Kapitel 15

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Leider klappte das mit dem Ignorieren aber nicht so ganz, weil Alec mich so eindringlich musterte, dass ich ganz nervös wurde. „Was ist?" brach ich wütend heraus. Alec fing an leicht zu lächeln und in meinem Bauch erwachten die Schmetterlinge zum Leben. Ich sah schnell weg und spürte, wie meine Wangen leicht rot wurden. „Wir werden noch reden." meinte Alec schließlich. Ich spürte seinen Blick immer noch deutlich auf mir und bekam eine leichte Gänsehaut. „Vielleicht." erwiderte ich nach langem Zögern und sah zu, wie die Bäume am Auto vorbei zogen.
„Wann kommen eigentlich deine Eltern wieder?" rettete Kaleb mich. „Heute Mittag. Also habt ihr mich dann für ein paar Wochen erstmal los." antwortete Alec, der meinem Artgefährten anscheinend auch dankbar für die Ablenkung war. Eigentlich hätte ich jetzt erleichtert sein müssen, weil ich endlich meine Ruhe vor ihm hatte, aber weil ich ja so dumm war und mich in ihn verknallt hatte, kam stattdessen eine leichte Enttäuschung. Ich biss mir unbehaglich auf die Unterlippe und konzentrierte mich wieder auf die vorbeiziehenden Bäume.
„Denkst du, dass sie mich wiedererkennen werden?" wollte Kaleb wissen und ich sah wieder zu ihm. Er grinste mich liebenswürdig an und ich konnte nicht anders, als ebenfalls anfangen zu lächeln. „Garantiert nicht. Es ist schon viel zu lange her." meinte ich, wobei ich ausließ, dass Alec ihn ja auch nicht wiedererkannt hatte. „Dein Dad hat mich aber auch erkannt." entgegnete mein Artgefährte. „Er weiß ja auch, worauf er achten muss." erklärte ich und formulierte es extra vage. Alec schien zum Glück gar nicht aufzufallen, dass da noch eine zweite Bedeutung dahinter steckte.
„Meine Eltern haben dich sowieso zu wenig gesehen, um dich überhaupt wiedererkennen zu können." meinte er und ich hörte ein Lächeln deutlich heraus. Er hatte kein besonders gutes Verhältnis zu seinen Eltern und war deshalb froh, wenn sie weg waren. Manchmal hatte ich sogar das Gefühl, dass Dad für ihn mehr Vater war, als sein eigener. Ich fand das traurig, weil ich ja selbst keine Eltern hatte und Alec sich glücklich schätzen konnte, dass es ihm nicht genauso ging.
Zum Glück kamen wir jetzt an der Schule an und ich konnte einem längeren Gespräch mit Alec entgehen. „Bis dann." sagte ich und sprang förmlich aus dem Auto. Ich eilte über den Parkplatz direkt zu meinen Freundinnen. „... Und dann hat er mich geküsst. Es war echt toll und... " hier unterbrach Lucy ihre Erzählung und strahlte mich fröhlich an. „Ami! Das Date mit Kaleb war so toll. Hat er dir davon erzählt? Wie fand er es?" Sie kam auf mich zu und umarmte mich stürmisch. Etwas überrumpelt sagte ich „Sorry, aber ich hab schon geschlafen, als er heim kam und heute früh hatte ich ziemlich viel Stress, aber sag, hat er dich wirklich geküsst?"
„Jap und wenn du mich lassen würdest, dann würde ich es gerne jetzt auch tun." meinte Kaleb da von hinten und ich ließ Lucy los. Diese stürmte sofort zu meinem Artgefährten und fiel jetzt ihm um den Hals. Er grinste sie an und gab ihr einen schnellen Kuss. „Ach komm schon. Wir wollen einen richtigen Kuss sehen." beschwerte sich Tam. „Genau." stimmte ihr Ash zu. „Da kann ich mich nur anschließen." sagte auch ich und lächelte die beiden an. Die beiden sahen irgendwie süß zusammen aus und in ihren Augen lag ein Strahlen, dass nur Leute hatten, die verliebt waren. Kaleb's auch so schon hellen Augen wurden sogar noch heller. Natürlich lag daran, dass er ein Springer war, aber ich hoffte, dass es den anderen nicht auffiel.
„Wollen wir ihnen geben, was sie so unbedingt wollen, meine Schöne?" fragte Kaleb meine beste Freundin und sah ihr in die Augen. Sie sah kurz zu uns, dann zog sie Kaleb zu sich herunter und Küsste ihn. Der Kuss war diesmal etwas länger, wurde jedoch durch lautes Gejohle unterbrochen. Erschrocken sah ich mich um. Alec und seine Badboys kamen auf uns zu. Sie grinsten alle dreckig und ich zog die Nase kraus. Jetzt war es ganz einfach sauer auf Alec zu sein. Wieso mussten diese Idioten diesen wunderschönen Moment zerstören? Ich schenkte ihnen böse Blicke, aber natürlich ignorierten sie diese und blieben dann bei uns stehen.
„Verschwindet." befahl ich kalt und jetzt sahen die fünf mich doch an. „Nein, danke." meinte Jason. Wut stieg in mir hoch, doch da berührte mich jemand sanft am Arm. Ich sah auf und erkannte Sam, der mich an lächelte. „Keine Sorge. Jason hat zu viel Angst vor Kaleb. Er wird keine Dummheiten machen." meinte er beruhigend und ließ dann seinen Blick über mich wandern. Das erkannte ich sofort wieder. Alle Badboys checkten erstmal ein Mädchen mit ihren Blicken, bevor sie sich bemühten und sie mit Schmeicheleien und gezielten Berührungen zu willenlosen Schlampen zu machten.
„Du solltest wissen, dass ich keines dieser Mädchen bin." flüsterte ich Sam ins Ohr, sodass es niemand anders hörte. „Das weiß ich sogar ziemlich gut, Amélia. Du bist anders. Besonders. Keine dämliche Schlampe." hauchte er zurück und mir wurde jetzt doch warm. Gegen meinen Willen fing ich sogar an zu lächeln. „Dann solltest du dich nach einem anderen Opfer um sehen. Wie wär's mit der dahinten." erwiderte ich und zeigte zu einer ziemlich nuttig angezogene Blondine, die bei Ashlay stand. Ich hatte sie schon öfters bei den Jungs gesehen und wusste ganz sicher, dass sie eher auf Sam stand. Sie war immer näher bei ihm gestanden, als bei den anderen.
„Und was, wenn sie mich nicht interessiert? Wenn ich Herausforderung lieber hatte?" flüsterte Sam ohne den Blick von mir abzuwenden. „Dann wünsche ich dir viel Glück." entgegnete ich und sah ihm direkt in seine braunen Augen. Ich sah ein paar goldene Sprenkler darin, die mir eigentlich nie im Leben aufgefallen wären, würde er jetzt nicht so dicht vor mir stehen. „Ähm... Amélia?" unterbrach uns da Ashlyn. Ich sah zu ihr und dann zu den anderen. „Ja?" fragte ich und schaffte es sogar, dass meine Stimme normal klang. Ich war eben auch nur ein Mädchen und der Kontakt mit einem Badboy ging nicht spurlos an mir vorbei.
„Es hat zum Unterrichtsbeginn geklingelt." informierte mich Tamara grinsend. Ich hörte Sam leise lachen und sah wieder zu ihm. Er musterte mich wieder mit gierigem Blick und ich machte schnell einen Schritt von ihm weg. „Und wieso stehen wir dann noch hier?" fragte ich und ging langsam Richtung Schulgebäude. „Weil du gerade ziemlich vertieft ins Flirten warst." antwortete Kaleb grinsend und folgte mir mit Lucy. „Und weiter?" wollte ich ebenfalls grinsend wissen und schaffte es sogar leicht belustigt zu klingen. Kaleb rollte mit den Augen, aber er schien es witzig zu finden, dass ich das einfach so sagte, als wäre es nichts.
„Das verletzt mich jetzt aber." meinte Sam und schmollte. Kurz darauf musste aber auch er grinsen. Unsre Freunde fingen an zu lachen und wir gingen endlich in die Schule. Ich sah zu Alec. Er war der einzige, der nicht lachte und stattdessen Sam feindselig musterte. Wieso nur? Konnte es sein, dass er doch mehr für mich empfand und jetzt eifersüchtig war?, dachte ich und sah ihn genauer an. So ein Quatsch, meinte meine innere Stimme und ich konnte ihr nur zustimmen. Ich hing noch etwas meinen Gedanken nach, dann kamen wir auch schon an meinem, Kaleb's und Alec's Klassenzimmer an.
„Bis später." sagte ich. „Bis später, Süße." meinte Sam grinsend und sofort mussten wieder alle lachen. Ich rollte mit de Augen und ging schnell ins Klassenzimmer. Zum Glück war unser Lehrer noch nicht da und ich setzte mich schnell auf meinen Platz. Kaleb setzte sich natürlich neben mich und strahlte über's ganze Gesicht. „Jetzt erzähl mir mal von eurem Date." wies ich ihn an und stützte meinen Kopf auf meine rechte Hand. Einen Moment zögerte er, dann fing er an.
„Okay, also ich hab sie ja am Sonntagabend abgeholt. Weil ich aber total nervös war, kam ich viel zu früh an. Ich hab dann noch ewig gewartet, bevor ich mich endlich getraut hab zu klingeln. Als Lucy dann runter gekommen ist, sah sie einfach nur perfekt aus. Als ich ihr das gesagt hab ist sie rot geworden. Einfach nur süß. Auf jeden Fall sind wir dann zum Restaurant gefahren und sie hat die ganze Zeit über geredet. Ich musste mich aber so sehr konzentrieren nicht zu springen, dass ich kaum etwas mitbekam. Sie hat mich total nervös gemacht und dann im Restaurant war sie so schüchtern. Natürlich hab ich aber nichts gesagt. Es ist ja ihre Entscheidung, was sie macht. Als ich sie dann aber vor ihrem Haus wieder absetzte, konnte ich mich aber nicht mehr weiter zurück halten. Ich hab sie geküsst und es war nicht wie bei den anderen, verstehst du? Ich glaub ich hab mich wirklich in sie verliebt." endete er und sah mich mit einem fragenden Ausdruck in den Augen an.
„Aww." entwich es mir, weil Kaleb tatsächlich rot geworden war. Jetzt schien er etwas verärgert und sah weg. „Sie hat vorhin auch total geschwärmt und wenn du es wagen solltest sie zu verletzen, dann reiß ich dir den Kopf ab." sagte ich jetzt wieder ernst und im selben Moment kam unser Lehrer ins Klassenzimmer. „Das könnte ich gar nicht." flüsterte er zurück, weil unser Lehrer um Ruhe bat. Zufrieden lehnte ich mich etwas zurück und folgte dem Unterricht. Wenigstens etwas gutes ist dieses Wochenende passiert.

Amélia - Erbin der 1.000 GesichterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt