lauf. Endlich öffnete sie sich mir, offenbarte mir ihre verletzliche Seite, die sie mir nur sehr selten zeigte. Ich war in diesem Moment ihr Fels in der Brandung, war ihr Halt. Obwohl sie es sonst immer für mich war. Rosa war meist taffer, rebellischer und selbstbewusster als ich, doch sie hat auch eine sensible und verletzliche Seite an sich. Deswegen ergänzen wir uns auch so gut. Hat der eine gerade einen schwachen Moment, ist der andere stark und gemeinsam sind wir am stärksten.

Ich fing an eine Melodie zu summen, aber nicht von irgendeinem Lied sondern von 'Together we're one'. Unser Lied, wenn wir am Boden zerstört sind oder wir einfach nicht mehr weiter wissen. Gerade nach dem Tod meiner Geschwister hatte dieser Song eine große Bedeutung für uns beide. Rosa erkannte die Melodie sofort und summte mit mir mir, während ich ihr weiterhin durchs Fell strich. „Danke," hauchte Rosa und drückte sich noch mehr an mich. „Vergangenes ist vergangenes Rosa. Wir sind zwar nicht mehr hundertprozentig rein, aber zum einen können wir nichts dafür und zum anderen sind wir ja immer noch jungfräulich. Das zählt doch viel mehr und wenn unser Mate uns deswegen nicht will, hat er uns einfach nicht verdient," sprach ich sanft auf sie ein und versuchte mit meinem letzten Satz die Stimmung zu lockern. „Du hast recht. Wenn er uns nicht somit wie wir sind, ist er einfach ein blinder Idiot," sprang sie drauf an und lächelte etwas. „Na komm, lass uns ein wenig unsere Erinnerungen durchstöbern," meinte ich enthusiastisch. Rosa nickte zustimmend und so schlenderten wir an den Filmschnipseln vorbei. Uns machte es Spaß die erlebten Geschehnisse Revue passieren zu lassen und so hatten wir auch bei fast allen viel zu lachen, sodass und schon die Lachtränen kamen.

Während diesen Rundgang wurde Rosa's Fell immer weißer und ich spürte wie ihre Seele wieder in meine glitt. Wir waren wieder eins und jetzt da wir den Vorfall gemeinsam verkraften werden wir stärker als zuvor sein.

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So bei diesem Kapitel wird ein wenig Fantasie gefragt 😉. Es ging mir hier darum nochmal mehr auf Rosa's und Kara's Verbindung einzugehen. Ich hoffe es ist mir gelungen.

Vielleicht kommt diese Woche sogar noch Kapitel, denn diese Woche habe ich Urlaub und so wieder mehr Zeit zum schreiben, bevor es wieder in den Alltag geht.

Naja, ich hoffe das Kapitel gefällt euch auch wenn es nach so einer langen Wartezeit nicht gerade spannend ist.

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