Benedikt Doll x Tarjei Bø

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Von Höhen und Tiefen

Hektisch kämpfte sich Benedikt durch die Massen von Leuten im Hotelfoyer. Er hatte ein bescheidenes Rennen gehabt, um es mal nett auszudrücken, und er wollte jetzt nichts lieber als sich in seinem Hotelzimmer zu verkriechen, auch wenn Erik früher oder später auch kommen würde.

Noch halb in Wintersachen und mit mittlerweile getrockneten Tränen ließ er sich auf sein Bett fallen. Er zog die Decke soweit hoch, sodass er fast unter ihr verschwand. Erst hatte er sich mit seinen Eltern gestritten und dann der Weltcup...der Tag war echt zum Vergessen. Vermutlich zerrissen sich die Medien gerade schon ihre Mäuler über sein erneut schlechtes Ergebnis. Allein schon dieser Gedanke hielt ihn davon ab an sein Handy zu gehen.

Gut eine halbe Stunde saß der Deutsche einfach nur da und starrte die gegenüberliegende Wand an, bis er schließlich ein Knacken im Türschloss hörte. In der Erwartung dort Erik zu sehen, sah der Biathlet hinüber. Doch sein Teamkollege wurde von einem nur allzu bekannten, blonden Norweger begleitet. Benni schluckte. Tarjei war genau die Person, die er gerade am wenigsten sehen wollte. Der Ältere war schon wieder Erster geworden, was die Angst des Deutschen nicht mehr gut genug zu sein nur verstärkte. Schon seit längerer Zeit fragte er sich warum sein Freund denn überhaupt noch mit ihm zusammen war, wo er doch so schlecht und nutzlos war.

Benedikt wurde aus seinen Gedanken gerissen als sich die Matratze neben ihm senkte. Tarjei nahm seinen Freund wortlos in den Arm. So geschützt in den Armen des Blonden brach alles über dem Deutschen zusammen und er fing hemmungslos an zu weinen, obwohl er sich sicher gewesen war, dass er keine Tränen mehr übrig hatte.

Beruhigend strich der heutige Weltcupsieger dem Kleineren über den Arm. „Ich bin so ein Versager." Zitternd holte Benni Luft. „Ich hab ständig schlechte Rennen, werde immer langsamer und schieß ständig daneben. Ich hab es überhaupt nicht verdient für Deutschland zu starten und erst recht nicht mit dir zusammen zu sein. Ich in so ein Loser..." Der Norweger entfernte seinen Arm von ihm. Jetzt kommt es, dachte der Jüngere. Jetzt macht er Schluss. Doch Tarjei setzte sich ihm nur gegenüber und nahm seine Hände.

„Hör mir mal zu Kjære. Du bist kein Versager. Du bist der tollste Mensch den ich kenne und du hast es auf jeden Fall mehr als verdient für Deutschland zu starten. Du bist ein super Biathlet und das wissen deine Trainer. Und was das mit unserer Beziehung angeht kann ich mich glücklich schätzen so eine fantastische Person wie dich an meiner Seite zu haben. Du bist so wundervoll, ich hab dich echt nicht verdient. Und jetzt hör auf dir so eine Scheiße einzureden."

Benedikt lächelte traurig. „Danke", flüsterte er leise. Sein Freund bedachte ihn mit einem nachdenklichen, besorgten Blick. „Dir liegt noch was auf dem Herzen, stimmts?" Widerstrebend nickte der Deutsche.

„Ich hab heute Morgen mit meinen Eltern telefoniert und ich...ich hab mich vor ihnen geoutet. Sie...haben mich angeschrien, dass Homosexualität ekelhaft sei und ich...ich nicht mehr ihr Sohn wäre." Erneut fing er an zu weinen. Sofort schloss Tarjei seine Arme um Benni, um ihn zu trösten.

„Hey. Ich weiß wie sehr dir deine Familie am Herzen liegt, aber solche Menschen verdienen dich nicht. Sie verstehen nicht, dass du perfekt bist so wie du bist. Mit all deinen Ecken und Kanten. Und du hast immer noch eine Familie. Meine Mutter fragt schon die ganze Zeit ob du dieses Weihnachten endlich mit uns feierst und Jojo wollte wissen wann er denn seinen Sohn mal wieder bei uns abgeben kann, weil der Kleine dich so sehr liebt. Wir stehen hinter dir."

„Wir stehen auch hinter dir Benni", mischte sich jetzt auch Erik ein, der die ganze Zeit stumm zugesehen hatte. „Wir alle. Das ganze Team. Auch die, die schon aufgehört haben. Du kannst dich auf uns verlassen." Benedikt schenkte seinem Freund und seinem Teamkollegen ein Lächeln. Diesmal war es kein trauriges. Es war ein dankbares. „Danke. Und Schatz: Ich würde furchtbar gerne zu Weihnachten mit zu deiner Familie kommen."

~

Eine Woche später, es war der letzte Weltcup vor Weihnachten, fand sich der Biathlon-Zirkus in Frankreich ein. Es war ein sonniges Dezemberwochenende und Benni hatte recht gute Laune. Irgendwie hatte er ein gutes Gefühl.

Tatsächlich liefen der Sprint und die Verfolgung gut für ihn und das gesamte deutsche Team, auch wenn Tarjei weiterhin besser war (nicht groß verwunderlich). Der Deutsche war gerade auf dem Weg in Richtung Start für den Massenstart als er von Johannes aufgehalten wurde.

„Hab gehört du verbringst dieses Weihnachten endlich mal mit uns. Unsere Mutter hat sich riesig gefreut." „Ja...ich bin bei meiner eigenen Familie ja nicht mehr willkommen." „Ich freu mich jedenfalls. Und der Kleine sicherlich auch, so sehr wie er dich liebt." Beide lachten und setzten dann gemeinsam den Weg zum Start fort.

Ungefähr vierzig Minuten später konnte Benedikt es nicht glauben. Er war tatsächlich als erster ins Ziel gekommen. Er hatte den Massenstart gewonnen. Und auch wenn er unglaublich erschöpft war, konnte man ihm sein Strahlen nicht aus dem Gesicht schlagen.

Der Blick vom Podium war für den Deutschen unbeschreiblich. Eine Goldmedaille war halt doch nochmal was anderes. Direkt nach der Siegerehrung wurde er zuerst von Jacquelin, der Zweiter geworden war, und dann von Tarjei, der die Bronzemedaille geholt hatte, umarmt und als er dann da so dastand und von seinem Freund umarmt wurde, fühlte er sich als hätte es nie einen schöneren Tag gegeben.


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