16. Kapitel

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Clint landete neben mir, den Bogen gespannt und schärfte mir ein: "Bleib dicht bei mir!"
Dann stürzte er sich ins Getümmel und ich folgte ihm. Sofort war ich von feindlichen Agenten umringt und wurde abgelenkt. Ich wich einem Schuss aus, zog dem nächststehenden Angreifer mit meinem Schwert einen über den Schädel und parrierte den Schlag eines anderen. Adrenalin strömte durch meine Adern und ich bewegte mich wie im Traum. Es war ein Tanz, ein tötlicher Tanz zwischen Leben und Tod. Zwischendurch erhaschte ich einen Blick auf meine Kollegen. Bucky hatte ein Maschinengewehr im Anschlag und schoss die Angreifer einen nach dem Anderen ab, Sam gab ihm Rückendeckung und Wanda bekämpfte geschickt eine weitere Welle Agenten. Plötzlich hörte ich ein bestialisches Brüllen und als ich mich umdrehte, sah ich den Hulk auf mich zustürmen. Das riesige, grüne Monster wandte den Kopf und ich sah die pure Wut in seinen Augen. War das wirklich der ruhige, sonst immer so freundliche Banner? Währenddessen kam der Hulk immer noch in meine Richtung gerannt, aber ich war wie versteinert. Alles in mir schrie danach, wegzulaufen, doch meine Muskeln wollten nicht gehorchen und ich starrte wie gebannt auf den nahenden Giganten. Dann krachte jemand gegen mich und ich wurde aus der Bahn des Monsters geworfen. Ich rappelte mich auf und identifizierte meinen Retter als Black Panther.
"Danke!", keuchte ich und er nickte nur, bevor er sich wieder dem Kampf zuwandte. Auch ich hätte mich am besten wieder meinen Gegnern gewidmet, doch ich konnte es nicht lassen, mich noch einmal umzuschauen. Der Hulk raste brüllend und blind vor Wut über das Schlachtfeld, und zerschmetterte jeden, der ihm in den Weg kam. Freund und Feind stoben gleichermaßen vor ihm davon, denn wer wusste schon, ob er überhaupt zwischen ihnen unterschied? Inzwischen waren alle im Umfeld auf den Riesen aufmerksam geworden und die Menge teilte sich hektisch vor ihm, bis nur noch eine einsame Gestalt in seinem Weg stand. Ein einzelner Mann, der keine Anstalten machte, auch nur einen Schritt zurückzuweichen, geschweige denn wegzurennen. Stattdessen hob Thor seinen Hammer, holte ein paar Mal Schwung und donnerte ihn dann wortwörtlich auf den Boden vor ihm, sodass die Erde bebte und alle, die um ihn herum standen, noch ein Stück weiter zurückgeschleudert wurden. Der Hulk erstarrte und kam schlitternd etwa zehn Meter vor Thor zum halten. Er blickte sich kurz um, dann erfasst sein stürmischer, verschleierter Blick den Asen. Thor grinste nur.
"Hey Großer", begrüßte er seinen Freund, "Lust auf ein bisschen Bewegung?"
Man sah förmlich, wie sich der Irrsinn in Hulks Augen ein wenig lichtete, als er seinen Kampfgefährten erkannte, und er in so einer Art freudiger Erwartung die Zähne fletschte, was man wohl als Grinsen interpretieren konnte.
"Hulk Smash!"
Thor deutete einladend auf die Hydra-Agenten, die jetzt in einigem Abstand um ihn herum am Boden lagen:
"Nur zu, Kumpel, die mit den hässlichen Hüten sind die Bösen!"
Er streckte die Faust aus und mit einem zufriedenen Schnaufen donnerte Hulk seine dagegen. Die Kraft, die sie dabei freisetzten war in einer Art Schockwelle bis zu mir spürbar, doch die Beiden zuckten nicht mit der Wimper.
"Viel Spaß, Großer!", rief Thor noch, dann hatte er sich auch schon umgedreht und unter Blitz und Donner wieder in die Luft erhoben. Auch Hulk wandte sich jetzt unseren Feinden zu und brüllte furchteregend. Dann stampfte er los und ich glaubte ihn im Wegrennen
"Hulk hassen Hüte!" brüllen zu hören, doch da war ich schon wieder in meine eigenen Gerangel verstrickt. Um einiges erleichtert, nachdem ich nun sichergehen konnte, dass unser größtes Teammitglied uns nicht einfach alle zertrampeln würde.
Nach ein paar weiteren, atemlosen Minuten hörte ich schließlich Steves Stimme in meinem Ohr. "Okay, Leute, jetzt geht's los!"
Ich hatte keine Ahnung, woran er das festmachte, bahnte mir aber trotzdem einen Weg zu Clint, der immer noch nah bei mir auf einer kleinen Anhöhe stand und in kurzen Pausen zwischen direkten Angriffen auf ihn allen feindlichen Agenten in Schussweite Pfeile verpasste. Ich kletterte zu ihm hoch und fand mich, kaum dass ich mich atemlos aufgeralpelt hatte, schon Rücken an Rücken mit ihm wieder, um die Angreiferwelle abzuwehren, die mir gefolgt war. Als sie kurzzeitig wieder abflaute, und ich japsend mein Schwert sinken ließ, nickte Clint mir zur Begrüßung zu, während er schon wieder einen Pfeil zum Fernschuss anlegte, um Sam ein gutes Stück weiter weg aus der Patsche zu helfen.
"Alles klar?", fragte er mich, aber in einem Ton, dem man anhörte, wie abgelenkt er war, und das er es mehr als eine rhetorische Frage war.
"Ja, alles klar!", keuchte ich, "wo ist Peter?" Wie aufs Stichwort entdeckte ich Spiderman weiter rechts, wie er sich auf uns zuarbeitete. Es war eindeutig, dass er ein ganzes Stück weiter weg auf dem Schlachtfeld gewesen war, dem Tempo nach zu schließen, mit dem er auf uns zusprintete. Er schlängelte sich im Zickzack durch die Kämpfenden und duckte sich geschickt unter heranfliegenden Waffen weg, wich den Angreifern aus, oder fesselte sie, wenn sie ungünstig standen mit ein paar Netzen. Als er nur noch ein paar Meter von unserer Anhöhe entfernt war, die leider inzwischen von einer neue Welle Feinde bestürmt wurde, sprang er hoch, drehte sich im Sprung und noch bevor er neben mir wieder landete, hatte er drei Angreifer eingewebt, die taumeld umfielen und dabei vier weitere mitrissen, die an den Netzen hängen blieben und mit zu Boden gingen. Peter landete und nutzte seine Spiderman-Pose, um nah am Boden herumzuwirbeln und so die nächste Reihe Agenten zu Fall zu bringen. Er rappelte sich auf und ein paar atemlose Momente später hatten wir drei auch diese Welle Rücken an Rücken abgewehrt.
"Alle da?", fragte Clint in dem gleichen abwesenden Tonfall wie zuvor.
Ich blickte nach Rechts, wo Peter dicht neben mich gedrückt stand und wollte einen Blick mit ihm wechseln, um mich davon zu überzeugen, das es ihm gut ging, und vielleicht auch einfach, um sein vertrautes Gesicht zu sehen und mich zu überzeugen, dass das hier alles wirklich passierte, ein bisschen Halt, irgendetwas Bekanntes in dieser abnormalen Situation zu finden. Doch ich als ich ihm in die Augen schauen wollte, blickte ich nur in weiße Leere. Seine Maske verdeckte seine Augen und sein Gesicht, und plötzlich war er nicht mehr Peter Parker, der fröhliche und doch so reife, kluge, vernünftige Junge mit coolen Superkräften, den ich kennengelernt hatte, sondern Spiderman. Ein Superheld, der in so viel größeren Schlachten als dieser gekämpft hatte, und überlebt hatte. Der kämpfen konnte. Er war gefährlich. Versteht das nicht falsch, ich hatte keine Angst vor ihm, aber plötzlich wurde mir bewusst, dass er genauso viel Respekt verdiente, wie ich vor Iron Man oder Captain America hatte. Und es war absurd, dass er eigentlich kaum älter sein sollte als ich. Auf einmal zitterten meine Beine und ich fühlte mich komplett fehl am Platz. Das war eine Schlacht! Was machte ich überhaupt hier?
Seine Augenschlitze zogen sich, vielleicht besorgt, oder verwirrt, zusammen, als er meinem Blick begegnete. Ich schluckte. Jetzt war wirklich nicht der Zeitpunkt, um in Panik zu geraten. Ich sammelte mich, atmete tief durch und verdrängte meine Gedanken. Dann Nickte ich Spiderman entschlossen zu. Und wir wandten uns Seite an Seite Hawkeye zu.
"Bereit!", bestätigten wir gleichzeitig, während ich mein Schwert fester packte und Peter in Kampfstellung sank. Kurz fragte ich, ob das auch was mit seinem Spider-Anteil zu tun hatte, dass er gern so nah am Boden kämpfte. Dann ermahnte ich mich, dass das eine Frage für ein andermal war.
"Dann los!", rief Clint und mit einem Brüllen stürzten wir uns von unserer Anhöhe aus in das Schlachtfeld.
Der nächste Abschnitt der Schlacht verschwimmt in meiner Erinnerung. Es können Stunden gewesen sein, oder auch nur Minuten, die wir zu Dritt Rücken an Rücken kämpften und uns langsam aber sicher zum Tor vorarbeiteten. Angreifer um Angreifer fiel, doch ich merkte mir ihre Gesichter nicht, und sie fielen alle gleich, und doch waren noch so viele andere da, dass es nie weniger zu werden schienen. Das war doch verrückt, das hier waren die Avengers, wir hatten Leute wie Wanda und Thor auf unserer Seite, wieso verteidigte Hydra diesen Standort so verbittert? Irgendwann waren wir aber an dem großen Metalltoor angekommen, das glücklicherweise sperrangelweit offen stand. Wir schlüpften ins Innere der Basis und versteckten uns sofort in einem Seitengang links von uns, während schon die nächste Gruppe Angreifer an uns vorbeilief.
"Wo lang jetzt?", zischte ich.
Natasha hatte nicht ehrwähnt, wo genau sie sich befand, das Risiko entlarvt zu werden war zu groß.
"Mir nach!", meinte Clint dennoch und lief los. "Links, rechts, links, links, rechts, rechts, links rechts...", murmelte er dabei, und bog immer wieder zielsicher ab. Hatte er überhaupt irgendeinen Plan, wo wir hinrannten? Doch dann blieb er apprupt stehen und hob die Hände. Wir kamen hinter ihm um die Ecke und blieben apprupt stehen, als wir in das Gesicht einer fremden Frau blickten, die Hawkeye mit einer Pistole bedrohte. Ich und Peter wechselten einen panischen Blick, doch Clint musterte die Person vor ihm genau, dann grinste er. Die Frau grinste ebenfalls.
"Ich dachte schon ihr kommt nie!", meinte sie und griff sich an die Haare. Dann zog sie sich die Maske vom Gesicht und Natasha kam zum Vorschein.
"Code?", fragte Clint sofort.
"221411651920", sagten sie dann beide gleichzeitig und Natasha ließ ihre Waffe sinken. Clint warf ihr ihren Anzug zu und sie fing an, sich umzuziehen.
Woanders hätte ich das alles vielleicht komisch gefunden, aber wir schwebten immer noch in Lebensgefahr.
"Und was jetzt?", fragte Natasha, als sie ihren Reißverschluss zuzog und genau in diesem Moment meldete sich Captain America. "Wir haben die Energiequelle, aber es ist anders als gedacht, bitte zieht euch zurück, wir müssen so schnell wie möglich hier weg."
"Da hast du's.", beantwortete Clint die Frage, " nichts wie raus hier!"
Während wir schon auf den Ausgang zurannten, fragte ich mich, was wohl schiefgegangen war. Hatte sich jemand verletzt? Oder noch schlimmer, war jemand gestorben? Was für eine Energiequelle war das, dass Tony Stark nicht damit fertig wurde?
Die letzten paar Meter zum Ausgang mussten wir uns freikämpfen, aber sobald wir draußen waren, wurden unsere Verfolger von einem Blitz niedergeworfen. Kurz nach uns folgten Tony, Steve und schließlich Bucky. Steve hielt etwas in seinen Armen. Bei nähererm Hinsehen entpuppte es sich als Person und ich erkannte das Gesicht.
"Ist das...", fragte ich und Steve nickte knapp, während er neben mir her, auf die Stelle zurannte, wo wir den Jet verlassen hatten.
"Captain Marvel", bestätigte er.
Ich starrte auf den schlaffen Körper. "Ist sie...ist sie..."
"Sie lebt noch, scheint aber in so einer Art Koma zu liegen, wahrscheinlich wurden ihr Drogen verabreicht. Der Anführer dieses Stützpunkts war auch da. Er hat die Selbstzerstörung eingeleitet, wir konnten ihn leider nicht stoppen. Keine Ahnung was jetzt passiert, aber wir sollten jetzt lieber verschwinden!"
Er hatte noch nicht ganz zuende gesprochen, da hörten wir ein lautes Rumpeln, wie ein fernes Donnern. Als ich mich umschaute, entdeckte ich die weiße Wand, die sich auf uns zubewegte, und wurde abermals starr vor Entsetzten. Eine Lawine! Gewaltige Schneemassen rasten in einem irrwitzigen Tempo auf uns zu und rissen alles mit, was ihnen in die Quere kam.
"Wanda!", schrie Steve, aber die rothaarige hatte eine Schusswunde am Bauch und blutete ziehmlich stark. Sie hatte einfach keine Kraft mehr!
*Aha, dass war also die Selbstzerstörung!*, dachte ich noch, dann hatten die Schneemassen uns erreicht. Ich duckte mich, wartete auf den Aufprall...doch dieser blieb aus. Als ich die Augen wieder aufriss, sah ich orangenes Licht vor uns in der Luft pulsieren, während Doctor Strange vor uns schwebte, die Hände erhoben. Die gesamte Lawine staute sich nun hinter dieser magischen Barriere und rebellierte dagegen auf.
"Schnell jetzt, macht schon!", rief der Magier und riss mich und die anderen aus unserer Starre. Über uns erschien der Jet und die Klappe an dessen Bauch öffnete sich. Die Anderen reagierten sofort, Tony schnappte sich Captain Marvel und flog mit ihr hinauf. Rhodey packte Steve und Natasha und folgte ihm, während Sam Bucky und Clint hinaufbeförderte. Ehe ich mich versah, hatte Harley mich gepackt und flog mich zusammen mit Shuri zum Jet. Dort setzte er uns ab und wir beobachteten gebannt, was unten geschah. Hope und Scott kamen ebenfalls und Vision trug Wanda und T'Challa. Peter kam angeschwungen. Die einzigen, die noch fehlten, waren Thor und Bruce. Einziges Problem: Bruce war immer noch Hulk. Das Schutzschild vibrierte immer stärker und Doctor Strange hatte sichtliche Schwierigkeiten, es aufrecht zu erhalten.
"Beeilt euch!", rief er.
Unten stand Thor dem Hulk gegenüber und hatte beschwichtigend eine Hand erhoben. Ich konnte nicht verstehen was er sagte, aber schien beruhigend auf das Monster einzureden, während er sich immer näher heranschob. Langsam streckte er die Hand aus und berührte Hulk am Arm. Der ließ diese Berührung zu. Thor sagte noch irgendetwas, dann fing der Hulk an zu schrumpfen, wurde kleiner und kleiner, biss er sich schließlich in Bruce zurückverwandelte. Sofort packte Thor ihn und flog zu uns rauf. Und keine Millisekunde zu früh, denn jetzt brach die Barriere. Von oben aus schauten wir zu, wie die Lawine den gesamten Stützpunkt überrollte und schließlich unter sich begrub. Doctor Strange kam angeflogen, die Klappe schloss sich hinter ihm und wir flogen davon. Ich blickte mich um und schaute in genauso geschockte Gesichter wie meins. Doctor Strange war ziehmlich blass um die Nase und ließ sich erschöpft auf einen Sitz sinken. Bruce zitterte und wirkte etwas neben der Rolle, während er das Hemd anzog, dass Thor ihm reichte.
"Wie ist es gelaufen?", fragte er.
"Oh ganz wunderbar!", berichtete Thor enthusiastisch, während er einen Arm um Bruce Schultern legte und ihn zu seinem Sitz geleitete.
"Dein grüner Mitbewohner hatte Spaß, ich hatte Spaß, nur die Hydra-Agenten hatten keinen Spaß, aber hey, dafür waren wir da!"
Bruce wirkte alles andere als erfreut, aber er nickte tapfer. Man konnte ihm ansehen, wie sehr er seie Hulk-Einsätze hasste. Ob er das wohl für jeden seiner Kameraden getan hätte, oder lag das doch speziell an Natasha? Ich hatte Peter zu der Storyline noch gar nicht befragt.
"Und ist er ohne Schwierigkeiten wieder gegangen?", erkundigte Bruce sich jetzt bei Thor.
"Oh ja, ja!", beteuerte der, "es waren kaum noch Feinde übrig, also hatte er keinen Grund noch länger zu bleiben. Er hat sich verzogen, sobald ich meinte anderenfalls muss er mit ins Flugzeug kommen. Er hasst sie seit... Naja, eurem Absturz in Sakaar."
Bruce nickte und wirkte dieses Mal wirklich erleichtert.
"Er hat es allerdings mitbekommen, dass du ihm einen Kampf vorenthalten hast. Letzten Montag mein ich. Ich hab ihm erzählt du hattest dich bloß mit Tony über den Einsatz von Beta-Strahlung in Offensiv-Systemen gestritten. Das hat er dann unter Wissenschaftsgedöns verordnet, für langweilig befunden und war dann nicht mehr ganz so wütend." Er grinste, offenbar sehr selbstzufrieden mit diesem genialen Einfall. Dankbar lächelte Bruce ihm zu, bevor er sich in seinen Sitz plumpsen ließ.
Währenddessen legte Tony Captain Marvel auf eine Liege und wandte sich dann zu Doctor Strange um. "Ich weiß ja, dass sie gerade ziehmlich erschöpft sind Doc, aber wir bräuchten hier wirklich schnell medizienische Hilfe."
Der Magier nickte schwach, jedoch entschlossen und öffnete vor uns ein Portal, das direkt zum Hauptquartier führte. Danach sank er erschöpft zurück.
Clint landete und wir stiegen aus. Peter musste Doctor Strange stützen und auch Wanda schien es nicht gut zu gehen.
Wir wurden von Shield-Agenten empfangen, die Captain Marvel und Wanda sofort mit ins Krankenhaus nahmen. Ich lief mit den anderen ins Hauptgebäude und zog meine Rüstung aus. Der Brustpanzer hatte ein paar Dellen, aber ansonsten hatte sie den Kampf gut überstanden.  Ich hielt inne, als ich das Schwert herauszog und betrachtete es. An der Klinge klebte getrocknetes Blut, und obwohl ich darauf geachtete hatte, niemanden zu töten, wurde mir übel. Diese Leute, die waren alle tot. Die Lawine hatte sie allesamt verschlungen. Ich spürte, wie es mir bei dem Gedanken den Hals zuschnürrte. Dann legte sich einen Hand auf meine Schulter als ich den Kopf drehte, sah ich Thor hinter mir stehen.
"Töten ist nie schön. Aber diese Leute hast nicht du umgebracht, dafür waren sie selbst verantwortlich. Und wann immer du Leute verletzt, denk daran wofür du kämpfst. Dein Gegner hat es vielleicht nicht verdient zu sterben, aber wenn du ihn nicht tötest, dann tötet er dich. Das ist die Realität, das ist Krieg. Keine heldenhaften Schlachten, meistens ist es einfach nur Gemetzel. Aber wenn du dann gewonnen hast, dann siehst du, dass es das wert war", meinte er schlicht. Töten. Bei dem Wort wurde mir ganz schlecht. War ich jetzt wirklich zum Mörder geworden?
Ich nickte, er hatte Recht. Richtig fühlte es sich trotzdem nicht an.
"Wie alt bist du jetzt eigentlich?", fragte ich plötzlich.
"In Menschenjahren ungefähr 1500."
Ich starrte ihn an und mir wurde wieder bewusst, dass er ein verdammter GOTT war! Er war über tausend Jahre alt und würde uns wahrscheinlich alle überleben, außer vielleicht Captain Marvel und Vision. Wobei, Steve und Bucky waren ja ebenfalls aufgepumpt und Bruce der Hulk also...egal, auf jeden Fall würde er mich locker abhängen. Dann kam mir plötzlich ein komischer Gedanke: Thor war quasi unsterblich und da ich seine Tochter war, könnte es dann nicht sein, dass ich das ebenfalls war? Ich beschloss, sofort damit rauszurücken.
"Bin ich eigentlich auch unsterblich?"
Thor blickte mich überrascht an und meinte: "Darauf bin ich noch gar nicht gekommen. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung."
"Hm. Ich glaube wir sollten jetzt auch gehen...", meinte ich lahm und zwängte mich an ihm vorbei.
"Alles okay?", fragte Shuri, als ich an ihr vorbei hastete.
"Ja, ja, ich bin...nur ein bisschen durch den Wind."
Ich grinste schief, dann drehte ich mich um und lief im Laufschritt zu meinem Zimmer. Dort schlug ich die Tür hinter mir zu und hockte mich an meinen Schreibtisch. Na ja, Schreibtisch konnte man das fast nicht nennen, es stand nur ein Becher mit einem Bleistift, einem Kugelschreiber, einem Radiergummi und ein Spitzer. Ich stützte die Ellenbogen auf die Tischplatte und legte den Kopf in die Hände. Ich merkte, wie ich zitterte. Ich wusste nicht, wie lange ich so dasaß, oder was überhaupt mit mir los war, aber irgendwann fasste ich einen Entschluss: Das half nichts! Ich schlüpfte in meinen Trainingsanzug und machte mich auf den Weg in die Trainingshalle. Ich schnappte mir ein Schwert, lief zu einem der Ringe und betrachtete die Aperatur am Rand. Es war ein Bildschirm, an dem ich verschiedene Modi auswählen konnte. Clint hatte es mir gezeigt, man konnte dort verschiedene Hologramme einstellen, gegen die man dann kämpfte, aber Clint und Natasha bevorzugten das Kämpfen gegen echte Gegner. Wahllos wählte ich irgendeinen Modus aus und stieg in den Ring. Ich trainierte, bis mir der Schweiß in Strömen übers Gesicht lief. Jeder einzelne Muskel in meinem Körper schmerzte, aber ich hörte nicht auf, ich schlug zu, wich aus, parierte, immer und immer wieder. Und doch lief mir bei jedem Hologramm, dass vor mir zersplitterte ein Schauer über den Rücken und je mehr ich zerschlug, desto übler wurde mir.
"Glaubst du nicht du hast heute schon genug gekämpft?", hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir.
Ich zerschlug das letzte der Hologramme und drehte mich um. Dort stand Bucky und lächelte mich traurig an.
"Was machst du dann hier?", gab ich zurück. "Dasselbe wie du: Mich ablenken!"
Ich fragte mich plötzlich, wie viel von seiner Vorgeschichte wahr war. War er wirklich ein Ex-Assasine?
"Wie viel Uhr ist es?", fragte ich schließlich. "Viertel vor sieben."
"Was?"
Er grinste. "Ich an deiner Stelle würde vor dem Essen noch mal duschen."
"Äh ja OK, mach ich, danke", stotterte ich überfordert, schaltete hektisch das Holo-Programm ab und steckte mein Schwert zurück in die Halterung. Unter Buckys prüfendem Blick wurde mir plötzlich bewusst, wie kindisch ich mich eigentlich verhielt. Andererseits war er ja auch da, also...
Den ganzen Weg zurück zum Wohnflügel spürte ich seinen Blick in meinem Rücken und wusste, dass ich ihm leidtat. Dass er mit dem Gedanken haderte, mich als Kind in so einer Schalcht kämpfen zu lassen. Und da klickte etwas in mir um. Ja, ich war ein Kind, und ja, ich war vielleicht unerfahren, aber ich hatte gekämpft! Ich brauchte sein Mitleid nicht, ich hatte verdammt noch Mal Leute getötet! Ich bekam langsam eine Ahnung davon, was auf mich zukam, aber wenn ich jetzt Bammel bekam, konnte ich wohl noch zurück. Aber das wollte ich nicht mehr. Keiner von diesen Leuten hier drückte sich davor, für diese Welt zu kämpfen, und ich wusste, dass ich einer von ihnen sein wollte. Auch wenn ich vielleicht nicht so viel nutzte wie Wanda, oder Captain Marvel, ja noch nicht einmal annähernd so viel wie Natasha oder Clint, ich hatte trotzdem ein Recht, hier zu sein, für mein Zuhause und meine Familie, meine Freunde zu kämpfen. Und bei dem Gedanken daran, dass mir dieses Recht angezweifelt wurde, begann ich erst es wertzuschätzen. Ich würde es ihnen Beweisen! Ich würde weitermachen und meinen Beitrag leisten! Ich würde nicht wimmernd nach Hause laufen, jetzt, wo die Realität mich eingeholt hatte. Mich beschlich das Gefühl, dass es dafür ohnehin schon zu spät war. Ohne mich noch einmal umzusehen schloss ich die Tür des Wohnflügels hinter mir und blendete Buckys Blick aus. Er meinte es ja sicher nicht böse. Er hatte nur vermutlich am meisten an der Last des Tötens zu tragen, und wollte keinem anderen auch nur einen Bruchteil davon zumuten. Das konnte ich ihm wirklich nicht übel nehmen.
Nachdem ich mich nach einer hektischen Dusche umgezogen hatte, lief ich hoch in den Gemeinschaftsraum, war aber wohl trotzdem etwas spät dran, alle aßen schon, also schob ich mich vorsichtig an den anderen vorbei, die mich kaum beachteten, außer Sam der aufgeschaut hatte, als die Tür aufging und mir jetzt kurz zunickte. Schweigend setzte ich mich neben Shuri, die mir anscheinend einen Platz freigehalten hatte.
"Geht's wieder?", fragte sie und ich nickte knapp. Sie warf mir einen wissenden Blick zu, beließ das Thema aber erstmal auf sich Ruhen und schaufelte mir stattdessen Kartoffeln auf den Teller. Ich machte mich sofort über sie her, aber eigentlich nur, um eine Ausrede zu haben, nicht mit Shuri reden zu müssen. Ich blickte den Tisch entlang und sofort viel mir auf, dass Buckys Platz den Tisch hinunter neben Steve frei war und Sam und Steve immer wieder beunruhigte Blicke zur Tür warfen. Aber dafür saß Natasha wieder auf ihrem Platz zwischen Steve und Clint und unterhielt sich angeregt über die aktuelle Lage. Erst da viel mir ein, dass ich ja gar nicht mitbekommen hatte, wie unsere Mission eigentlich ausgegangen war. Ich sah mich weiter im Raum um. Pepper schimpfte ein bisschen mit Tony über die Gefahr, in die er sich schon wieder gebracht hatte. Hope und Scott saßen mir unversehrt gegenüber und ab und zu hörte man ein herzliches Lachen von dem Tischende her, wo Thor, Rhodey und Harely neben Bruce, T'Challa und Vision saßen, die sich deutlich leiser unterhielten. Bis auf Wanda schienen alle da zu sein, sogar Doctor Strange saß ein Stück weiter unten neben Peter, zwar blass, aber anscheinend wieder einigermaßen bei Kräften. Mein Blick blieb an Peter hängen, der den Magier über irgendetwas auszuquetschen schien. Er wirkte so aufgeregt und enthusiastisch wie immer. Kindliche Freude leuchtete in seien braunen Augen und seien Haare fielen ihm auf die gleiche Weise ins Gesicht, wie sich es getan hatten, als wir nebeneinander auf dem Boden gehockt und Herr der Ringe geschaut hatten. Man, das fühlte sich so verdammt lange her an. Das war der Peter, den ich inzwischen zu meinen Freunden zählte. Wie konnte er gleichzeitig so ein erfahrener, gefährlicher Kämpfer sein? War ich das dann auch?
Gedankenverloren merkte ich viel zu spät, dass ich Peter jetzt schon seit geraumer Zeit anstarrte und Shuri mich mit hochgezogener Augenbraue ansah. Schlagartig schoss mir die Röte ins Gesicht und ich fischte auf meinem Teller nach einer neuen Kartoffel. Um meine Peinlichkeit zu überspielen, fragte ich:
"Und wie ist die Mission ausgegangen?"
"Oh ganz gut", antwortete Shuri offenbar erleichtert, dass ich das Schweigen gebrochen hatte, "wie du siehst ist Natasha wohl auf zurück, und wir konnten den Stützpunkt vollständig zerschlagen. Das war eine unglaubliche Selbstzerstörungsanlage. Offenbar hatten die kleinere Sprengsätze weiter oben an strategischen Punkten der Hänge, eine rechnerische Höchstleistung, aber, wenn du mich fragst, als Selbstzerstörung recht ungeeignet, denn Schnee ist nicht besonders haltbar und wenn jemand etwas aus den Trümmern bergen will, ist es nicht unwahrscheinlich, dass er es schafft. Ich hätte ja eher..."
Ich beschloss sie an diesen Punkt zu unterbrechen, bevor sie mir wieder irgendein ausgeklügeltes und zweifellos geniales System vorstellte, von dem ich allerdings nicht Mal die Hälfte verstehen würde und das meine eigentliche Frage auch nicht beantwortete.
"Ähm ja, und die Energiequelle?"
"Wir gehen davon aus, das damit Captain Marvel gemeint war. Sie und Wanda sind immer noch im Krankenhaus, aber Wanda kann morgen schon wieder kommen. Aber Captain Marvel ist immer noch nicht wieder aufgewacht, also wissen wir nicht, was sie mit ihr gemacht haben, oder wie sie überhaupt dort gelandet ist. Aber Akten, die Scott und Hope gefunden haben und die Gerätschaften, die Mr. Stark und Captain Rogers gefunden haben deuten darauf hin, dass sie irgendwie dazu gebracht werden sollte, ihre Energiestöße auf gewisse Absorbanten zu richten, die die dann so weit bündeln, bis eine Art neues Tesserakt entstanden ist. Die Idee an sich ist natürlich sehr abstrakt, aber die Technologie..."
Ich roch den nächsten Technik-monolog kommen und wollte eigentlich wirklich zuhören, weil das schließlich echt interessant war, aber ich merkte wie mein Gehirn sich ausklinkte. Na, das schien sich ja eigentlich alles ganz gut geklärt zu haben. Mann, vielleicht würde ich Captain Marvel kennenlernen! Voll krass!
Abgelenkt fing ich wieder an die Leute am Tisch zu beobachten. Bucky war immer noch nicht aufgetaucht und Sam wirkte inzwischen ernsthaft beunruhigt. Schließlich schob er seinen Stuhl zurück.
"Ich sehe nach ihm."
Steve seufzte und versuchte nach Sams Arm zu greifen doch der zog ihn weg.
"Lass ihn, er will doch allein sein, sonst wäre er doch hier!"
"Steve, du weißt genauso gut wie ich, dass es nicht gut für uns ist allein zu sein, und schon gar nicht für ihn nachdem...", seine Stimme brach und er schüttelte frustriert den Kopf und stand auf.
"Ist mein Job, Steve!"
Sein blonder Partner seufztzte irgendwo zwischen verständnisvoll und genervt auf.
"Sam...", setzte er an, doch der war schon in Richtung Tür verschwunden.
"Lass ihn", beschwichtigte Natasha und legte ihrem Freund eine Hand auf den Arm, falls dieser Anstalten machte, seinem Partner zu folgen, "Vielleicht hat er ja Recht." Steves Blick wanderte zu der Rothaarigen und er öffnete den Mund, etwas zu erwidern, doch Black Widow zog herausfordernd die Augenbraue hoch. Kurz blieb sein Mund offen stehen, dann schloss er ihn, stieß hörbar die Luft aus und gab ihr stattdessen seinen berühmten, leicht enttäuschten Blick. Natasha legte den Kopf leicht schräg und erwiederte seine Blick irgendwo zwischen aufmunternd und herausfordernd. Einen kleine Weile hielt Steve den Blickkontakt noch aufrecht, dann seufzte er erneut und wandte sich wieder seinem Teller zu. Zufrieden lächelte Black Widow und wandte sich ihrerseits wieder ihrem Gespräch mit Clint zu.
Ich hatte das ganze fasziniert beobachtet und bewunderte die Beiden dafür, dass sie gerade komplett wortlos eine ganze Diskussion geführt hatten und das offenbar so normal war, das keiner sich mehr darüber wunderte.
Lächelnd kehrte ich mit den Gedanken zu meinem Platz zurück und beendete meine Mahlzeit während Shuri mit Hope über Hydras Technologien diskutierte und ich und Scott uns ab und zu leicht verzweifelte Blicke zuwarfen.
Beim Abräumen sprach ich Peter noch auf Doctor Strange an.
"Oh, es geht ihm gut soweit, er hat halt nur echt viel Energie für das Schutzschild gebraucht, vielleicht ein bisschen so wie bei dir und deinen Blitzen."
Ich nickte verständnisvoll.
"Wie geht es dir?", redete Peter weiter, "Ich habe mir Sorgen gemacht, ob du dich verletzt hast. Eigentlich wollte ich dir hinterher, aber Thor meinte, ich soll dich erstmal allein lassen, und naja, es war Thor, also..."
Ich musste Lachen.
"Oh, mir geht's gut", und jetzt wo ich es sagte, wusste ich, dass ich es heute zum ersten Mal auch wirklich so meinte. Vielleicht begann mein Gehirn sich langsam an den Gedanken zu gewöhnen, dass diese Leute hier alle Superhelden waren. Eigentlich war das ja auch echt cool. Solange ich das Töten verdrängen konnte...
"Ich brauchte nur ein bisschen Zeit. Das war meine erste richtige Schlacht und..."
Mir fielen keine Worte ein, um meinen inneren Kampf mit mir selbst zu beschreiben, aber Peter nickte und ich wusste das er mich verstand. Er war eben doch auch ein Kind, das in das Superheldenleben geworfen worden war, auch wenn es bei ihm schon ein bisschen länger her war. Er lächelte mich an und in meinem Bauch breitete sich ein warmes Gefühl aus. Sofort fühlte ich mich willkommener, mutiger, stärker. Peter glaubte an mich, und ich hatte das Gefühl, solange Peter mich so anlächelte, konnte ich alles schaffen. Vielleicht sogar etwas Avenger-mäßiges.
Und so schlief ich gut in dieser Nacht, trotz der Tatsache, dass ich heute meine erste richtige Schlacht bestritten hatte.

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Hallo erstmal, ich hoffe die Story gefällt euch bisher :).
Anyways, ich habe zwar die Handlung erfunden und die meisten der Szenen geschrieben, aber meine Schwester hat alles noch Mal durchgelesen und einige Szenen ergänzt. Die meisten Sambucky Szenen sind von ihr und sie hat sogar noch eine ergänzende Geschichte geschrieben, die daran anschließt, wie Sam Bucky suchen geht.
Ihr findet sie hier:
https://www.wattpad.com/story/329105176?utm_source=android&utm_medium=link&utm_content=share_writing&wp_page=create&wp_uname=justuncreativesorry&wp_originator=%2FdCzEMhvrd1o214CLsffV1g8aHOIb8r6UGXinc4DcUv1gpfdxNwKhB8eg0Gzoycj0Wk%2BM6k4i14TSG%2FLeG6yzzbzAEPkC0MQjln8fSckxUy9BoTHosw4UJx2YJfG56s5

Falls der Link nicht funktioniert, ihr findet die Geschichte unter "Nebengeschichte zu Lancelot" hier auf Wattpad

Lancelot (Marvel FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt