Kapitel 14

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Seit dem Beinahe-Kuss mit Alec waren jetzt zehn Stunden vergangen. Es war zwanzig Uhr. Den ganzen Tag hatte ich mich nicht getraut aus meinem Zimmer zu gehen. Kaleb war bis vor ein paar Minuten noch bei mir gewesen, aber jetzt ist er runter in die Küche, um uns was zum Essen zu machen. Springer konnten zwar dreieinhalb Wochen ohne was zu essen auskommen, aber Kaleb meinte, dass mich das etwas ablenken würde. Wir hatten den ganzen Tag Filme geschaut und immer wieder herum gealbert. Zwischen drin wollte er, dass ich meine Freundinnen einlade, aber ich hab ihm erklärt, dass die das nicht verstehen würden. Jetzt lag ich alleine im Bett und starrte an die Decke.
Meine Gedanken waren natürlich wieder bei Alec. Wieso sagt er erst, dass ich wie eine Schwester bin und küsst mich dann fast? War das vielleicht nur eine Masche, um mit mir zu schlafen? Man, wie doof bin ich eigentlich? Natürlich war das nur eine Masche! Er ist ein verdammter Badboy!, schrie ich mich in Gedanken an. Aber ein er, in den du dich verliebt hast, flüsterte meine innere Stimme. Wie Recht sie doch hatte. Mal abgesehen von seinem Sixpack hatte er auch noch so unglaublich warme, schokobraune Augen, Grübchen zum ablecken und einladend weich aussehende Lippen. Na toll. Jetzt werd ich auch noch verrückt, so wie sich das anhört.
Ein Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. „Am?" fragte diese unglaublich schöne, tiefe Stimme. Ich seufzte und spürte der Schmetterlinge in meinem Bauch aufgeregt flattern. „Was willst du?" zischte ich möglichst genervt. „Reden. Darf ich rein?" fragte er mit einem seltsam sanften Ton. „Nein." sagte ich sofort und spürte wie enttäuscht ich von mir selbst war. Was für ein Feigling ich doch war. „Bitte, Am. Ich will nicht, dass das zwischen uns steht." meinte Alec. Wieso musste er nur so unglaublich süß sein? „Das hättest du dir früher denken können. Jetzt verschwinde!" rief ich, aber ich spürte eine Träne, die mir über die Wange lief. Feigling, Feigling, Feigling, wiederholte meine innere Stimme immer wieder.
„Woher sollte ich denn bitte wissen, dass du so darauf reagierst?" fragte Alec endlich wieder gereizt. Ich war total erleichtert, was echt dämlich ist, wenn man bedenkt wie sehr ich ihn wollte. „Verschwinde einfach." wiederholte ich und drehte mich so, dass ich der Tür den Rücken zu wandte. Da Alec nichts mehr sagte, dachte ich, dass er wirklich gegangen war. Erleichtert sah ich wieder an die Decke. Ich hätte es nicht ausgehalten, wenn er rein gekommen wäre. Ich stand auf und ging quer durch mein Zimmer zur Stereoanlage.
Ich schaltete sie an und drehte so laut, dass ich nichts mehr anderes hörte. Das Lied war eines meiner Lieblingslieder. Work of Art von Demi Lovato. Ich ging in die Mitte meines Zimmers und sang laut mit. Das Lied ging zu Ende und ich drehte mich um, um zu sehen, welches das nächste ist. Genau im selben Moment wurde die Tür geöffnet und Alec kam rein. Vor schock erstarrt blieb ich bewegungslos stehen und beobachtete, wie er die Tür wieder schloss und sich dann zu mir umdrehte. In seinen wundervollen Augen sah ich Sorge und sofort kribbelte es wieder in meinem Bauch. „Wir müssen wirklich darüber reden, Am." meinte er und kam langsam zu mir.
Ich war immer noch total geschockt, dass er einfach rein kam und konnte nicht anders, als ihn an zu starren. Er blieb nur wenige Zentimeter vor mir stehen und sah mir in die Augen. Seine kalte Mauer war etwas gefallen und ich sah nicht nur Sorge, sondern wieder das, was ich nach meinen Träumen immer so vermisste. Meine Beine wurden weich und ich wandte mich schnell ab. „Verschwinde." brachte ich heraus und ging zu meinem Bett. „Nein." meinte Alec entschlossen und lief mir hinterher.
„Wieso nicht?" fragte ich in einem leicht weinerlichen Ton und lies mich auf's Bett fallen. „Hab ich doch schon gesagt. Ich will nicht, dass das zwischen uns steht." meinte Alec unerträglich sanft. Ich stöhnte genervt und vergrub mein Gesicht in meinem Kissen. „So schlimm gleich?" fragte Alec und ich konnte sein Lächeln deutlich heraus hören. „Ja, jetzt verschwinde. Ich bin nicht in der Stimmung zum reden." murrte ich und lauschte. Ich konnte mir sein Lächeln nur zu deutlich vorstellen und seine zum ablecken tolle Grübchen.
„Gut, dann rede eben nur ich." meinte Alec entschlossen und ich spürte wie er sich neben mich ins Bett legte. „Wenn du nicht gleich verschwindest, dann schrei ich." warnte ich ihn und sah zu ihm hoch. Seine wunderschönen Schoko-Augen glitzerten vor Belustigung. Es raubte mir den Atem und ich spürte, wie ich unbewusst nach einem Gesicht suchte, in das ich wechseln konnte. Schnell versuchte ich mich zu konzentrieren und diese Suche zu stoppen. Nach zahlreichen Anläufen klappte es. „Ich könnte dir auch einfach den Mund zuhalten." murmelte Alec und musterte mich.
Seine Grübchen waren wirklich zum ablecken und fast hätte ich mich vergessen, doch da holte mich eine scharfe Stimme zurück in die Wirklichkeit. „Alec! Wenn sie sagt, dass du gehen sollst, dann mach das gefälligst!" meinte Kaleb und kam mit einem Tablett ins Zimmer. Erleichtert lies ich mich zurück sinken und vergrub mein Gesicht wieder in meinen Kissen. Ich spürte, wie Alec aufstand. „Wir werden trotzdem noch reden. Du kannst mir nicht für immer aus dem Weg gehen, Am." flüsterte Alec mir noch ins Ohr, dann hörte ich wie seine Schritte sich entfernten.
Kaleb kam mit den Tablett zu mir und stellte es auf mein Nachtkästchen, bevor er sich auf die Bettkante setzte. „Da hat er Recht, Amélia. Spätestens in der Schule wird er es schaffen mit dir zu reden." erklärte mein Artgefährte und strich mir übers Haar. „Dann hab ich ja noch das restliche Wochenende, um ihm aus dem Weg zu gehen." murmelte ich und richtete mich wieder etwas auf. „Was hast du denn gekocht?" wollte ich noch wissen und sah auf's Tablett. „Nudeln mit Tomatensoße und ein riesiges Schokoeis mit Schokoladenstücke. Ich hab gehört, dass Schokolade bei so was hilft." antwortete Kaleb grinsend und stellte mir das Tablett auf's Bett.

Amélia - Erbin der 1.000 GesichterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt