Bananenbrot

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"Hast du ein Lieblingswort?"
Wir liegen beide auf meinem Bett, er ist endlich wieder bei mir. Ich habe ihn vermisst.

"Bananenbrot" erwiedert er schließlich, als ich schon gar keine Antwort mehr erwartet habe. Bananenbrot haben wir gebacken, als er das erste Mal bei mir war. Es war das leckerste Bananenbrot was ich je gemacht habe. Vielleicht, weil er dabei war. Vielleicht hat er etwas anders gemacht. Vielleicht war es auch seine Liebe, die er in alles hineinsteckt.

"Wie kommst du auf Bananenbrot?" Mich interessiert seine eigene Antwort. Vielleicht denkt er ja an was anderes. "Es erinnert mich an die erste Woche bei dir. Mit dir fühlt sich alles gut an. Du verstehst mich. Du teilst so viel mit mir. Mit dir ist alles so einfach" Ich mag seine Antwort. Ich habe was anderes erwartet. Aber vielleicht habe ich sowas gehofft.

"Das beste Bananenbrot, was ich gegessen habe, war das mit dir gemeinsam." Er dreht seinen Kopf zu mir, sieht mich an, lächelt.

"Denkst du oft an den letzten Sommer?" Er schaut mich an, als würde ihm wirklich viel an meiner Antwort liegen, als wäre sie gerade das wichtigste auf der Welt für ihn. "Jeden Tag. Jedes Mal wenn du mir schreibst. Und jedes Mal vermisse ich dich. Wenn ich Fanni ansehe, denke ich manchmal, sie vermisst dich auch. Sie mochte dich. Sie mag keine Menschen." Ich auch nicht. Außer ihn. Aber bei ihm ist sowieso alles anders.

"Ich habe dich auch vermisst. Du fehlst mir wenn du nicht da bist. Ich mag dich. Und Fanni." Ich muss grinsen. Nur er schafft das. Immer wieder. Meine Mutter sagt, ich blühe auf wenn er hier ist. Sie mag ihn. Manchmal habe ich das Gefühl sie mag ihn lieber als mich. Aber ich finde das okay.

Wir liegen Seite an Seite auf dem Rücken, unsere Köpfe zueinander gedreht, lächeln uns an. Fanni liegt auf seinem Bauch. Ich glaube, sie ist glücklich, dass er wieder da ist. Sie ist sonst nie im Haus, jagd draußen Mäuse, versteckt sich vor Menschen, streift durch die Wiesen.

Wir liegen einfach nur da. Ich sehe ihn an, er sieht mich an.

Er bewegt seine Hand. Vorsichtig. Er legt seinen Unterarm auf seinem Bauch, streckt einen Zeigefinger aus. Vielleicht wartet er darauf, dass ich seinen Zeigefinger berühre. Ich strecke meinen Finger aus. Unsere Finger berühren sich, tanzen miteinander.

Irgendwann verschränken sich unsere Hände miteinander. Wir reden beide nicht. Bis ich meinen Kopf minimal bewege. Auf seinen zu. Er sieht mich an. Blickt zwischen meinen Lippen und meinen Augen hin und her. Ich versuche zu verstehen, dass er wirklich wieder hier ist. 279 Tage musste ich warten.

Wir bewegen uns langsam aufeinander zu, ich kann direkt in seine blau-grauen Augen sehen. Ich liebe sie. Er überbrückt den letzten Zentimeter zwischen unseren Lippen. Wir küssen uns sanft, unsere Lippen liegen aufeinander. Niemand von uns beiden intensiviert den Kuss. Es ist schön. Fanni schnurrt sanft.

"Mein Herz geht gerade auf, wie ein Brot im Ofen" Ich muss lachen. "Ein Bananenbrot?" - "Ja" Ich habe lange nicht gelacht. 279 Tage. Ich habe immer Mal wieder gelächelt oder auch geschmunzelt bei seinen Nachrichten. Wenn ich gefragt habe, wie sein Tag war, und er geantwortet hat, dass er schön war. Dass er Schlittschuhlaufen war. Dass er eine Neue Bestzeit gelaufen ist. Dass er einen Wettkampf hatte. Aber ich habe nicht gelacht. Das schafft nur seine Stimme. Seine Anwesenheit.

Nur er schafft es, so etwas romantisches, ein Geständnis, ins lächerliche zu ziehen. Wir haben uns oft beide über Pärchen lustig gemacht, die einer von uns gesehen hat. Ich weiß nicht, was er gerade wirklich fühlt. Er hat mir mal gesagt, dass er das Gefühl hat, keine Gefühle zu haben. Vielleicht hat sich das geändert. Bei mir hat es das. Ich dachte das gleiche. Aber er ist immer wichtiger geworden. Und die 917 Kilometer immer nerviger. Die unterschiedlichen Schulferien.

Unsere Hände sind immer noch verschränkt. Ich finde den Moment schön. Ich weiß nicht, was genau zwischen uns ist. Aber es ist schön. "Das ist schön. Das hier." spricht er es aus.

"Wollen wir noch raus gehen?" Wir waren oft nachts draußen. Wenn meine Schwester und meine Eltern schliefen. Sahen uns die Sterne an, liefen durch den Wald. Er blickt mich sanft an. "Ich mag es gerade hier. Mit dir. Mit dir hier." Wir lagen mittlerweile seit mehreren Stunden hier, unser erster Kuss war bestimmt eine Stunde her. Er hatte sich immer wieder vorgebeugt, mich sanft geküsst. Ich hatte mich immer wieder vorgebeugt, ihn sanft geküsst. Wir wollten beide nicht weiter gehen. Langsam. Sanft. Vorsichtig. Ohne den anderen wieder kaputt zu machen.

"Du musst trotzdem deinen Binder ausziehen" Er brummt. Er trägt ihn schon wieder viel zu lange. 10 Stunden mindestens. Ich habe Angst um ihm. Dass etwas passiert, eine Rippe bricht. Er dann keinen Sport machen darf und innerlich zerbricht. Sein Training ist alles für ihn. Mein Training ist alles für mich. Und er. Er ist so viel mehr für mich.

Ich habe einen Pulli von mir auf meinem Bett liegen. Bei mir sitzt er Oversized, ihm passt er perfekt. Er steht ihm besser als mir. "Wenn du willst musst du auch nicht aufstehen. Ich kann mich auch wegdrehen und du ziehst ihn aus. Du kannst dann auch den Pulli haben." - "Kannst du mir helfen?" Ich glaube, ich bin gerade der dankbarste Mensch auf Erden. Er hat mich gebeten ihm zu helfen. Ich weiß, wie unwohl er sich normalerweise fühlt. Ich setze mich langsam auf, er stützt sich nur auf seine Ellenbogen, wartet, dass Fanni von seinem Bauch runtergeht. Tut sie nicht. Sie mag ihn wirklich. Sanft nimmt er sie herunter, sie sieht ihn vorwurfsvoll an. Wir sitzen uns gegenüber, er zögert. Ich warte, ob er sich doch umdreht, tut er nicht.

Er zieht sich sein T-Shirt über den Kopf, wird leicht rot. Ich versuche in aufmunternd zuzulächeln. "Kannst du ihn aufmachen?" Ich rücke zu ihm heran, öffne langsam die Schnallen seines Binders. Als alle offen sind, ziehe ich den Binder ab, reiche ihm den hellblauen Hoodie, welchen er sich überzieht.

"Es ist okay" flüstere ich leise. Ich weiß, dass er sich nicht wohl mit Körperkontakt fühlt. Ich halte ihm meinen Finger hin, so wie er vorhin. Er nimmt seinen Zeigefinger, hält ihn gegen meinen. Sie tanzen miteinander.

Teil 2 kommt bald :)

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