Kapitel 6

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Mads

Es gibt Dinge, mit welchen ich umgehen kann: Die Sticheleien meiner Schwester, angebranntes Essen, schlechte Schulnoten, das ständige Gefühl, schlapp zu sein und Bauchschmerzen, die ich gelegentlich vom zu vielen Salat bekam. Doch ich wusste nicht, wie ich auf diesen Störenfried reagieren sollte.

Erstens, verstand er nicht, dass ich allein sein wollte. Oder er ignorierte es.

Zweitens, hatte er die Frechheit besessen mich ‚Melli' zu nennen.

Und drittens, wagte es dieser Betawolf gut zu riechen. Betawölfe sollten nicht so gut riechen, oder attraktiv sein. Das war nicht gesund für mich! Bah!

Und dieser Wolf war attraktiv. Sehr sogar.

„Also Mads. Was hat dich so erschreckt?", fragte er nun.

„Was mich erschreckt hat? Nichts."

Levi, der Name kam mir bekannt vor, zog die Augenbrauen hoch. „Nichts? Meine Nase sagt etwas anderes."

Meine Nase sagte auch etwas anderes: Küss ihn. Sofort! Roll dich mit ihm über den Boden und vergrab dein Gesicht in seinem wohlduftenden Nacken. Vergiss, dass du erst fünfzehn bist und mach etwas Unanständiges mit diesem wohlgeformten Geschöpf! Nein, danke, liebe Nase. Ich verzichte!

„Mich hat nichts erschreckt. Ich weiß nicht einmal, wie man das Buchstabiert." Bedauerlicherweise war das keine Lüge... E.... R ... Ä? Oder ein E? Verflixt noch mal!

„Mads? Ich kann deine Angst förmlich riechen, also sag mir doch bitte, was in deinem hübschen Köpfchen vorgeht. Vielleicht kann ich dir helfen."

Meine Nase stimmte ihm zu. „Ich kenne dich nicht." Moment! Hübsches Köpfchen? Unerhört! Was erlaubt sich dieser... Gott von einem Wolf!

„Da muss ich widersprechen. Kann man mich so schnell vergessen?" Levi zog einen Flunsch und zwinkerte mir dabei zu.

„Ja." Nein? Ich konnte mir schlecht vorstellen, dass irgendwer ihn jemals vergessen könnte. „Sind wir uns bereits begegnet?"

„Vor ein paar Jahren. Hier. Mit deiner Alphafreundin, die mich von meinem Land vertreiben wollte."

Jetzt klingelte es bei mir. Ich funkelte ihn böse an. „Unser Land!"

„Da kann ich nicht zustimmen. Also? Kann ich dir helfen? Mads?"

Ich seufzte. „Nein. Ich werde vermutlich bald als Omega abgestempelt... Oder... Für Alpha Alva bin ich das längst, und dann muss ich als Sklave zu den Hexen. Damit das Rudel stark bleibt. Sie wollen mich nicht."

„Was?" Levi machte einen erschütterten Eindruck. Das verwirrte mich.

„Schickt dein Rudel nicht die Schwächsten zu den Hexen?" Was?

„Wir haben keine Omegas."

Das überraschte mich. Davon hatte ich noch nie gehört. „Wie das? Aber ihr habt doch sicher schwache Wölfe im Rudel. Eurer Rudel kann doch nicht nur aus starken Überfliegern bestehen?" Das stellte ich mir grauenhaft vor. Obwohl... Wenn alle männlichen Wölfe dort so göttlich... Halt! Stopp! Nein!

„Natürlich haben wir schwache Wölfe, wie den Sohn vom Betaehepaar. Aber wir nutzen den Begriff ‚Omega' nicht, weil er erniedrigend ist." Levi zuckte mit den Schultern. „Und wir schicken sicher niemanden freiwillig in das Sklavendasein! Ich hoffe, irgendwann haben die Rebellen Erfolg und sie stürzen diese Königin!"

Rebellen. Es gab Gerüchte darüber, dass einige Wölfe und Elfen rebellierten. Aber in letzter Zeit waren die Gerüchte verstummt. „Sag das nicht zu laut. Sonst wirst du verhaftet!", warnte ich ihn. „Diese Worte sind gefährlich! Wenn die Soldaten der Königin davon hören..." Es wäre schade um seine herrlich blauen Augen. Ich wollte in ihnen versinken...

WOLF - Die zwei Rudel. (BL)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt