★Kapitel 7.2★

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Stundenlang versuchte sie es.
Es musste schon um die Mittagszeit rum sein. Auch nachdem Varden und Eddrick fort waren, klappte es einfach nicht.

Jetzt war es totenstill in dem großen Saal und obwohl sie jetzt das Gefühl hatte, sich voll und ganz auf die Kerze zu fokussieren, rührte sich rein gar nichts. Sie hatte bereits an alles gedacht, was ihr zum Thema Luft einfiel, wie Varden es ihr gesagt hatte.
Sie versuchte sich wirklich auf die Magie einzulassen, doch irgendetwas hielt sie einfach zurück. Es war wie bei eine Art Blockade. Yvaine wusste genau was passieren sollte und probierte alles Mögliche, damit es gelang und doch funktionierte es nicht.

Nach einer Weile rieb sie sich die Schläfen und machte komische Bewegungen mit ihren Augen.
Sie ließ sie kreisen und schloss und öffnete sie abwechselnd, um den Druck zu lindern, der ihr allmählich Kopfschmerzen bereitete.
Yvaine konnte spüren, wie ihre Augen in den Augenhöhlen pulsierten.
Das war auch kein Wunder, nachdem sie so lange in die helle Flamme gestiert hatte.
«Das bringt doch alles nichts.», seufzte sie gedehnt. Vielleicht würde sie es ja nie lernen und Varden hatte sich geirrt.

Yvaine atmete tief durch, stand auf und ging zum ersten Mal nach unten in die Küche.

Jetzt erst merkte sie, wie ihr Magen vor Hunger grummelte.
Als sie die steinernen Stufen hinabstieg versuchte sie die kläglichen Magieversuche zu verdrängen und nahm sich vor, erst einmal eine lange Pause einzulegen.

In der Küche war es kühler wie im Übungsraum und in der Luft hing ein angenehmer Geruch, der Yvaines Magen laut knurren ließ.
Sie legte reflexartig die Hand auf den Bauch.

Die Küche war anders, als Yvaine sie sich vorgestellt hatte.
In einem uralten Schloss, hatte sie auch eine uralte Küche erwartet, mit Holztischen, vielen Kräutern, Metallkesseln und einem offenen Ofen. Als Yvaine nun den Fuß der Treppe erreicht hatte, staunte sie nicht schlecht, als sie in eine geräumige moderne Einbauküche blickte.
Die Schränke waren in einem eleganten Grauton gehalten, der sich an die Mauern des Schlosses anpasste.
Alles war so, wie Yvaine es auch von zu Hause kannte.
Ein langer zweitüriger Kühlschrank, ein Ofen mit Herdplatte, der ebenfalls eine mittelgraue Farbe hatte, eine lange Küchentheke.

Vor dem breiten Herd stand Eddrick.
In einer gleichmäßigen Bewegung rührte er gerade in einem Topf herum, die Augen fixiert auf den Inhalt gerichtet.
Als Yvaine näher an ihn heran trat, sah er mit einem flüchtigen Blick auf, widmete sich aber schnell wieder dem Rühren.
«Hallo Yve. Was verschlägt dich denn hier runter?»
Yvaine lächelte leicht und verschränkte die Hände ineinander. Sie trat noch näher an ihn heran und spähte ihm über die Schulter.
«Ich mache gerade eine kleine Pause. Was kochst du da?»

Noch immer rührte Eddrick in dem Edelstahltopf herum. Yvaine erkannte eine gelbliche Substanz.
«Das ist Pudding. Den wollte ich dir gleich bringen. Du wirst sehen, dass diese Süßigkeit Wunder bewirken kann.»
Er schenkte ihr ein schmales Lächeln. Seit sie sich ausgesprochen hatten, war diese Distanz, diese dunkle Wolke, die über ihnen hing, wenn sie sich sahen, einfach verschwunden.
Yvaine kam es nun so vor, als würde sie ihn schon ihr Leben lang kennen und unwillkürlich erfasste sie wieder der Gedanke, wie anders alles hätte sein können, wenn dieser Crowley nicht an die Macht gekommen wäre.

«Das ist wirklich lieb, danke.
-Und du hast Recht. Nach etwas Süßem geht es einem gleich viel besser. Meine allerliebste Süßigkeit ist allerdings Schokolade. Aber nicht die dunkle Bitterschokolade, bäh! Nein, die ist wirklich ungenießbar.»
Eddrick schmunzelte wieder und betrachtete sie mit einem langen Blick, bevor er antwortete.
«Dann tut es mir leid dich enttäuschen zu müssen, aber ich liebe Bitterschokolade.»

Eddrick hatte seinen Satz noch nicht beendet, da dachte Yvaine schon an ihren Vater.
Der war wahrscheinlich gerade noch im Blumenladen und hatte keine Ahnung von all dem hier.
«Es tut mir übrigens leid, dass ich vorhin so laut geworden bin.», begann sie sich zu entschuldigen.
Sie öffnete gerade eine der Schubladen, neben dem Herd, in welcher ordentlich gereiht verschiedene Messer lagen.
«Ist nicht so schlimm. Wir beide wissen, dass es sehr schwer für dich ist und wollten dich wirklich nicht stören.
Du hast nur das getan, was in dem Moment das Richtige für dich war.»

Federn aus PechWo Geschichten leben. Entdecke jetzt