Türchen 21

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There's a fire starting in my heart
Reaching a fever pitch, it's bringing me out the dark
Finally I can see you crystal clear
Go ahead and sell me out and I'll lay your ship bare

See how I'll leave with every piece of you
Don't underestimate the things that I will do
There's a fire starting in my heart
Reaching a fever pitch and it's bringing me out the dark
— Rolling in the deep • Adele —

— Leon —

Zwei Wochen hatte ich Josephine von diesem irren Vieh fern halten können. Alles becircen hatte dann nichts mehr gebracht; sie wollte zurück nach Hause und saß tatsächlich noch am gleichen Tag wieder auf diesem Gaul. Ich hatte sie gebeten, noch darauf zu verzichten, vorsichtig zu sein, aber die Brünette ließ sich von mir nichts mehr sagen.
Was sicherlich auch an der neusten Aktion meines Arbeitgebers lag. Der Verein sammelte Geld für wohltätige Zwecke und was kam da besser und brachte mehr Geld ein, als seine Spieler zu versteigern?!

Thomas, Manu und jeder, der offenkundig verheiratetet oder zumindest in einer Beziehung war, hatte das Glück, dass der Verein die Aktivität vorgab. Bei allen anderen konnten sich die Gewinnerinnen aussuchen, was sie mit uns anstellen wollten. Da die Münchener Schickeria bestehend aus vielen reichen Frauen eingeladen war, konnte man sich in etwa denken, welche Gedankengänge da im Spiel waren.
Während die Singles dem ganzen offen gegenüber stand, empfand ich mich eher als Looser in der ganzen Geschichte. Ich brauchte keine Münchner Schickeria; Stress mit einer Frau reichte mir schon aus.

Seitdem Josy davon Wind bekommen hatte, sprach sie nur noch das nötigste mit mir. Egal, wie oft ich ihr erklärte, dass ich aus der Nummer nicht raus kam, ihre Meinung änderte sich nicht. Noch am Abend, kurz bevor ich aufbrach, versuchte ich am Telefon wieder gut Wetter zu machen. Aber keine Chance.
„Ist Ja nicht so, dass es da jemanden in deinem Leben gibt, nicht wahr, Grumpy?!", grummelte sie missgelaunt in den Hörer, „Viel Spaß!"
„Jo...sy...", seufzte ich in den Hörer; aufgelegt. Sie tat grade so, als wenn ich Bock darauf hätte, mich von fremden Frauen begrabbeln zu lassen. Das hier war immer noch mein Job.
Na ja. Mehr oder minder.

„Unsere Nummer 8 hat ja mal wieder die beste Laune heute...", grinsend boxte mir Benjamin in die Seite, kaum hatte ich den Saal betreten; er war einer besagter Singles, „Was ist denn los, Sonnenschein?"
Warum hatten die Franzosen nur immer so scheiß gute Laune?!
„Er hat Stress mit seiner NICHT-Freundin", betonte Serge das eine Wort ganz besonders; wo kam der denn jetzt auf einmal her?, „Wundern tut's mich nicht..."
„Ey. Jetzt fang du bitte nicht auch noch damit an", genervt verdrehte ich die Augen.
„Warum? Josy hat doch jedes Recht sauer zu sein. Du bist derjenige, der hier zu feige ist, klare Verhältnisse zu schaffen", leierte Serge mir zum keine Ahnung wievielten Male vor, „Man, Leon, dir ist aber auch echt nicht mehr zu helfen!"
Danke.
Dessen war ich mir durchaus selbst bewusst!

(Un)Glücklicherweise wurde kurz darauf unsere interne Bayern-Runde aufgelöst, damit wir uns unter die Gäste mischten. Die vorweg weiblichen Gäste. Gelangweilte reiche High Society Ladies, die sich einen Bayern Spieler kaufen wollten. Alles natürlich nur für den guten Zweck. Ich hatte gerade eine Frau, schätzungsweise Mitte Vierzig und ihre 20-jährige Tochter an der Backe kleben. Das die Zeiten von It-Girls längst vorbei waren, hatte das Mädel, das sich hier an mich ran schmiss, offenbar noch nicht mit gekriegt. Ihr Outfit war viel zu pink, viel zu girly und einfach viel zu Barbie, als das es mich irgendwie ansprach. Der Inhalt war aber auch nicht viel besser. Ich verblödete ja schon beim Zuhören. Nicht mehr lange und mir würden die Ohren bluten!

Ich betrieb also weiter freundliche Konversation, hatte aber zeitgleich irgendwann das Gefühl, beobachtet zu werden. Als ich den Kopf hob, sah ich sie dort stehen. In einem sexy, aber nicht zu viel verratenden kleinen Schwarzen; ihre Haare waren elegant in ihrem Nacken verschlungen. Wer sie nicht kannte, der hätte ihr Lächeln für echt gehalten. Aber das war es nicht. Normalerweise zauberte sie kleine Grübchen hervor, aber jetzt war ihr Lächeln wie fest gefroren und ihre Augen funkelten vor Zorn. Sie war sauer.
Richtig sauer!

Vor mir hörte ich nur bla bla bla; ich entschuldigte mich höflich und eilte auf die Brünette zu, die ihre Eltern im Schlepptau hatte.
„Was zur Hölle machst du hier?"
„Ich wünsche Ihnen ebenfalls einen guten Abend, Herr Goretzka!"
Wie bitte? Was bitte?
Nicht nur, dass sie meine Frage ignorierte...seit wann waren wir bitte schön beim Sie?!

„Josephine, was soll der Blödsinn?", genervt verdrehte ich die Augen; ihre Eltern schüttelten bei unserem Geplänkel seufzend den Kopf.
„Blödsinn? Ich kann Ihnen nicht ganz folgen?", gespielt unschuldig legte die Brünette den Kopf schräg, „Da wir ja keinerlei Beziehung haben, wäre es sicherlich angebrachter, mich mit Frau Müller anzusprechen."
„Bist du schon wieder von diesem ... Pferd gefallen?", meine Beleidigung für den Hengst schluckte ich gerade noch so herunter; das würde die Sachlage wahrscheinlich nicht gerade verbessern.
„Ich weiß zwar nicht, was Sie das angeht, aber nein, bin ich nicht und..."
Unwirsch unterbrach ich sie: „Warum bist du hier?"
„Meine Eltern und ich sind persönlich eingeladen worden. Es wäre doch unhöflich gewesen, dies abzulehnen."
„Von wem?"
Bevor sie antworten konnte, mischte sich eine männliche - na ja - Stimme ein.
„Jo, schön dich zu sehen! Du siehst umwerfend aus!"
Nick Salihamidžić.

„Danke dir, Nick", jetzt strahlte sie den Dunkelhaarigen mit einem echten Lächeln an.
„Freut mich, dass Sie unserer Einladung ebenfalls gefolgt sind, Herr und Frau Müller!"
Bahhhh gleich kam mir das Essen von vorgestern ja noch hoch.
W-I-D-E-R-L-I-C-H!!!

„Lasst uns doch erstmal was trinken", meinte Nick nun, bevor er mich abschätzend musterte, „Hast du nix zu tun, Leon?!"
„Sie entschuldigen uns, Herr Goretzka, aber ich möchte mein Date ungern warten lassen..."
Date?
War das hier versteckte Kamera?!

Kackfrech legte Nick den Arm um meine...also um Josy und lenkte sie geschickt in Richtung Bar.
Jens klopfte mir mitfühlend auf die Schulter, bevor er sich seiner Frau und seiner Tochter anschloss: „Ich will keinen Salihamidžić in der Familie. Also sieh zu, dass du in die Gänge kommst, mein Junge!"
Ich blieb stehen wie vom Donner gerührt und starrte ihr nach.
Nick Salihamidžić.
Das war ja wohl ein schlechter Scherz?!

„Kann man eigentlich abserviert werden, wenn man gar kein Paar ist?", überlegte Benjamin laut, der zusammen mit Serge, Luci, Jo und Thomas zu mir rüber kam. Ich ignorierte den Franzosen zu seinem eigenen Schutz und machte mir lieber bei Thomas Luft.
„Alter, sie hat mir vor noch nicht mal zwei Stunden am Telefon die Hölle heiß gemacht, weil ich das hier mit machen MUSS! Und jetzt spaziert sie hier mit Nick an mir vorbei und tut, als wäre da nichts zwischen uns."
„Machst du doch schon die ganze Zeit", zuckte Thomas die Schultern, „Gelten für Josy etwa andere Regeln als für dich!"
„JA! ...ich meine, nein, ich...", überfordert fuhr ich mir der Hand durch die Haare, „Was soll ich denn jetzt davon halten?"
„Ein paar Entscheidungen wären gut. Und zwar pronto, bevor Nick sie dir abnimmt...", piekste Serge mir in die Brust, die anderen nickten dazu wie Wackel-Dackel.
In einiger Entfernung sah ich, wie der Sohn von Hasan Salihamidžić meine Josephine zum Lachen brachte.
Pisser!

She's the One [A Leon Goretzka Advent calendar-FF 2022]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt