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,,Dad?!", rief ich verzweifelt in der Dunkelheit.

,,Dad! Wo bist du?"Ich konnte nichts sehen...es war zu benebelt. Plötzlich stand mein Vater vor mir. Er sah genau so aus wie in meinen Erinnerungen...genauso wie vor vielen Jahren.

Schnell umarmte ich ihn mit Tränen in meinem Gesicht. Ich spürte wie eine kleine Träne meine Wange hinunterkullerte und auf das graue T-Shirt meines Vaters tropfte.

,,Dad...ich...ich..." Meine Stimme versagte. Ich bekam kein einziges Wort heraus. Meine Gefühle waren ein Mix aus Glück, Trauer und Furcht zugleich.

Er fing an mir durch meine Haare zu streichen.

,,Hast du denn keine Schuldgefühle Alice?", fragte er mich mit einer düsteren Stimme. Ruckartig wich ich von ihm.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen starrte ich in sein finsteres Gesicht, dass nun keinen Funken an Wärme und Freundlichkeit mehr besaß.

,,Wovon redest du denn, Dad? Ich...ich..."
Mein Vater legte mir seinen Finger auf meine Lippen...als Zeichen das ich still sein sollte.

Als hätte man mir den Mund mit Klebeband zugeklebt wurde ich still.

,,Du weißt wovon ich rede Prinzessin...Das Mädchen, Lucas und...und ich."
Die Tränen vermehrten sich und ich fing an zu zittern.

Auf was genau wollte er hinaus? Wollte er damit andeuten, dass alles meine Schuld ist? Wollte er mir klar machen, dass diese Menschen jetzt noch leben würden, wenn es mich nicht gäbe?

,,Nein...Nein das war nicht meine Schuld!"
Meine Stimme zitterte so sehr, sodass man kaum ein Wort verstand.

Mein Vater nickte nur leicht. Sein Gesicht war schmerzerfüllt, wie das Gesicht eines Vaters der gerade seiner 3-Jährigen Tochter beibringen musste, dass es keine Zahnfee gab.

,,Doch Alice...Es ist alles deine Schuld. Der Tod all dieser Leute..."
Ich schloss kurz die Augen und als ich sie wieder öffnete, stand das kleine Mädchen vor mir.

Die Haare des Mädchens waren wild zerzaust und sie hatte kahle Stellen am Kopf. Über ihrem Gesicht waren viele blaue Flecken und Blutergüsse verstreut.

Das arme Ding sah extrem abgemagert und ungesund aus. Nein...es sah genauso aus wie an dem Tag als ich sie das erste und das letzte mal sah...

,,Warum hast du mich sterben lassen?", fragte sie mit einer traurigen Stimme. In diesem Moment brach ich zusammen. Ich kniete vor ihr nieder und hielt mir meine Hände vor mein Gesicht.

,,Es tut mir leid...ich...ich konnte nicht."
Ich weinte zu stark um den Satz noch beenden zu können. Auf einmal spürte ich eine Hand auf meiner Schulter.

,,Gib's doch zu du wolltest uns sterben sehen."
Ich blickte auf und nun stand Lucas vor mir.

,,Nein! Auf keinen Fall! Ich...nein...neinnn!"

Blitzschnell wachte ich auf. Ich riss meine Augen weit auf und wusste nicht was gerade passiert war. Schläfrig rieb ich mir meine Augen, richtete mich langsam auf und stieg aus meinem Bett.

Mit schweren Schritten ging ich in mein Badezimmer. Als ich in den Spiegel schaute bemerkte ich das mein ganzes Gesicht nass war. Meine Haare waren ebenfalls sehr zerzaust und sahen einfach schrecklich aus.

,,Schon der 3. Albtraum diese Woche...wow...neuer Rekord.", flüsterte ich zu meiner Reflektion im Spiegel und wischte mir die Schweiß & Tränen Mischung aus meinem Gesicht und kämmte ein bisschen (oder versuchte es zumindest) das Vogelnest auf meinem Kopf.

Als ich flüchtig auf meine Uhr kuckte, sah ich das es 05:00 Uhr Morgens war. Ich wusste, dass ich höchstwahrscheinlich nicht mehr schlafen konnte. Aus diesem Grund ging ich in meine kleine Küche und machte mir einen Café.

Milch und Zucker durften bei mir auf keinem Fall fehlen. Immer noch müde, nahm ich die volle Kaffeetasse und setzte mich an meinen Tisch.

Genüsslich nahm ich einen Schluck und schaute dann auf mein Handy. Das erste was ich sah, war eine Erinnerung die an mich selbst geschickt wurde.

,,Therapeut! Um 11:00 Uhr!"
Schnell schaltete ich mein Handy wieder aus und schlug es genervt auf den Tisch. Seit diesem Vorvall mit dem Mädchen hatte ich keine ruhige Nacht mehr. Natürlich machte sich mein Onkel sorgen um mich, deswegen schickte er mich zu einer Möchtegern - Therapeutin.

Die hatte doch einen Knall. Außerdem fand ich sie unsympathisch und extrem hochnäsig, doch meinem Onkel zuliebe ging ich ungefähr einmal in zwei Wochen zu ihr.

Währe mein Onkel nicht, hätte ich dieser verrückten schon längst meine Meinung ordentlich ins Gesicht gesagt.

Wie ich diese Frau hasse...

The woman- and the traitorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt