Kapitel 9

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Gegen achtzehn Uhr verabschiedete ich mich dann von meinen Freundinnen. Wir hatten noch viel Spaß. Als wir zu Hause ankamen, holten wir erstmal meine Tasche und verbrannten die ganzen kleinen Zettel draußen im Garten. Danach schickten wir Kaleb weg und gingen in mein Zimmer um eben Mädchengespräche zu führen. Natürlich ging es nicht nur um Kleider, Schminke und Frisur für den Ball sondern auch um Kaleb. Die anderen drei fragten mich über ihn aus und wir kamen zu dem Entschluss, dass er es mit Lucy ernst meinte und ich versprach, ihm nach dem Ball zu erlauben, dass er Lucy um ein Date bitten durfte. Natürlich hatte Kaleb gelauscht und kam ins Zimmer um mich zu umarmen. Danach verschwand er aber schnell wieder, weil er wusste, wie sehr ich es hasste, wenn man einfach in mein Zimmer kam oder lauschte.
Jetzt winkte ich meinen Freundinnen hinterher und Kaleb grinste mich fröhlich an. „Freu dich nicht zu früh. Es ist immer noch Lucy's Entscheidung. Wenn du dich auf dem Ball daneben benimmst, dann wird sie 'Nein' sagen." erklärte ich, aber er grinste einfach weiter und meinte „Das wird nicht passieren." Ich rollte nur mit den Augen und ging dann mit ihm rein und in die Küche. Dad hatte sich die ganze Zeit nicht gezeigt, weil er wusste, dass ich mit meinen Freundinnen meine Ruhe haben wollte. Trotzdem hatte er Abendessen gemacht und ich aß mit Kaleb jetzt ebenfalls etwas.
Ich war zu müde um zu reden und Kaleb anscheinend auch, dann er sagte kein Wort. Nicht mal, ob ich sein Zeug wegräumen könnte. Nach dem Essen gingen wir gemeinsam in mein Zimmer. „Glaubst du wirklich, dass Lucy mich mag? Bin ich ihr nicht zu... ich weiß nicht... aufdringlich?" fragte Kaleb leise und ließ sich auf's Sofa fallen. „Natürlich mag sie dich. Wie könnte sie auch nicht? Du bist der Traum jedes Mädchens." meinte ich und grinste ihn gemein an. „Hör auf zu scherzen. Das ist ernst!" zischte Kaleb beleidigt und wandte sich ab. „Ist ja gut. Sie mag dich wirklich sehr. Sehr sehr, aber erzähl ihr nicht, dass ich dir das gesagt hab." warnte ich, schnappte meine Sachen und ging zum Bad.
Ich machte mich um einiges schneller als sonst fertig. Nur fünfzehn Minuten! Ist das zu glauben? Naja, ich wollte einfach in mein Bett. Auf halben Weg zu meinem Zimmer kam auch Kaleb die Treppe hoch. Seine Haare waren noch feucht, aber er hatte sich anscheinend etwas Zeit gelassen. „Also wegen der Gitarre. Können wir da morgen jemanden fragen. Vielleicht kann ich Lucy damit ja beeindrucken." meinte er grinsend und lief voraus in mein Zimmer. „Sie ist jetzt schon total beeindruckt von dir." erwiderte ich und folgte ihm schnell. „Darf ich wieder mit bei dir im Bett schlafen?" fragte er da unerwartet, als ich die Tür geschlossen hatte.
Ich starrte ihn verwirrt an. „Was? Dein Bett ist eben bequemer und ich bin eben ein Player. Ich brauch diese Nähe." meinte Kaleb und sah mich mal wieder mit seinem gekonnten Hundeblick an. Da konnte man einfach nicht 'Nein' sagen. Es ging einfach nicht. „Aber wehe du versuchst was. Erst ist deine Hand ab, dann wirst du kastriert." warnte ich ihn und jetzt erstarrte er. „Das würdest du nicht tun." meinte er entgeistert und ging lachend an ihm vorbei und ließ mich auf's Bett fallen. „Sicher?" fragte ich grinsend. „Okay, ist sowieso egal. Das würde ich eh nie. Erstens würde das unsre Freundschaft ruinieren. Zweitens hätte ich dann überhaupt keine Chance mehr bei Lucy und drittens würde dein Dad mich dann hochkant raus schmeißen." erklärte mein Artgefährte und legte sich neben mich.
„Ist kuscheln in Ordnung?" flüsterte Kaleb scheu, als ich das Licht ausgemacht hatte. „Von mir aus." murmelte ich und schmiegte mich an ihn, als er näher zu mir rutschte und die Arme um mich legte. „Irgendwann wird Alec dir sagen, dass er dich liebt." meinte Kaleb und überraschte mich mal wieder. Ich wollte aber endlich schlafen und nickte nur leicht. Soll er doch sagen, was er denkt. Alec mag mich trotzdem nicht mehr. Obwohl mich das irgendwie total traurig macht. Vielleicht liebte ich ihn ja doch. Mit diesem Gedanken schlief ich ein.

„Amélia?" hörte ich eine bekannte Stimme mir ins Ohr flüstern. Ich dauerte kurz, bis ich sie erkannte. Alec. Ich brummte verschlafen und öffnete blinzelnd die Augen. Ich erkannte sofort den Strand und das Bett aus meinem Traum. Na toll. Noch so ein Traum. Was denkt sich mein Unterbewusstsein heute aus. „Was ist?" fragte ich und drehte mich um. Hinter mir lag Alec und musterte mich lächelnd. Mein Blick blieb an seinen wundervollen, schokobraunen Augen hängen. Ich verlor mich darin. Sie schienen mich förmlich zu verschlingen. Am meisten faszinierte mich, dass ich darin keinerlei Kälte sah wie sonst. Sie waren offen, warm und musterten mich immer noch. Ein warmer Schauer ging durch meinen Körper und Alec runzelte verwirrt die Stirn.
„Ist dir kalt?" fragte er und rückte näher an mich heran. Ich hatte eigentlich vor weg zu rutschen, aber mein Gehirn war wohl zu langsam und ich kuschelte mich an ihn. Er roch so unglaublich gut. Nach dieser wundervollen Mischung aus Zitrone und irgendetwas süßem. Ich wusste zwar nicht, was das süße war, aber so hatte er schon immer gerochen. „Am?" sagte Alec besorgt und holte mich wieder aus Gedanken. „Ja?" wollte ich wissen. „Ich muss dir was sagen." meinte er und ich sah Unsicherheit in seinen tollen Augen. „Schieß los." forderte ich ihn auf. Seine Unsicherheit verursachte mir aus irgendeinem dämlichen Grund ein Kribbeln im Bauch.
„Ich... ähm... also..." stotterte er. Ich fand es zwar unglaublich süß, aber ich wollte unbedingt wissen, was er sagen wollte. „Sag es einfach, Alec." murmelte ich und zog seinen Geruch tief ein. Er roch echt gut. Ich könnte ihn jeden Moment vernaschen. HALT! Nein, das könnte ich nicht. Er mag mich nicht, ermahnte ich mich selbst, doch ich wollte nicht hören. Es war schließlich mein Traum. Ich sah Alec wieder tief in die Augen und irgendwas, das ich darin sah, ließ das Kribbeln in meinem Bauch noch stärker werden.
„Ich hab mich in dich verliebt." murmelte Alec da. Meine Augen weiteten sich erschrocken. Nein, das darf ich nicht träumen! Ich durfte keine Gefühle für ihn haben! Er hat schließlich auch keine für mich! Schrie ich mich in Gedanken an, aber es nützte nichts. Alec beugte sich wie schon im letzten Traum ganz langsam vor und ich spürte schon seinen Atem auf meiner Haut...

Amélia - Erbin der 1.000 GesichterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt