10.Kapitel

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- A D E E R A -

"Madame, kann ich Ihnen noch etwas bringen?", fragt mich die kleine alte Dame, die sich kaum noch auf ihren eigenen Beinen halten kann. Sie trägt einen graues langarm Shirt, dass ihr mindestens zwei Größen so groß ist und eine enganliegende schwarze Hose.

"Sehr lieb von Ihnen, aber ich brauche nichts." Ich wusste bereits das Emilio kein Herz hat aber das er so wenig Schamgefühl hat, dass er eine Frau hier arbeiten lässt, die bereits in Rente gehen könnte, überschreitet alle Grenzen. Als ich in ihr strahlendes Lächeln blicke, kommt in mir das Bedürfnis hoch, Emilio sofort umzubringen.

Ich schwöre, wäre da nicht dieser Dumme Deal, würde ich es tun.

"Nennen Sie mich bitte Anda" Etwas verwundert, blicke ich wieder auf. "Ich meine, wenn es für Sie kein Problem ist, würde ich mir wünschen, dass sie mich nicht siezen. Ich bin einfach Anda" Eigentlich spricht es gegen all meinen Prinzipien eine Frau die wahrscheinlich dreifach - vielleicht sogar vierfach so alt ist wie ich zu duzen. Aber wäre es für Sie nicht wichtig, würde sie mich nicht darum bitten.

"Danke Anda, das du heute für mich dieses riesige Frühstück vorbereitet hast. Das wäre aber nicht nötig gewesen. Bei dem nächsten Gast, solltest du es ein wenig ruhiger angehen." Ich sitze an einem Tisch der mindestens so groß ist wie mein ganzes Schlafzimmer, auf dem 48 verschiedene Mahlzeiten aufgetischt sind.

Seit ich für meinen Onkel arbeite, habe ich die Angewohnheit alles genau zu studieren. Jede einzelne Sache die auf dem Tisch steht, unter die Lupe zu nehmen und vor allem alles zu zählen. Das ist zum Beispiel sehr Hilfreich, wenn wir mit unseren Firmenpartnern am Tisch sitzen und alle Waffen auf dem Tisch liegen. Oftmals kommt es vor, dass eine Person mehr als nur eine Waffe dabei hat. Um das verschwinden einer Waffe zu bemerken, zähle ich und speichere es in meinem Gehirn ab.

Eine seltsame Eigenschaft, aber dennoch in meinem Beruf sehr hilfreich.

"Miss, Herr Moretti hat mir schon vor Jahren gesagt, dass ich für den ersten Gast, der nicht seine Familie ist oder ein enger Freund, ein besonderes Festmahl errichten soll." Mit einem Lappen wischt sie einmal über die Tischplatte. Zumindest über die Stellen, die nicht belegt sind.

"Was meinen Sie mit ersten Gast?" Ihre Aussage hat mich doch neugierig gemacht, trotzdem bin ich vorsichtig. Ich bin mir sicher das Emilio Auskunft über unser Gespräch will und er wird sie auch bekommen. Wenn er etwas will, dann bekommt er es auch, egal was er dafür machen muss.

Genau so, schätze ich ihn ein.

Abrupt stoppt sie in ihrer Bewegung, läuft auf die andere Seite des Tisches und putzt da weiter. Ein wenig überrascht über ihr Verhalten, warte ich darauf was sie mir nun antwortet. "Herr Moretti, bringt normalerweise keine Gäste mit Nachhause. Wenn überhaupt, trifft er sie in seiner Firma. Er will sein Zuhause von all den Problemen in der Arbeit fern halten. Es ist sein Ruheort"

Während sie spricht, zittert ein wenig ihre Stimme. Hat sie etwa Angst? Ich bin mir nicht sicher ob ich das richtig deute aber was ist, wenn sie Ärger bekommt, wenn sie mir das sagt? Sollte ich weiter Fragen oder es einfach lassen?

"Ich kann Ihnen versichern, dass er keine geschäftlichen Absichten mit Ihnen hat", fügt sie nach ein paar Sekunden hinzu. Dieses Mal viel selbstbewusster und mit einer gewissen Stärke in ihrer Stimme die mich ein wenig überrumpelt.

Eigentlich will ich dieses Thema erstmal ruhen lassen, da ich mir nicht sicher bin, ob sie befugt ist mir das zu sagen.

Eine Sache beschäftigt mich aber noch immer

"Er hatte noch nie eine Frau hier?!"

Bevor die Dame mir antworten kann, höre ich auch schon die Stimme, die ich am liebsten sofort in zwei teilen möchte. "Da ist aber jemand neugierig. Bist du etwa eifersüchtig?"

Er zieht sich den Stuhl, der direkt neben mir ist, heraus und setzt sich darauf. Als ich bemerke das Anda spurlos verschwunden ist, drehe ich mich zu ihm und schenke ihm dabei ein strahlendes Lächeln."Natürlich, ich wollte schon immer die erste Frau in dem Bett sein, von demjenigen der mich Entführt hat"

"Es hört sich nach einer Story an, die du deinen Freundinnen erzählen kannst, die nur auf eine neue spannende Story von dir warten" Seine Worte lassen mein Herz bluten, als ich daran denke wie es wohl ist Freundinnen zu haben, denen man alles erzählen kann. Ein normales Leben, ohne an den Tod denken zu müssen. "Am besten erwähne ich dann noch wie attraktiv du bist und ach ja, dass du der Anführer einer Mafia bist"

"Gut zu wissen das du mich attraktiv findest" Das Lächeln auf seinem Gesicht ist charmant und wüsste ich nicht wer er ist, würde ich es wahrscheinlich auch attraktiv finden.

"Emilio, was mache ich hier?" Ich lehne mich auf meine Stuhl zurück, überschlage das eine Bein über das andere und starre in seine Kleeblattförmigen Augen. "Sehr schön du nennst mich immer noch beim Vornamen."

"Spiel keine Spielchen mit mir,  beantworte mir endlich meine Frage." Er greift nach einem Heidelbeere und hebt sie mir hin. Als hätte er gewusst, dass es mein Lieblingsobst ist. Ich schlage gegen seinen Arm, sodass die Heidelbeere hoch fliegt und ich sie mit meiner Hand fangen kann. Ohne Probleme, lege ich sie genussvoll in meinen Mund. "Warst du nicht diejenige die spielen wollte?", haucht er mir zu.

"Ich will das Spiel nur spielen solange ich die Spielregeln kenne"

"Gut, dann les ich sie dir mal vor-" er zieht einen Zettel aus der Tasche und fängt an zu lesen, zumindest tut er so als würde er lesen. "Willkommen zu dem Spiel was dein Leben verändert. Dieses Spiel beinhaltet zwei verfeindete Personen, die sich am liebsten gegenseitig in Stücke reißen wollen. Der einzige Unterschied an der Sache ist, dass der eine Spieler dies sofort Umsetzt, wenn die Spielerin sich nicht an die Regeln hält." Er stoppt nach diesem Satz, zieht meinen Stuhl ein wenig näher zu sich und verankert sich einige Sekunden in meinen Augen. "Bis hierhin verstanden?"

Weil ich gerade mit der ganzen Situation ein wenig überfordert bin, nicke ich nur kurz. "Die Spielregeln sind ganz einfach: Verhalte dich wie eine Verlobte eines Mafiabosses für die nächsten 3 Monate. Gehe mit ihm auf einige Galas, Hochzeiten und alles andere was noch auf dem Plan steht. Wenn alle Beteiligten eure Liebe abkaufen, ist die Spielerin in 3 Monaten frei. Wenn nicht, wird die Spielerin nicht mehr auffindbar sein."

"Und was springt für mich da raus?" Ich bin mir bewusst , dass es ein gewisses Risiko ist überhaupt auf dieses beknackte Spiel einzugehen aber was bleibt mir übrig? Wenn ich doch irgendwie entkommen würde, würde meine Familie sterben, weil ich nichts in der Hand habe. Und wenn ich hier bleibe, habe ich eine gewisse Chance ihn irgendwie gefangen zu nehmen oder zumindest mit seiner Hilfe, meine Familie in Sicherheit zu bringen. "Was auch immer du nach diesen drei Monaten willst. Du musst dich jetzt noch nicht entscheiden. Du hast die ganzen drei Monate Zeit um dich zu entscheiden."

"Egal was? Ich bekomme alles was ich will?" Ich denke nicht das er sein Leben am Ende für mich hergibt aber einen mächtigeren Mafiaboss erstmal auf seiner Seite haben, ist eine gute Grundbasis für meine Flucht. Oder den Tod.

Er kommt meinem Gesicht näher. Kurz bevor sich unsere Nasenspitzen aber berühren können, bewegt er seinen Kopf ruckartig nach rechts und knabbert vorsichtig an meinem Ohrläppchen. Sein Atem, so ruhig, dass man mein Herzschlag noch in tausend Meter Entfernung hören würde. "Alles was meine schöne Verlobte will"

"Deal"

"Im Leben geht es nicht darum, gute Karten zu haben, sondern auch mit einem schlechten Blatt spielen zu können"

A D E E R AWo Geschichten leben. Entdecke jetzt