Türchen 26 - 3/3

542 23 1
                                    

Try to imagine a house that's not a home
Try to imagine a Christmas all alone
That s where I'll be since you left me
My tears could melt the snow
What can I do without you?
I've got no place, no place to go

It'll be lonely this Christmas
Without you to hold
It'll be lonely this Christmas
Lonely and cold
It'll be cold, so cold, without you to hold
This Christmas
— Lonely This christmas • Blue —

— Leon —

Ich war sauer.
Und enttäuscht.
Und unendlich verletzt.

Mathea hatte mich unsere komplette Beziehung über belogen. Josephine hatte das ganz genau gewusst.
Dennoch hatte sie mich belogen.
Und ich hatte auch noch ein schlechtes Gewissen gehabt wegen der Sache an Halloween!
Wie dumm konnte ich eigentlich sein?
Zweimal!

Josephine war verschwunden, nachdem ich wieder aus den Duschen kam. Gut so.
Sie war nun echt die letzte, die ich noch sehen wollte.
Durch das dichte Schneetreiben fuhr ich nach Hause. Aufgewühlt bis zum geht nicht mehr. Seit Josy hatte endlich begonnen, mich hier richtig wohl zu fühlen. Nun war meine Wohnung wieder so kalt und seelenlos wie vor ihr. Daran konnten auch die Dekorationen und Lichterketten nichts ändern, die sie liebevoll überall verteilt hatte.
Ein Stich.
Von dem ich wünschte, er würde nicht so verflucht weh tun.

Heute war meine letzte Physio gewesen. Ich wäre eigentlich erst einen Tag vor Weihnachten nach Hause aufgebrochen, weil ich die Zeit mit Josephine verbringen wollte. Aber jetzt...jetzt hielt mich nichts mehr in München. Entschlossen zog ich meinen Koffer hervor und stopfte einfach irgendwelche Sachen hinein, bis nichts mehr ging. Anschließend fuhr ich samt Koffer in die Tiefgarage und warf den Koffer in meinen Privatwagen. Das Schneetreiben war noch dichter geworden und so konnte ich gerade noch bremsen, als mir eine vermummte Gestalt vors Auto sprang.

„Was bist du denn für ein Idiot?", brüllte ich, nachdem ich das Fenster herunter gelassen hatte.
Besagter Idiot schlitterte zur Fahrerseite herum und zog den Schal ein Stück herunter.
Oh. Serge.
Na ja. Hätte jetzt keinen falschen getroffen.

„Spinnst du eigentlich komplett? Warum machst du mit Josy Schluss?"
„Weil sie mich belogen hat. Offensichtlich kann ich weder meiner Freundin noch dem Mann vertrauen, der sich mein bester Freund nennt", zischte ich wütend.
„Mach mal halblang, Leon, genau deshalb hab ich Josy geraten, die Klappe zu halten. Ich wusste, dass du mal wieder überreagieren würdest!"
ÜBERreagieren?
ICH?!

„Fick dich einfach!", ich wollte das Fenster wieder hochfahren, aber Serge drückte es mit aller Macht runter.
„Wo willst du hin?"
„Geht dich nix an!"
„LEON, ich zieh dich gleich aus deiner Karre raus, wenn du mir keine Antwort gibst", drohte mir der Dunkelhäutige.
„Nach hause! Ich muss raus aus München!"
„Aber doch nicht mehr jetzt; es schneit wie verrückt und es ist fast sechs Uhr abends! Warte wenigstens bis morgen früh", Serge bettelte schon fast. Tja, das hätten sie sich mal eher überlegen müssen...

„Ist mir egal", zuckte ich mit den Schultern; perplex riss Serge die Augen auf. Diesen kleinen Augenblick nutze ich aus um ihn zurück zu schupsen. Die Reifen drehten durch, weil ich zu viel Gas gab. Dann fanden sie wieder Grip und ich brauste endlich los. Es dauerte acht Stunden bis ich mich durch Schnee und Verkehr in meine Heimatstadt vorgekämpft hatte. Erschöpft hievte ich den Koffer durch den Vorgarten zur Tür. Gegen viertel nach zwei schloss ich endlich den Eingang meiner Doppelhaushälfte auf. Ich war so erledigt, dass ich erst gar nicht versuchen wollte, mich nach oben ins Bett zu schleppen. Für die restliche Nacht musste die Couch im Wohnzimmer reichen. Als ich das Licht im Wohnzimmer anknipste, rollte ich genervt mit den Augen.
Das war's dann wohl mit der Couch...

„Hast du eigentlich nur den leisteten Hauch einer Ahnung, welche Ängste wir in den letzten Stunden um dich ausgestanden haben?!", so laut hatte mich mein Vater seit meiner Jugend nicht mehr angeschrien. Auf sowas hatte ich ja mal gar keinen Bock jetzt. Also doch nach oben.
„Auf Wiedersehen!"
„Setz dich, Goretzka, sonst kriegst du heute Nacht noch die erste Tracht Prügel deines Lebens von mir!"
Konnte er ja mal versuchen.
Danke übrigens an meinen angeblich besten Freund, der mich verpetzt hatte!

„Tu was dein Vater dir sagt, Leon!", die leise Stimme meiner Mutter war viel schlimmer als das Gebrüll meines Vaters. Fünf Augenpaare - selbst Charlotte war hier - ruhten auf mir, als ich mich bockig auf die Couch fallen ließ; das abwartende Schweigen war so ohrenbetäubend, dass ich es nicht mehr aushielt und berichtete, was vorgefallen war.

„Du hast es also verkackt, arme Josy!"
„Bitte?!"
„Du warst schon immer sehr impulsiv und so verdammt selbstgerecht, Brüderchen! Kein Wunder, dass sie dir das verschwiegen hat", verständnislos schüttelte Luisa den Kopf, „Als ob du anders reagiert hättest, wenn Josy dir gesagt hätte, was Sache ist..."
Erneut kochte Wut in mir hoch; meine Zwillingsschwester und ich fingen so dermaßen an uns anzuschreien, dass die anderen dachten, gleich würde die Polizei vor der Tür stehen.

Dem wirkte ich entgegen, indem ich alle raus schmiss und mein Lager auf der Couch bezog, welches ich bis einen Tag vor Heiligabend nur fürs Klo verließ oder wenn ich zu Paps rüber schlich, um mir Essen zu...eeeerrrmmm...borgen.
Es gab Stunden, da tickte die Uhr viel schneller als gewöhnlich. Und dann zog sich die Zeit wieder wie Kaugummi. Aber egal ob schnell oder langsam, ich hatte mehr als genug Zeit zum nachdenken und mir über ziemlich viele Dinge klar zu werden.

Ich hörte die Haustür auf und zugehen. Automatisch zog ich mir die Decke über den Kopf. Die Hoffnung, dass sie wieder ging, wurde zerstört, als ich klappern aus der Küche vernahm. Eine gute viertel Stunde später senkte sich neben mir die Couch.
„Komm endlich raus; du kannst dich nicht ewig darunter verstecken, Leo!"
Seufzend zog ich mir die Decke vom Kopf und setzte mich auf; sie war der einzige Mensch, dem ich es nicht wagte zu widersprechen.
Missmutig betrachtete ich die Tasse heiße Schokolade aus der ein großer Berg Sahne hervor schaute, welche sie mir in die Hand drückte.
„Das sind Tonnen von Zucker, Omi!"
„Halt die Klappe, trink und dann will ich hören, zu welchem Ergebnis du gekommen bist. Du dürfest jetzt genug Zeit gehabt haben, dich zu bemitleiden."

Meine Oma hatte noch nie um den heißen Brei herum geredet. So auch jetzt...

Eine Tasse Kakao später fiel mein Kopf heulend in ihren Schoß.
„Ich bin so ein beschissener Idiot", schniefte ich bekümmert, nachdem ich Omi mein Herz ausgeschüttet hatte.
„Eine ernst gemeinte Entschuldigung hat schon manches böse Wort wieder gut gemacht", tröstend strich Omi mir durch die Locken, „Fahr zurück nach München. Rede mit deiner Josy. Ich bin mir sicher, sie verzeiht dir."
„Warum sollte sie? Nach allem, wie ich mich verhalten habe. Sie wird mich nie wieder mit dem Arsch angucken", jammerte ich weiter, „Irgendwann wird Josy jemanden finden und...ich kann nicht dabei zugucken, wie sie mit jemand anderem glücklich wird. Ich bin ohnehin schon bei jedem männlichen Wesen durch gedreht, das ihr zu nahe kam..."
„Was willst du mir damit sagen, Leo?"
Das ich nicht in München bleiben konnte.
Das ich irgendwohin musste, wo ich sie möglichst nie wieder sah.
Um unser beider Willen.

—————————————————
BUMM!
Bei uns ist Xmas vll zu Ende, aber Josy steht das schlimmste wohl noch bevor. Ein Weihnachten bzw. eine Zukunft ohne Leon.
Ob Leon wirklich alles so einfach hinter sich lassen kann, erfahrt ihr, wenn ihr noch ein bisschen dran bleibt 😅

She's the One [A Leon Goretzka Advent calendar-FF 2022]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt