Kapitel 3

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„Du weißt ja, dass ich nicht immer der anständigste bin." fing er zögernd an und stellte sich an mein Fenster und sah nachdenklich hinaus. „Ja und weiter?" fragte ich ruhig, blieb aber auf dem Bett sitzen. „Also...äh...Ich." wieder brach er ab und biss sich auf die Unterlippe. „Also wirklich Kaleb. Wir sind schon ewig befreundet. Da wird es dir doch nicht allzu schwer fallen, mir etwas so nebensächliches zu erzählen." schimpfte ich genervt. „Tut mir leid. Es ist einfach so mega peinlich." murmelte er entschuldigend. „Ist mir egal. Das solltest du aber wissen." erwiderte ich nun wieder etwas geduldiger. Ich konnte ihn verstehen. Es lag eben wie schon erwähnt eben nicht in unsrer Natur viel mit anderen Leuten zu machen. Wir waren zu misstrauisch.
„Okay. Ich hab mit der Tochter meiner Gastfamilie geschlafen." beichtete er endlich. „Oh Kaleb. Wieso muss du auch immer solche Dummheiten machen?" fragte ich seufzend. Kaleb war schon immer ein ziemlicher Player gewesen, aber ich hatte gedacht, dass er wenigstens noch das Hirn besitzt es nicht mit Mädchen aus den Gastfamilien zu treiben. „Schau jetzt bist du doch sauer." schmollte Kaleb und legte sich auf's Sofa. Ich seufzte und erklärte „Nein, ich bin nur enttäuscht. Was hast du dir dabei gedacht?" Kaleb zog leicht den Kopf ein und meinte „Nichts, Amélia. Nichts. Deshalb bin ich ja hier. Du bist die einzige, die mich dazu bringen kann wieder über meine Handlungen nachzudenken." „Wie kommst du eigentlich genau hier her? Erzähl mal weiter." forderte ich und jetzt war ich wieder ruhig.
„Na gut. Also ich hab mit Riann geschlafen und ihre Eltern haben es dann raus gefunden. Sie haben gesagt ich soll meine Sachen packen und zurück zum Waisenhaus zurück. Nur will ich da nicht mehr hin. Ich bin es leid von einer Familie zur nächsten geschuppt zu werden. Du darfst mich jetzt nicht raus werfen, Amélia. Sie würden mich zu schnell finden und wieder in diesen Teufelskreis schicken." erklärte er frustriert und sah mich mit dem Hundeblick an. „Keine Sorge ich werd dich nicht wegschicken. Jetzt müssen wir es nur noch Dad sagen." erwiderte ich und verzog das Gesicht. „Können wir den Teil auslassen in dem ich mit Riann geschlafen hab? Ich glaub, dann würde er mich selbst verscheuchen." wollte Kaleb verunsichert wissen.
„Ja. Geh deine Sachen holen. Ich weiß, dass du sie im Auto hast. Ich werde solange mit Dad reden." stimmte ich zu. Kaleb nickte stumm und wir gingen gemeinsam runter. Dad's Zimmer war neben der Küche, währen das zweite Badezimmer und das Wohnzimmer auf der anderen Seite des Flurs waren. „Viel Glück." flüsterte Kaleb noch und ging dann schnell aus dem Haus. Vorsichtig klopfte ich an Dad's Tür und wartete, dass er antwortete. „Komm rein. Ich hab euch schon flüstern gehört." rief mein Vater und ich ging zögernd hinein. Sein Zimmer hatte weiße Wände, ein grün bezogenes Bett und einen Kleiderschrank. Mehr brauchte ein Mann wohl nicht.
Ich hatte mich schon immer gefragt, wieso Dad's Zimmer so spärlich eingerichtet war, aber ich sah mich etwas um und glaubte zu erkennen wieso. Er war sehr unordentlich. Selbst in dem kleinen Zimmer häuften sich dreckige und saubere Klamotten am Boden und auf dem Bett. An manchen Stellen glaubte ich sogar noch Essensreste und anderen Müll zu entdecken. „Du musst unbedingt aufräumen, Dad. Hier sieht's aus, als wären drei Wirbelstürme durch gefegt und danach hat noch ein Schwein in den Resten herum gewühlt." sagte ich anstatt einer Begrüßung.
„Das geht dich nichts an. Was willst du denn, Schatz?" entgegnete er und stand von seinem Bett auf, auf dem er irgendein Steven King Buch gelesen hatte. „Ich hab mit Kaleb geredet." setzte ich an und wartete kurz darauf, dass Dad nickte, dann fuhr ich fort. „Er will nicht mehr ins Waisenhaus zurück. Es ist nicht gut, dass die ihn da bloß rum schuppen, wie es ihnen passt. Ich mach mir Sorgen, dass er Scheiße baut, wenn er zurück muss." Ich brach ab und wollte nach kurzem Schweigen weiter reden, doch Dad kam mir zuvor. „Und jetzt willst du, dass ich ihm erlaube hier zu bleiben, bis er wieder woanders hin kann, nicht wahr?" Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, aber ich nickte. „Wenn er keine Dummheiten macht, kann er bleiben, aber ich werd ihn bei der Schule anmelden, damit er auch was nützliches macht." meinte Dad schließlich. „Danke, Daddy. Du bist der Beste." quiekte ich, gab ihm einen Kuss auf die Wange und flitzte hoch in mein Zimmer.
„Also darf ich bleiben?" fragte Kaleb fröhlich, als ich ins Zimmer kam. Seine Reisetasche stand geöffnet auf meinem Bett. „Ja, aber Dad meldet dich bei der Schule an und du darfst keine Dummheiten machen, sonst bist du wieder weg." erklärte ich grinsend und legte mich neben die Reisetasche. „Und mit welcher Begründung komm ich erst jetzt in die Schule hier?" wollte Kaleb wissen und dämpfte meine Freude leicht, aber dann kam mir ein Gedanke und ich grinste wieder. „Er wird sich was einfallen lassen. Wenn wir Glück haben, kommst du sogar in meine Klasse. Jetzt geh dich aber erstmal fertig machen und nimm deine Tasche runter von meinem Bett. Ich bin müde." erklärte ich und wie auf's Stichwort musste ich gähnen. „Na gut schlaf schön." meinte Kaleb, küsste mich auf die Stirn und dann fielen mir auch schon die Augen zu.

Amélia - Erbin der 1.000 GesichterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt