Sicht Julian
Weinend saß ich nach dem Telefonat mit Kai auf meinem Bett und schob mir den wahrscheinlich zwanzigsten Schokoriegel für heute in den Mund. Schokolade wurde in den letzten Tagen zu meinem Hauptnahrungsmittel. Das ist zwar nicht sonderlich gut für meinen Körper, doch mir ist es herzlich egal. Das Einzige was für mich zählt, ist es, dass die Schmerzen weniger werden. Die Schmerzen, welche mir Kai zugefügt hatte.
Wie konnte er nur? Wie konnte er mir in die Augen sehen, mir sagen er liebt mich und mich dann hintergehen? Wie konnte er mich nachts im Arm halten und streicheln und mich dann einfach wegwerfen? Wie konnte er mich küssen, mit mir lachen und weinen, mich gut fühlen lassen und mir dann so weh tun? Wie konnte er all das tun und mich dann bitten, noch einmal mit ihm zu reden? Einen Scheiß werde ich tun. Er hat mich verletzt, zutiefst. Und jetzt soll ich wieder angekrochen kommen? Nein, nicht mit mir. Soll er doch leiden, wenn er das überhaupt macht. Vielleicht war das alles ja nur ein Spiel von ihm. Nur eine einzige Lüge, um mir weh zu tun.
Aber wieso? Wieso macht er sowas? Er hat damit nicht nur unsere Beziehung und Zukunft weggeworfen, sondern auch unsere Freundschaft. Er war jahrelang mein bester Freund. Er war die Person, welcher ich alles erzählte, anvertraute und vor der mir nichts peinlich war. Er wusste alles über mich. All meine guten, sowie schlechten Seiten. Er hat mich an meinen Tiefpunkten, sowie an meinen Höhepunkten gesehen. Er kannte mich besser, als jeder Mensch auf dieser Welt. Und ich dachte, so würde er auch über mich denken. Ich war immer für ihn da, habe ihn unterstützt, geholfen und hatte immer ein offenes Ohr für ihn. Ich habe ihm geholfen, seine Depressionen und seine Essstörung in den Griff zu bekommen. Ich dachte, ich kenne ihn, so wie er mich. Aber vielleicht kenne ich ihn ja nicht so gut wie ich dachte. Vielleicht ist er nicht der, für den ich ihn immer hielt. War er schon immer so ein Arsch?
Komplett in Gedanken versunken bemerkte ich gar nicht, wie mein Telefon pausenlos klingelte. Ich bemerkte es erst, als ich schon 13 verpasste Anrufe hatte und ein weiterer folgte. Sofort nahm ich ab.
J: „Hallo?" Schniefte ich ins Telefon, da ich mich immer noch nicht vollständig beruhigt hatte.
M: „Hey Jule, ich bins. Wie geht es dir? Du hast dich jetzt drei Tage nicht mehr gemeldet und warst auch nicht beim Training. Ich weiß, die Trennung macht dich grad echt fertig, deshalb wollte ich fragen, ob ich vorbei kommen kann. Wir können reden, oder auch nicht. Wie du möchtest. Aber ich will nicht, dass du in deiner Wohnung vergammelst." Sprach Marco aufgewühlt und ich konnte erkennen, dass er sich ziemliche Sorgen machte.
Ablenkung würde im Moment ganz gut tun, also erwiderte ich mit einer Zusage. Der Dortmund-Kapitän verabschiedete sich von mir und versprach mir, in einer halben Stunde bei mir zu sein.
Da ich die Ordnung in meiner Wohnung in den letzten Tagen ein wenig vernachlässigt hatte, sowie meine Körperpflege, räumte ich schnell den Großteil auf und stieg unter die Dusche. Nach etwa 20 Minuten war ich auch schon komplett fertig. Keine Sekunde zu spät, da es im nächsten Augenblick bereits an der Tür klingelte.
Marco zog mich in eine innige Umarmung und strich mir beruhigend über den Rücken. „Hey Jule, wie geht es dir?" Fragte er sanft, nachdem wir uns gelöst und auf mein Sofa gesetzt hatten.
Allein das reichte aus, um mich wieder unkontrolliert weinen zu lassen. Ich wollte nicht weinen. Nicht wegen ihm. Doch ich konnte nicht anders.
Marco versuchte mich zu beruhigen. Doch es half nichts. Ich weinte immer mehr und konnte gar nicht mehr aufhören.
„Wieso muss er es mir auch noch so verdammt schwer machen? Kann er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Er sagt ständig, er liebt mich, aber das tut er nicht. Wenn er das tun würde, hätte er nicht eine andere gevögelt. Ich verstehe ihn einfach nicht. Wieso macht er das? Bin ich zu langweilig? War sie hübscher? Wieso habe ich ihm nicht gereicht?" Schrie ich an Marcos Brust, an welcher ich mein Gesicht vergraben hatte.
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Can we still go through it together?
FanfictionFortsetzung von ,,We can go through it, together!" Idee von @leoniwq