Türchen 11

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Everyone that you teach all day
Knows you're looking at me in a different way
I guess that's why my marks are getting so high
I can see those tell-tale signs
Telling me that I was on your mind
I could see that you wanted more
When you told me that
I'm what you go to school for
I'm what you go to school for
— What I go Go School for • Busted —

— Josephine —

Genießerisch reckte ich mein Gesicht gen Sonne, bevor mein Blick über den Trainingsplatz schweifte. Dort trainierten die Jungs fleißig in der nachmittäglichen Sonne fleißig irgendwelche geheimen Tricks für die gerade begonnene Saison. Ich kam so oft ich nur konnte nach der Schule her, um dabei zu zuschauen und nebenbei meine Hausaufgaben zu erledigen. In erster Linie kam ich aber her, um Leon weiter aus der Reserve zu locken. Wann immer ich auf meinem fast täglichen Beobachtungsposten saß und er auf dem Weg zum Rasen an mir vorbei lief, rollte er genervt mit den Augen.
Seine Teamkollegen amüsierten sich königlich darüber, allen voran Serge und Joshua. Hinter Leon's Rücken zeigten sie mir einen Daumen hoch, was bedeutete, dass ich auf einem guten Wege war, die harte Schale zu durchbrechen und in den cremig weichen Kern hinein zu dringen.
Der cremig weiche Kern von dem ich in der einen Nacht mit ihm unschuldig etwas kosten konnte.
Und davon wollte ich mehr.
Viel mehr!

Ein wenig verträumt beobachtete ich den Dunkelhaarigen immer wieder, während ich von meinen Geschichtshausaufgaben, zu Deutsch und schließlich zu Mathe wechselte. Wie sagte man doch so schön?
Save the best for last.
Nicht!
Was gab es schlimmeres als Mathe?! Ich war schon mit einer fünf her gekommen und hatte gedacht, dass es an den Lehrern in den USA lag. Ich verstand nämlich nur Bahnhof und auch alle Nachhilfe hatte bisher null gebracht.
Nach den ersten Wochen in meinem Abi-Jahr konnte ich mit Sicherheit sagen, dass ich genau so viel verstand, wie sonst auch.
Nämlich nichts.
Es frustete mich, weil die anderen Fächer super liefen und Mathe mir einfach meinen kompletten Schnitt versaute.
Wenn nicht bald ein Wunder passierte, würde eine dicke fette fünf auf meinem Zeugnis prangen.

„Zu meiner Zeit hat man noch Zuhause am Schreibtisch gesessen und seine Hausaufgaben erledigt...", meinte Leon in einem oberlehrerhaften Ton. Blinzelnd sah ich zu ihm auf. Wo kam der denn jetzt auf einmal her? Der stand doch gerade noch auf dem Rasen?!
„Hahahaha jaaa genau SO siehst du auch aus...", lachte Serge gackernd und steckte Jo damit an; angepisst hielt Leon ihnen seinen Mittelfinger entgegen.
„Hab fest gestellt, dass mir meine Hausaufgaben leichter von der Hand gehen, wenn ich zusehen kann, wie du dich abrackerst..."
Seine Lippen kräuselten sich pikierte; während er sich die Locken wischte, die ihm an der Stirn klebten, verdrehte er den Hals, um auf mein Heft lugen zu können.
„Bringt dir aber wenig, wenn alles falsch ist...", schoss er eiskalt zurück. Frustriert blickte ich auf meine Arbeit der letzten halben Stunde. Das war nun nicht gerade aufbauend und...

Moment mal. Woher wollte er denn wissen, dass das falsch war?! Hatte noch nicht gehört, dass Fußballprofis die Winkel berechneten, bevor sie gegen den verdammten Ball traten.
„Woher willst gerade DU das denn wissen, Grumpy?", zickte ich also nun zurück. Mathe war einfach mein wunder Punkt; da verstand ich keinen Spaß.
Auch bei Leon nicht.

„Ich hab Abi!"
„Du?!", rutschte es mir prompt heraus.
Beleidigt verschränkte der Größere die Arme vor der Brust: „Leistungskurs! Ich hatte das als Prüfungsfach und habe mit einer 1 abgeschlossen!"
Das er schon ein bisschen mehr in der Birne hatte, als der überwiegende Teil seiner Fußballprofi-Kollegen war mir schon bewusst, aber das er ein Mathe-Genie war...nun, das war tatsächlich neu...
...und wunderbar!

Ich legte meine Matheunterlagen beiseite, stand auf und klimperte ihn von unten her bittend mit den Wimpern an.
„Leon?"
„Auf gar keinen Fall!"
„Aber ich bin verzweifelt!", bevor er reagieren konnte, legte ich meine Hände auf seine Brust und krallte mich in sein Shirt fest, „Ich bin schon mit einer fünf aus den USA her gekommen. Ich hatte alles. Online-Kurse, Hilfestellungen von einem Nachhilfelehrer, aber es hat alles nix gebracht. Bitte bitte bitte! Du bist meine letzte Hoffnung!"
„Josephine..."
„...oder willst du Schuld sein, wenn ich durch's Abi rassele?!"
Er presste die Lippen aufeinander; ein bisschen schlechtes Gewissen konnte nicht schaden.
Bitte lass es wirken!
Bitte lass es wirken!
Bitte lass es...

„Aber du nimmst meine Nachhilfe ernst! Kein Gejammere und ich bin derjenige, der den Unterricht beendet!", brummte er schließlich geschlagen.
Erfreut fiel ich ihm um den Hals und bedankte mich überschwänglich: „Du bist der Beste!"
„Ja ja schon gut! Wie lange haben wir bis zu deiner nächsten Klausur?"
„Eeeeerm...", druckste ich herum, worauf er eine Augenbraue hochzog, „Gut anderthalb Wochen?!"
„Josephine!"
„Ja man, man sieht an deinem sexy Arsch jetzt auch nicht, dass du ein Mathe-Genie bist", rutschte es mir heraus.
Leon schloss die Augen und betete innerlich offensichtlich um einen Berg von Geduld: „Ich geh schnell duschen und dann starten wir direkt. Das da in deinem Heft ist nämlich alles Käse!"
Danke für die Blumen, Grumpy!

Der Dunkelhaarige stiefelte los in Richtung Gebäude, doch bevor er verschwand, rief er mir noch etwas über die Schulter zu: „Ach und ich gebe nur Mathe-Nachhilfe!"
Verwirrt blickte ich ihm nach. Was meinte er denn nun damit?
Serge stupste mich breit grinsend an, bevor er zusammen mit Jo seinem Kumpel folgte: „Sein zweites Leistungsfach war Bio...aber da ist er ein bisschen eingerostet..."
Ohhhh...
Nun, kein Thema. In Bio stand ich auf 1.
Möglicherweise konnte ich mich revanchieren und ihm in diesem Punkt behilflich sein...

She's the One [A Leon Goretzka Advent calendar-FF 2022]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt