| 60 ☄. *. ⋆

196 14 8
                                    

╭── ⋅ ⋅ ── ✩ ── ⋅ ⋅ ──╮

ᴛᴀɴᴀᴡᴀᴛ ᴄʜᴀɴɴᴀʀᴏɴɢ, ʟᴇᴏ | Leahs Blick scheint mir so leer zu sein. Sie sieht mich nicht an, hat stattdessen eine Hand in den Fell von Nanuk, sieht raus in meinen Garten und atmet ganz ruhig. Ich wusste nicht, wie ich das hier anstellen soll, habe gegrübelt und mir Notizen gemacht. Ich habe mit Luca geredet, mit Nit und Chompoo, habe versucht das hier so einfach wie möglich zu machen. Nicht viele Worte, nur so viele, dass sie es versteht. Ich will sie nicht verletzten, sie nicht verschrecken und ihr deutlich machen, dass ich trotz all dem für sie da bin.

Sie schluckt schwer, senkt ihr so blasses Gesicht, dass die dunkelbraunen Haare nach vorne fallen. Nun sieht sie auf die Tisch. Das Glas hat sie noch nicht angerührt, genauso wenig, wie sich mich die letzten quälend langsam vergangenen Minuten angesehen hat.

,,Wo ist er?", will sie wissen. Ihre Stimme ist dünn und zittrig – kann man es ihr verübeln?
,,Ich bringe dich hin.", murmle ich leise. Schwerfällig stehe ich auf, humple ein paar Schritte durch den Salon und öffne eine der gläsernen Türen. Es ist das erste mal, dass Leah hier ist und nur Gott weiß, wie beklemmend dieses Gefühl für sie sein muss. Der Weg, den wir bekämpfen, erscheint wahrscheinlich nicht nur mir unendlich lang – und doch wünsche ich mir beinahe, er wäre noch länger gewesen, als ich die Türklinke zu diesem für mich in diesen Tagen so belastenden Raum. Er liegt dort. Ganz reglos und alleine auf dem Bett. Vorgestern ist es passiert und gestern konnte ich kaum mehr als eine Stunde hier verbringen. Ich musste nur weinen, habe kein Wort rausgebracht und konnte ihn kaum ansehen.

,,Sein Körper–... Es war zu viel für ihn.", wispere ich, ,,Deswegen wird er künstlich beatmet." Tapfer nickt sie und traut sich nur mit einem festen Griff um meine Hand ein paar Schritte nach vorne zu gehen. Der Raum ist durch das natürliche Licht hell erleuchtet und bietet ein eigentlich recht schönes Ambiente – würde Milo nicht an Schläuchen befestigt und mit Zugängen verseht sein. ,,Mein Bruder sagt, dass er durchkommt, aber sein Körper braucht viel Zeit." ,,Er sieht schrecklich aus.", haucht sie, nach Luft schnappend – schon wieder stehen ihr Tränen in den Augen und sie sieht so hilflos aus, wie ich mich fühle, als sie zu mir aussieht. Nanuk, welcher uns natürlich hinterher gelaufen ist, ist der erste der wirklich in den Raum tritt und sich aus der Nähe heraus nach Milo erkundigt. Neugierig reckt er seine Nase nach oben. Er hat sich so sehr gefreut, als er gestern endlich wieder her kommen durfte, hat sich erst von mir ordentlich begrüßen und durchkuscheln lassen und dann beinahe ein wenig verzweifelt nach Milo Ausschau gehalten. Es ist eindeutig, dass er uns vermisst hat. Wahrscheinlich versteht er gar nicht so recht, warum Milo nicht mit ihm spielt oder ihn an sich drückt. Vorsichtig pfeife ich ihn etwas zurück und deute auf den großen, gepolsterten Sessel. ,,Setz dich ruhig zu ihm, wenn du magst.", erkläre ich Leah. Ich weiß nicht, wie gut es ihr tut, ihn so zu sehen – ob sie das überhaupt aushalten kann. Wenn ich ehrlich bin, sieht er nämlich mehr tot als lebendig aus. Doch sie nickt tapfer. ,,Soll ich dir etwas zu trinken oder zu essen besorgen?", möchte ich wissen, da interessiert sie sich schon gar nicht mehr für mich. Ihre Augen sind fokussiert auf ihren Bruder gerichtet, während sie langsam in den Raum schleicht und sich tatsächlich zögerlich hinsetzt. Ihre Hände, die sie nun unsicher auf ihren Oberschenkeln ablegt, zittern etwas und so richtig wohl scheint sie sich nicht zu fühlen. Ich verstehe ihre Reaktion. Gott verdammt, ich dachte, ich hätte ihn endgültig verloren. Ich dachte, er sei tot. Ich habe Rotz und Wasser geheult. Von dem Moment an, in dem ich ihn an mich gedrückt habe, die ganze Fahrt über, bis Luca mir endlich darüber bescheid gegeben hat, dass er es schaffen wird. Sein Zustand ist schlecht, keine Frage, aber immerhin gibt es Hoffnung.

Auch ich trete nun zögerlich in Milos Richtung, stelle mich auf die andere Seite des Bettes und sehe die Geschwister unsicher an. Mir tut es leid. All die Schwierigkeiten, denen sie wegen mir ausgesetzt sind... Vorsichtig streiche ich sein mattes Haar zur Seite, achte darauf, die ganzen Blessuren nicht zu berühren und beuge mich zu ihm herunter. Meine Lippen berühren seine Stirn nicht mal ganz, bevor ich wieder zurückzucke. Ich möchte ihm nicht weh tun und dennoch das Gefühl geben, nicht alleine zu sein. ,,Ich liebe dich, Püppchen.", wispere ich, ,,Du schaffst das. Du bist stark." – ,,Du bist wirklich süß zu ihm.", schluchzt Leah leise. Eine Träne kullert über ihre Wange und doch lächelt sie ganz tapfer. Ich bin überrascht, vor allem weil sie doch gerade erst von all dem hier erfahren hat. Ich habe es ihr erzählt – was ich für ein Mann bin, was Milo für mich und meinen Clan tun sollte, wie mutig er und wie gefährlich alles andere ist.

bruises and twisted guns ☾ ⋆*・゚Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt