WOLF - Die zwei Rudel. (BL)

Kapitel 8

Mads

Meine Schwester war fürchterlich aufgeregt. Beim Frühstück sprach sie von nichts anderem als dem anstehenden Wettkampf. Auch dass sie eine besondere Rolle bekommen würde, schmeichelte ihr. Meine Eltern hörten ihr mit besorgten Gesichtern zu. Immer wieder wanderte ihr blick zu mir. Dem Sorgenkind.

Auch in der Schule war der anstehende Wettkampf das große Thema. Alle waren aufgeregt, oder fürchteten sich und niemand wusste, was uns erwartete. Außer mir. Uns erwartete mein Untergang. Oder auch nicht. Ich hatte gegen Emmie gewonnen. Und wenn ich gegen Emmie gewinnen konnte, dann konnte ich es auch schaffen, nicht als Omega zu enden!

Mich sprach niemand auf das Thema an. Sie tuschelten nur hinter meinem Rücken. Emmie war ungewöhnlich still. Wir sprachen nur wenig miteinander, doch sie lehnte sich gelegentlich an mich.

„Mads! Du musst es schaffen! Du musst zeigen, was du Wert bist! Du bist so viel wertvoller als viele der anderen", flüsterte sie mir zum Abschied zu. Heute würden wir nicht trainieren, da ihre Eltern wollten, dass sie beim Aufbau für den Wettkampf half. Wir hatten keinerlei Idee, was dies bedeutete. Außerdem erwartete uns ein kleiner Berg Hausaufgaben. Ich beschloss, diese nicht zu machen.

Mein Weg führte mich zur Schlucht. Ich hoffte darauf, Levi wiederzusehen.

Und tatsächlich, nach einer gefühlten Ewigkeit des Wartens, erschien Levi in der Schlucht. Dabei hatte ich gerade beschlossen, nach Hause zu gehen...

„Hey! Mads!", rief er mir zu, während sein angenehmer Geruch meine Nase kitzelte. „Entschuldige wegen gestern. Ich wurde aufgehalten! Und heute wollte ich früher kommen, aber... Ich hatte schon Angst, du wärst bereits weg!"

Er eilte zu mir und setzte sich zwischen die Büsche, wo ich es mir bereits gemütlich gemacht hatte.

„Ich war gerade am überlegen, meinen grandiosen Po nach Hause zu schwingen!", gab ich zu. „Du hast also Glück gehabt."

Levi warf einen beiläufigen Blick auf besagten Po, ich errötete, und grinste. „Welch Glück für mich!"

„Nicht wahr?"

„Du siehst besorgt aus. Was ist los?" Levi legte den Kopf schief und betrachtete mich eingehend. „Du riechst wieder nach Angst. Warum?"

Das brachte mich zum Lachen. „Warum nicht?"

„Ich weiß nicht... Vielleicht weil du zu hübsch bist, um nach Angst zu riechen?"

„Was? Ach, hör doch auf!" Ich wusste sehr wohl, dass ich gut aussah, aber außer Emmie hatte das noch nie jemand zu mir gesagt. Erst recht kein männliches, attraktives Exemplar.

„Also? Was ist es diesmal?", fragte das Exemplar erneut.

„Morgen gibt es einen großen Wettstreit und wenn ich den verliere, dann stempelt man mich als Omega ab und ich lande auf dem Markt. Ich habe ein Gespräch belauscht und es klang so, als kämen bald Soldaten her, um wieder Wölfe mitzunehmen. In der Schule wurde das bestätigt."

„Was? Und du musst mitmachen?"

Ich schüttelte den Kopf. „Ja. Deswegen der Wettkampf. Derzeit haben wir niemanden mit dem Rang ‚Omega' im Rudel. Außer mir, sofern Alpha Alva ihren Willen bekommt."

Das letzte Mal hatten Soldaten vor einem Jahr fünf Wölfe mitgenommen, die alle als Omega abgestempelt wurden. Seitdem hatte sich niemand den Rang langfristig ‚verdient'. Ein Wolf nur hatte es erwischt, doch zwei Wochen später war er den Rang wieder los. Ein echter Glückspilz. Sie brauchten also Wölfe, die sie mit gutem Gewissen abgeben konnten.

„Ich verstehe nicht, warum dein Rudel so grausam ist. Wie lief es denn vorher?"

„Von uns wurde erwartet, sobald wir fünfzehn sind, uns zu raufen und dabei eine gute Figur zu machen und ebenfalls gute Jäger zu sein. Gute Schulnoten schaden auch nicht. Mit allem drei kann ich nicht dienen. Spätestens mit dem sechzehnten Geburtstag war man ein Omega, oder eben nicht. Aber der Kampf um den Rang geht danach weiter."