.Kapitel 6. (Fertig)

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Oh mein Gott, ich glaube echt ich kann kein Blut sehen, das konnte ich noch nie. Als ich mir als Kind mal in den Finger geschnitten hatte, wurde ich wegen zwei Tropfen Blut schon Ohnmächtig, oder als meine Katze überfahren wurde, da bin ich zwei Wochen nicht mehr aus dem Haus gegangen, weil ich das Bild einfach nicht mehr aus dem Kopf bekommen hatte. Noch einmal musste ich mich übergeben. Ich hasse es, ich und meine schwachen Nerven! Ich hätte ihn wenigstens verarzten können, kein Mensch verdiente es zu bluten. Selbst Schuld Kiki, hättest du in der Schule nicht immer diese Erste- Hilfe Kurse geschwänzt, hätte ich ihm viel, viel besser helfen können. Auch wenn er ein krimineller Mistkerl war, der mich aus meinem Leben gerissen hatte, Schusswunden verdiente niemand. Meine Sicht der Dinge war in manchen Fällen einfach Hoffnungslos sozial und viel zu romantisch. Hätte e ihn überhaupt interessiert, wäre ich angeschossen worden? Wahrscheinlich nicht. Und genau das war ja das Problem.

                                       

Plötzlich konnte ich ihn leise kichern hören, na gut jedenfalls ging es ihm besser. Ziemlich erstaunlich, wenn man mal in betracht zog, das er sich soeben einen Streifschuss zugezogen hatte. Ich musste mich nun zum dritten mal übergeben, und plötzlich spürte ich große, warme und von körperlicher Arbeit, leicht raue Hände in meinem Nacken, die mir dort die Haare zusammen hielten. Daraufhin übergab ich mich gleich noch einmal, bis endlich nichts mehr hoch kam, beziehungsweise mein Magen restlos leer war. Ich richtete mich wieder auf, und strich mir mit der Hand über meinen Mund. Dann stieg ich aus, wich meinem Erbrochenem aus und stieg auf der Beifahrerseite wieder ein, Perry war schon wieder auf den Fahrersitz gerutscht, und hatte sich diesmal sogar wieder angeschnallt. ,,Darf ich dich eigentlich mal was fragen?", fragte ich leise und etwas unsicher, wie würde er reagieren? Er zuckte mit den Schultern und nickte ,,Warum nicht?", er klang erstaunlich gelassen, dafür das er beim letzten mal, als es um dieses Thema ging, beinahe ausgerastet wäre. Einen Moment lang überlegte ich, wie ich die Frage am besten Stellen konnte, doch da ich im Moment eh nicht mehr viel zu verlieren hatte, entschloss ich, es einfach auszusprechen, konnte ja nicht schaden, oder? ,,Warum habe ich dir geholfen? Warum bin ich nicht weggelaufen?", eigentlich war es doch eher eine Frage an mich selbst und ich verachtete mich dafür, sie ausgesprochen zu haben. In meinem Magen machte sich ein mulmiges Gefühl breit, die Angst vor seiner Antwort die nun folgen würde. 



Er dachte beim fahren lange nach und sah mich dann schließlich von der Seite an ,,Weil du mich nicht hassen kannst, du willst es, aber du kannst es nicht. Etwas an mir zieht dich an und etwas an dir zieht mich an. Aber es wäre für uns beide besser, wärst du weggelaufen und hätte ich dich doch umgelegt. Aber das ist nun alles nicht mehr zu ändern.", er klang ziemlich Ernst und Nachdenklich. Mehr sagte er zu diesem Thema nicht und ich war ziemlich geschockt von seiner Antwort, konnte so etwas überhaupt sein? Konnte es sein, das man jemanden der einem so etwas tat, nicht vollständig hassen konnte? Wahrscheinlich schon, denn ich hasste ihn nicht so, wie ich es mir einreden wollte. Seine Person faszinierte mich in gewisserweise und ich wollte herausfinden, warum er das tat was er tat. So war es schon immer gewesen, ich hatte mich immer für die besonderen, außergewöhnlichen Leute interessiert, für ihre Geschichte und ihre Gründe. Keine überaus positive Eigenschaft.



Seine wunderbare raue Stimme meldete sich wieder, als er sagte ,,Vielleicht habe ich ja noch eine Frage, warum glaubst du, dass du hier in diesem Wagen sitzt, hier bei mir und nicht auf dieser dämlichen Weihnachtsfeie ohne anständige Musik?" Neugierig schaute er mich aus dem Augenwinkel an, vielleicht ein bisschen zu neugierig, so als würde er den Grund für meinen, nicht ganz freiwilligen Aufenthalt, hier in diesem Fahrzeug selbst nicht kennen, oder zumindest nicht den ganzen. Doch das konnte ja eigentlich nicht sin, schließlich musste er ja irgendeinen Plan haben, oder etwa nicht? Ich ließ mir mit meiner Antwort Zeit und überlegte lange und gründlich, gab es einen Grund warum ich hier war? Sicher, mein Vater hatte einen hohen Posten zu Hause in Bayern, einen Posten bei dem er überwiegend Ansehen, Respekt und vor allem eine gute Bezahlung bekam. Aber Drohungen, oder so etwas in der Art, hatte es noch nie vorher gegeben. So etwas gab es nur in den Hollywood Streifen, aber nicht in Deutschland. Wobei, da war ich mir selbst nun nicht mehr so ganz sicher. Vielleicht hatte ich von Drohungen, falls es welche gab, nie etwas mitbekommen, weil meine Eltern mich behütet lassen wollten. Feinde hatte ich, oder meine Eltern auch nie gehabt, also so weit ich mich erinnern konnte.



Da ich ihm wohl nicht schnell genug eine Antwort gab, kam er selber auf einen logischen Rückschluss. ,,Du hast selber keine Ahnung, nicht wahr?", nun schien er noch interessierter als vorher, aber er ging nicht weiter auf das Thema ein, stattdessen drehte er die Musik wieder auf und klopfte ganz leicht, mit den Fingern auf dem Lenkrad, den Takt mit. Einen kurzen Moment lang, als ich die Interesse in seinem Gesicht gesehen hatte, dachte ich er würde sich öffnen, mir die ganze Situation etwas erträglicher machen. Aber natürlich tat er da nicht, wir schwiegen uns an und ich fragte mich, warum ich auch nur einen Moment lang daran geglaubt hatte, dass nicht alles was er tat und sagte, eine Fassade war, die es galt aufrecht zu erhalten, um sich mein Vertrauen zu erschleichen. Er durfte mich wohl wirklich nicht beseitigen, jedenfalls noch nicht jetzt. Nur warum blieb er dann nicht in seiner Rolle, was brachte ihn dazu, alleine good Cop, Bad Cop zu spielen? War er nervös, oder gehörte das einfach zu seinem, vielleicht, oder vielleicht auch nicht vorhandenem Plan dazu?


Ich würde den Grund vielleicht ne erfahren, ich wusste ja nicht, wie viel Zeit mir überhaupt noch bleib, und ob ich jemals den Grund für das alles hier herausfand. Und so zogen und kreisten meine Gedanken in meinem Kopf herum, während ich aus dem Fenster starrte und zusah, wie Bäume und Büsche an meinem Fenster vorbeiflogen. Irgendwann, nach ein bis zwei Stunden, bekam ich Kopfschmerzen davon und schloss die Augen, um nicht mehr so zu starren. Doch meine Gedanken kamen nicht mehr zur Ruhe.



Mein warmherziger Killer Teil 1 (Abgeschlossen )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt