So perfekt
Es ist kurz vor Weihnachten und Familie Benson ist schon sehr in Weihnachtsstimmung, aber nicht Polly, die jüngste der zwei Schwestern. Polly ist in der achten Klasse, ihre große Schwester Rose macht jetzt ihren Abschluss. Kurz vor Weihnachten ist es eine Qual in die Schule zu gehen, denn die ganzen Klassenarbeiten werden noch vor die Ferien gequetscht und Polly hat keine Nerven mehr jede Nacht durch zu lernen, nur um ihren Notenschnitt hochzuhalten, der niemals gut genug sein wird für ihre Eltern. Denn Rose ist perfekt. Wirklich perfekt in allem was sie macht. Sie schreibt perfekte Noten, sie ist bildhübsch und hat mit allem Glück. Sogar jede einzelne die Pflanze in Rose's Zimmer sieht perfekt aus, während Polly einfach keinen grünen Daumen hat.
Es ist nicht fair, dass ihre Eltern die beide Schwestern miteinander vergleichen, denn Rose ist viel älter und Polly und Rose könnten nicht unterschiedlicher sein.
Aber doch, ihre Eltern vergleichen sie und Polly leidet unter dem Druck. Immer nur in Rose's Schatten zu stehen macht sie wirklich fertig und so ist es nicht selten, dass Polly weinend, überwältigt von ihren Gefühlen in ihrem Zimmer sitzt und versucht ihre Gedanken und die Migräne in den Griff zu bekommen.
Die Familie ist zusammen im Wohnzimmer und dekoriert den Raum perfekt weihnachtlich, nur Polly sitzt daneben und versucht wie verrückt zu lernen um irgendwie dem Einser-Durchschnitt ihrer Schwester gerecht zu werden. „Rose könnte doch etwas singen an Weihnachten. Wir können es aufnehmen und dann der Verwandschaft schicken.", sagt ihre Mum plötzlich. Rose lächelt sanft und stimmt ihr zu. „Oh das wäre wunderbar, Rose du singst so wundervoll."Das Polly Violine spielen kann, geht wohl gerade unter. Das Mädchen schüttelt verächtlich ihren Kopf, schiebt ihre Brille wieder hoch und lernt weiter. Manchmal hasst sie ihre Schwester einfach nur.
„Habt ihr eure Kränze fertig, dann können wir sie aufhängen.", fragt ihr Dad. Ihre Familie hat die Tradition, dass jeder einen Kranz schmückt und diese dann aufgehängt werden. Polly steht auf, holt ihren Kranz und gibt ihn ihren Eltern. Er ist wunderschön mit roten und grünen Kugeln, mit Schleifen und Deko-Zuckerstangen. Sie hat sich wirklich Mühe gegeben. Rose kommt dazu und bringt ihren Kranz. „Rose, der ist unglaublich schön!", lobt ihre Mum sie. „Ein perfekter Kranz."
Rose's Kranz ist gold und silber geschmückt mit Engelshaar, kleinen goldenen Glöckchen und bordeaux-roten Rosen, die um die Kugeln herum verteilt liegen. ja er ist sehr schön, aber etwas zu langweilig, wie Polly findet. „Klar, Rose ist so perfekt. Wieso geb ich mir die Mühe eigentlich? Ihr habt nichts zu meinem gesagt!", kommt s jetzt aus ihr heraus. „Ach Polly mach nicht schon wieder so ein Drama daraus. Ich wollte nichts sagen, weil deiner etwas zu... verrückt ist. Zu bunt zu unruhig.", sagt ihre Mum. „Nächstes mal machst du es sicher besser."
Jetzt reicht's ihr endgültig. Wütend nimmt sie ihre Sachen, reißt ihrer Mum ihren Kranz aus den Händen und stürmt beleidigt in ihr Zimmer. Kurz darauf klopft ihre große Schwester an der Tür. „Polly, bitte. Lass mich rein, ich will nur reden." Rose öffnet zaghaft die Tür und tritt in das Zimmer. Polly sitzt auf dem Boden, ihre Sachen um sich verteilt und den Kranz auf ihrem Schoß. „Du verstehst nicht, wie das ist. Du bis so perfekt und ich werde niemals dein Niveau erreichen. Dazu kommt, dass du wunderschön bist.", grummelt Polly in sich rein. „Du doch auch.", sagt Rose und kommt ihr näher. „Lüg nicht.", sagt Polly beleidigt. „Sei einfach froh, dass dich Mum und Dad so lieben. Weißt du eigentlich was für einen Druck ich habe? Was ich durchmachen muss? Dass ich schlaflose Nächte habe? Alles wegen dir. Ich hasse dich.", ihr fließen ein paar Tränen über die Wangen. Rose seufzt, kommt zu ihr und setzt sich neben ihre kleine Schwester.
„Der Kranz ist wunderschön.", sagt sie und sieht ihn sich genauer an. „Weißt du warum? Weil du ihn gemacht hast. Er sieht aus, wie du bist. Etwas bunt und verrückt und wild...", sie lacht leicht. „Das ist die Schönheit daran, weil du authentisch bist. Ganz ehrlich manchmal wäre ich gerne mehr wie du, Polly." Die Wut verschwindet aus ihrem Gesicht und sie sieht zu ihrer Schwester. „Ja, Mum und Dad finden mich perfekt, aber das ist ein enormer Druck. Ich versuche immer in ihr perfektes Bild zu passen. Nie darf ich tun, was ich wirklich will, sie haben mir schon immer meine Freunde und Kleidung ausgesucht, bis das, was sie wollten irgendwann zu meiner Identität wurde. Komm mit, ich will dir was zeigen." Sie führt ihre Schwester in ihr Zimmer, holt eine Schachtel aus ihrer Schublade. Sie gibt sie ihrer Schwester, die den Deckel löst und verschiedene Dosen darin erkennt. In den Dosen sind Tabletten. „Die eine ist für's Abnehmen, die zweite für's Einschlafen und die dritte gegen Depressionen.", sagt Rose beschämt. Polly sieht ihre Schwester leidend an und zittert leicht. „Das ist echt... unfassbar. Dass du das überhaupt brauchst. Ich hatte ja keine Ahnung."
„Jetzt siehst du, dass es für mich auch nicht leicht ist. Und versprich mir, dass du niemals in dieses Loch fällst und die selben Fehler machst wie ich. Du weißt nichts davon, weil ich nichts sage. Weil ich Angst habe." Jetzt muss Polly weinen, sie legt die Schachtel weg und umarmt ihre Schwester. „Bitte tu dir das nicht an. Lass das mit den Tabletten." Rose erwidert die Umarmung. „Weißt du was? Wir hängen deinen Kranz auf und wir setzten uns an Weihnachten einfach im Pyjama unter denn Baum und nicht im Kleid. Und du wirst Violine spielen." Polly lächelt sie an. „Okay, aber ich werde nicht spielen. Nicht wenn du nicht mitsingst." Rose lacht, nickt und zieht Polly näher an sich. „Von jetzt an zusammen?"
„Ja, zusammen. Wir sind doch Schwestern."
„Rose? Ich hab dich lieb, weißt du? Du musst nicht perfekt sein. Niemand ist perfekt."
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Weihnachts-Onshots
Fiksi PenggemarWie im letzten Jahr möchte ich wieder einen Adventskalender schreiben. Ich hoffe ich kann euch damit die Wartezeit, bis zum Heiligen Abend etwas versüßen. Ich wünsche euch eine schöne Zeit, mit meinen Geschichten und eine schöne, sinnliche Weihnach...