Hannah ☆

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Einen letzten Blick nach hinten werfend stapfte ich weiter durch den Schnee, ohne irgendein genaues Ziel vor Augen zu haben. Weißer Nebel umschloss das Gebiet und ich hatte mittlerweile schon keine Ahnung mehr, ob ich wirklich runter lief oder doch auf der gleichen Höhe blieb.

Ein Schrei, auf den ich keine Antwort bekam, ließ schließlich auch meinen letzten Hoffnungsschimmer verglühen. Keine Menschenseele war hier, nur ich und mein schwarzes unbrauchbares Handy. Die Sonne versteckte sich hinter einer riesigen dunklen Wolke, die die Umgebung immer schwärzer werden ließ.

Ängstlich schaute ich mich um und versuchte meine Augen an die plötzliche Dunkelheit und den Nebel zu gewöhnen, woran ich allerdings kläglich scheiterte. Ich riss die Augen auf, was augenblicklich dazu führte, dass sie anfingen zu tränen und ich sie wieder zukneifen musste.

Halb blind stapfte ich weiter runter, zumindest mit der Hoffnung, dass es runter ging.

Meine Gedanken schweiften zu Zoe, doch so sehr ich mich auch anstrengte, es blieb bei den Gedanken und es tauchte auch kein Bild vor meinem inneren Auge auf. Tränen schossen mir in die Augen, die nicht vom Nebel ausgelöst worden waren.

Das bedeutete wohl doch nicht, dass Zoe nicht überlebt hatte, oder? Warum war aber sonst die Verbindung abgebrochen?

Ich schüttelte über mich selbst den Kopf. Ich glaubte doch nicht ernsthaft, dass Zoe es nicht geschafft hatte? Zoe, die Zoe, die ich kannte, würde sich von nichts abhalten oder unterkriegen lassen. Sie würde ihr Ding machen und erst recht nicht unter einem Haufen Schnee ihre letzten Atemzüge tun.

Nein, es musste einen anderen Grund haben, warum die Verbindung abgebrochen war. Ich wischte mir die Tränen weg und setzte den linken Fuß vor den rechten, um in langsamem Tempo weiterzukommen.

Die Kälte durchschnitt mich förmlich und ich presste meine Arme noch fester um meinen Körper. Erst jetzt bemerkte ich, dass es bereits dunkel wurde. Nicht nur wegen den Wolken, sondern auch weil die Sonne unterging. War der Tag etwa schon rum? Das konnte doch nicht wahr sein. Wo sollte ich übernachten? Hier gab es doch keinen Unterschlupf oder sowas. Ein Aufblitzen eines hellen Lichtes direkt vor mir riss mich aus meinen Gedanken. Ich öffnete meine Augen noch ein Stück weiter und beobachtete die Umgebung vor mir ganz genau.

Die letzten Sonnenstrahlen erhellten in diesem Moment den Weg vor mir. Dort konnte ich ganz leichte Umrisse von einem Haus sehen. Eine Hütte. Moment mal, eine Hütte?!

Vor Glück aufspringend hüpfte ich von einem Fuß auf den anderen. Eine Hütte, eine Hütte, in der ich bleiben konnte. Langsam stapfte ich auf das kleine Häuschen zu.

Etwas blendete mich ein zweites Mal und als ich nähergetreten war, erkannte ich die Tür der Hütte, an der etwas baumelte, von dem das Licht ausging. Ich streckte meine Hand aus und meine Finger berührten baumelndes Glas. Ich erschrak und zuckte zurück. Mein Atem beschleunigte sich.

Ein zweites Mal streckte ich nun meine Hand aus und riss das Etwas an der Tür vom Haken. Als ich es näher betrachtete, erkannte ich, dass es ein Fernglas war. Augenblicklich lief mir eine Gänsehaut den Rücken hinunter. Lebte in dieser Hütte etwas jemand?

Nach kurzem Zögern klopfte ich mit der Faust gegen die Tür.

„Hallo?", krächzte ich mit kratziger Stimme. Ich bekam keine Antwort. Nirgendwo in der Hütte brannte Licht, Vorhänge waren vor die Fenster gezogen, oder zumindest vor das eine Fenster, welches ich direkt neben der Tür ausmachen konnte. Kein einziges Zeichen also davon, dass dort jemand lebte. Mein Herzschlag verdoppelte sich, als ich die Türklinke in die Hand nahm. Ich zählte im Kopf stumm bis zehn und drückte die Klinke dann ganz langsam nach unten. Ein leises Quietschen entfuhr dem alten Metall und ich kniff reflexartig die Augen zusammen, drückte die Tür dennoch stückchenweise auf.

Als sich nichts rührte, öffnete ich langsam das linke Auge. Ein stockdunkler Raum lag vor mir.

Ich spürte meinen Herzschlag und hörte meinen hastigen Atem. Mit langsamen Schritten tastete ich mich zu der Wand und berührte altes nasses Holz. Mit geschlossenen Augen, da ich mit offenen Augen genauso wenig gesehen hätte, suchte ich nach dem Lichtschalter oder irgendeiner Möglichkeit, die mir etwas Licht ermöglichte.

Als ich mit langsamen Schritten durch den Raum tigerte, knallte ich mit dem Knie gegen einen Tisch. Ein leises Stöhnen entfuhr mir und ich presste mir sofort die Hand auf den Mund.

Dennoch tastete ich mit meinen Händen den Tisch ab und wurde schließlich auch fündig. Ich nahm eine kleine Schachtel in die Hand, schüttelte sie einmal ganz leicht und versuchte sie zu öffnen. Mit zittrigen Fingern schob ich ein Streichholz daraus hervor und zündete es schließlich an. Die kleine Flamme erhellte den kleinen Raum augenblicklich und ich erkannte mit zusammengekniffenen Augen und ängstlichem Blick, wo ich hier gelandet war.  

Winter des TodesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt