3. Samuel und Ruby

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POV RUBY

Tief sog ich die frische Herbstluft ein, die lauwarm um meine Nase wirbelte. Zeitgleich schloss ich für einen verheerenden Augenblick genießerisch meine Augen, um die herbstlichen, warmen Sonnenstrahlen auf der Haut meines Gesichts zu spüren.
Ich liebte den Herbst. Zumindest, wenn er so war wie dieser. Ich liebte den Wind, der die bunt gefärbten Blätter durch die Luft wirbelte und sich mit den warmen Sonnenstrahlen mischte, die Abende, die man zu Hause mit einer ordentlichen Portion heißer Schokolade und Kerzen verbringen konnte und natürlich Halloween.

Sobald allerdings der ungemütliche Teil des Herbstes begann, der meist mit einer Mischung an Regen und Orkanen einher ging, die zu Tiefsttemperaturen führten, war ich die Letzte, die sich für den Herbst aussprechen würde.

Ich zog meinen bunten Schal, der aus breiten Streifen bestand, bei denen sich die Farben Orange, Blau, Beige und ein heller Grünton unregelmäßig abwechselten, eine wenig enger um meinen Hals. Vermutlich liebte ich auch den Herbst auch, weil ich diesen Schal tragen konnte.
Ich hatte ihn von mein Oma geschenkt bekommen, bevor sie gestorben war und sie war schon immer diejenige in der Familie gewesen, abgesehen von Evan meinem großen Bruder, der ich am nächsten gestanden hatte.

Der Schal zauberte mir immer ein Lächeln auf die Lippen und hielt ganz nebenbei auch noch warm. Er war unglaublich flauschig und lang, so dass er mir, trotzdessen, dass er um meinen Hals gewickelt war, mit seinen dicken Franzen bis über die Hüfte reichte.

Anschließend widmete ich mich wieder dem Dokument vor meiner Nase. Heute hatte ich nahezu jede freie Sekunde und Stunde in der Uni genutzt, um mit meiner Hausarbeit voran zu kommen und mittlerweile hatte ich die ersten Kapitel zusammengeschrieben.
Soeben nutze ich eine Pause meines strikt getakteten Vormittags, da ich planmäßig erst in der nächsten Stunde wieder eine Vorlesung hatte, weshalb ich mir auf dem weitläufigen Campus der eher kleinen aber traumhaft schönen Uni eine Bank mit einem Tisch auf der Wiese des Hauptcampus gesucht hatte.

Ich hatte ziemliches Glück mit dem Wetter, da man selbst im September noch draußen sitzen konnte.
Hier konnte ich mich auch definitiv besser konzentrieren als Zuhause.
Die Nacht hatte ich kaum ein Auge zugetan, da Avery erst fünf Uhr die scheiß Musik ausgestellt hatte und den letzten Gast aus unserer Wohnung verabschiedet hatte. Dementsprechend müde sah ich aus und fühlte ich mich auch. Es war definitiv ein Wunder, dass ich heute überhaupt zwei Kapitel zustande gebracht hatte. In der ersten Vorlesung über Entwicklungspsychologie war ich beinahe eingeschlafen, was nicht daran lag, dass es langweilig war —nein, ich war einfach nur todmüde.

„Hey Ruby!"

Erschrocken zuckte ich zusammen und blickte von meinem Laptop auf als ein schmaler Schatten über mir entstand. Vor mir stand Samuel und hielt mir lächelnd einen dampfenden Becher Kaffee unter die Nase, der himmlisch roch.
Seine blond-roten, lockigen Haare leuchteten in der Sonne und waren vom Wind völlig zerzaust. Auf seinem Gesicht zeichnete sich auf der linken Seite ein Grübchen ab, welches ich seit unserer ersten Begegnung unfassbar niedlich fand und seine andere Hand steckte in der Tasche seiner Jeans.
Obwohl er bereits zweiundzwanzig war und damit ganze drei Jahre älter als ich, sah er mit den Locken und den Sommersprossen auf der Nase jünger aus.
Er hatte einen jungenhaften Charme, der ihn ziemlich sympathisch machte.
Mal ganz davon abgesehen, dass er mir einfach so Kaffee mitbrachte.

„Danke, du bist mein absoluter Lebensretter.", ich ergriff den Kaffee dankbar und roch nocheinmal daran, wodurch ich eine karamellige Note feststellte. Ich liebe Karamell in meinem Kaffee.

Daraufhin ließ sich Samuel auf der Bank neben mir nieder: „Habe ich mir gedacht. Deine Augenringe habe ich schon von da drüben gesehen."

Frech grinsend zog er seine Mundwinkel nach oben, wofür er sich einen spielerischen Schlag gegen den Oberarm einfing: „Idiot."

My Roommates BrotherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt