Zoe ♡

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Sie sitzen alle zusammen auf dem Sofa. Julian ist nach drei Stunden wieder nach Hause gekommen und hat seitdem kein Wort gesagt. Nun sitzen sie auf dem Sofa und starren alle die gleiche Ecke des Raumes an, die in der das Telefon steht, mit der unglaublich großen Hoffnung, es würde bald klingeln.

Diese drückende Stille fühlt sich für jeden sehr unangenehm an und dennoch ignorieren sie es, da sie die Gedanken des jeweils anderen förmlich über den Köpfen lesen können.

Julians Blick gleitet langsam vom Telefon in die linke Ecke, zum Weihnachtsbaum und er lächelt leicht.

„Papa, der Weihnachtsbaum ist so genau richtig, immer gleich ist wirklich langweilig.", sagt er schließlich.

Sein Vater dreht sich zu ihm, lächelt und nickt ihm dankbar zu. Danach herrscht wieder Stille. Julian war klar, dass er damit kein Gespräch würde beginnen können, wollte er aber auch gar nicht, es war ihm nur so unglaublich wichtig, seiner Schwester Recht zu geben, die kein Problem mit dem Baum hatte. Die den Baum genau so gut fand, also findet er das jetzt auch.

Er wendet sich wieder dem Telefon zu und stellt sich bildlich vor, wie es anfangen würde zu klingeln und seine Mutter aufspringt und das Gespräch entgegennimmt. Es bleibt allerdings stumm.

Plötzlich klingelt es an der Tür. Ein leises Läuten, aber dennoch von überall in dem Haus hörbar. Veronika und Thomas zucken gleichzeitig zusammen und springen auf. Julian springt ebenfalls auf, spurtet allerdings nicht wie seine Eltern in den Flur, sondern bleibt im Türrahmen stehen.

Die Tür wird aufgerissen und davor steht Toni, der Vermieter der Ferienwohnung und ein guter Freund der Familie.

„Hey, ich wollte meine Lieblingsgäste mal besuchen kommen!", grinst er die beiden an, die ihn nur vollkommen enttäuscht anstarren.

„Naja kommt, also ein bisschen Begeisterung dürft ihr schon zeigen, mir zuliebe."

Als sich an dem Gesichtsausdruck der beiden nichts ändert, wird Toni hellhörig und stutzt.

„Ist alles in Ordnung? Was ist los?"

Veronika löst sich aus der Starre und bittet Toni hereinzukommen. Sie bietet ihm ein Glas Wasser an und als sie schließlich allesamt wieder auf dem Sofa sitzen, fragt Toni erneut ungeduldig nach.

„Wo ist denn eigentlich Zoe?", schiebt er noch hinterher und da reicht es Veronika und sie bricht in Tränen aus.

„Oh Gott, hab ich was Falsches gesagt?"

„Nein, hast du nicht, bzw. vielleicht irgendwie schon.", druckst Thomas herum.

„Jetzt rückt aber mal raus mit der Sprache!"

„Zoe wird vermisst, sie wollte zum See und ist jetzt seit zwei Tagen unauffindbar, die Polizei kann nichts mehr machen, weil sie nichts weiß, wir wissen nichts!" Veronika zittert, als hätte sie sich selbst vor ihrer Stimme erschrocken.

„Wir können nur auf einen Anruf warten, wenn sie doch noch etwas herausfinden.", ergänzt Thomas und legt einen Arm um seine Frau.

Eine Weile sagt Toni erstmal gar nichts, aber an seinem Blick kann man genau ablesen, wie erschrocken er ist. Er hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit.

„Oh nein! Und die können wirklich gar nichts machen?", fragt er schließlich mit erstickter Stimme. Man sieht leichte Tränen in seinen Augen schimmern.

„Nein!", bedauernd schüttelt Thomas den Kopf.

„Und ich wollte sie gerade fragen, ob sie mit zu den Kaninchen kommen mag." Traurig senkt er den Kopf und reibt sich einmal über die Augen.

Zoe ist ihm so wichtig, als wäre er ihr Vater. Er hat ihr das Skifahren beigebracht, war mit ihr Schlitten fahren, hat mit ihr seine Kanninchen gefüttert und noch so viel mehr. Sie wurde ihm immer wichtiger und hat ihm gezeigt, wie es sich anfühlen muss, ein Kind zu haben, da er selbst nie ein Leibliches haben wird.

Toni sackt auf dem Sofa zusammen und lehnt sich mit seinem ganzen Körpergewicht gegen die Lehne. Traurig schaut er in die Runde.

„Ich warte mit euch!", entscheidet er. Veronika schaut ihn dankbar an und kuschelt sich an Thomas. 

Winter des TodesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt