Kapitel 5

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Levi

„Du wirst einmal mein Beta sein, Levi! Du musst mehr Verantwortung übernehmen!" Noah stand mit verschränkten Armen und grimmigem Blick vor ihm. Er hatte sein langes Haar zu einem Topf gebunden und sah aus wie ein muskelbepackter Märchenprinz. Ein übel gelaunter Märchenprinz. Alle jungen Damen im Rudel von sechzehn bis neunundneunzig himmelten ihn an. Alle jungen Damen und Levi. Aber mit neunundzwanzig war Noah dem sechzehn Jahre alten Jungen zu alt. Und auch zu sehr Alpha. Bereits sein Geruch schrie ihm ‚Gehorche!' entgegen.

„Ich bin sechzehn und noch nicht Beta. Was für Verantwortung?", schnaubte Levi. Die beiden standen am Tor zu ihrem Dorf. Levi wollte zum Markt, doch Noah hatte ihn aufgehalten.

Noah kniff nach Geduld ringend die Augen zusammen. „Die Verantwortungen den anderen Teenagern gegenüber ein gutes Vorbild zu sein und dir bereits jetzt ihren Respekt zu sichern! Das Rudel muss deinen Entscheidungen vertrauen können. Das wird es sicher nicht, wenn du ihnen Streiche spielst."

„Aber Streiche sind lustig!" Levi grinste.

„Nicht wenn ein wütendes Rudelmitglied nachts um drei an die Tür meines Vaters klopft, weil ihr Wohnzimmer voller Hühner ist! Und ein anderer Wolf sich darüber beklagt, dass seine Hühner gestohlen wurden! Wie hast du das überhaupt geschafft?"

Einbruch war die Antwort auf die Frage, doch Levi zuckte nur mit den Schultern.

„Ich muss mich auf dich verlassen können!"

„Und wenn ich nicht dein Beta sein möchte?"

Noah schnaubte, „Und wessen Beta möchtest du dann sein? Ich bin der einzige Alpha, der das Rudel eines Tages übernehmen kann, seit mein Bruder Marko fort ist."

Levi wollte mit den Augen rollen, doch ein unangenehmer Geruch strömte in seine Nase. Menschen und Pferde. Metall. Vermutlich Soldaten. Seit einem Monat waren keine mehr zu ihrem Rudel gekommen. Er drehte sich um und konnte ihre Pferde auf das Dorf zukommen sehen. Unruhig sah er Noah an. „Geh nach Hause, schnell", sagte dieser. „Bevor sie dich sehen und auf unerfreuliche Gedanken kommen. Ich helfe meinem Vater bei den... Verhandlungen."

Verhandlungen. Das war ein nettes Wort für das, was nun geschehen würde. Die Soldaten kamen entweder im Steuern einzutreiben, oder, wenn sie Pech hatten, um ein Rudelmitglied oder mehrere zu stehlen. Levi eilte nach Hause und hoffte, dass es wieder einmal nur um die zu hohen Steuern ging, welche sie an die Königin, einer Hexe, zahlen mussten.

Zuhause angekommen sprang ihm seine kleine Schwester in die Arme. „Hast du mir was mitgebracht?", fragte sie und sah ihn hoffnungsvoll an.

„Nein. Ich habe dir nichts mitgebracht, Smilla. Ich habe mit Noah gesprochen."

„Warum nicht?" Smilla war vier Jahre alt und hatte genau wie Levi hellblaue Augen, die im Kontrast zu der dunklen Haut standen. Sie hatte zudem die Locken ihrer Mutter geerbt. Anders als Levi und Abbe.

„Weil ich mit Noah gesprochen habe und es daher nicht auf den Markt geschafft habe!"

„Du warst nicht auf dem Markt?" Seine Mutter stand nun im Flur. „Levi! Du hattest diese eine Aufgabe. Wir brauchen neues Brot und Bäcker Paul kommt erst nächste Woche wieder. Dein Vater arbeitet noch auf dem Feld. Er wird es nicht schaffen. Der Markt schließt gleich!"

„Noah hat mich abgefangen und dann haben wir Soldaten gerochen." Levi hob seine Schwester hoch und küsste ihre Wangen. „Daher bin ich schnell nach Hause."

„Soldaten?" Svea seufzte. „Ich mache uns Tee."

„Was wollen die Soldaten?", fragte Smilla.

„Ich weiß es nicht!" Mit seiner Schwester im Arm hüpfte Levi seiner Mutter hinterher. Smilla lachte vergnügt. In der Küche saß Abbe mit den Füßen auf dem Tisch und las.

WOLF - Die zwei Rudel. (BL)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt