Es war Mittag, als der Kazekage auftauchte. Sofort wurde es lauter im Saal. Die Kinder flüsterten miteinander, während der Mann mit dem rötlichen Haar und gerader Haltung durch die Reihen schritt. Uns Kinder beachtete er eher weniger. Vielmehr die Heimleiterin, welche ihn schon mit einem milden Lächeln erwartete. Erst einmal hatte ich ihn gesehen. Damals hatte er eine Rede gehalten. Bestimmt zwei Jahre war das her. Und die Erinnerung daran war dunkel. Zumal es eine Kriegsrede gewesen war um uns, den Bewohnern von Sunagakure Mut zu machen. Das war kurz nachdem sie Haru mitgenommen hatten.
Jetzt war er nicht allein. Er hatte einen Jungen bei sich, der vielleicht ein oder zwei Jahre jünger als ich war. Sein Haar war von einem dunklen Braun, ebenso wie die Augen. Aufrecht stand er neben seinem Vater und sah sich um. Vermutlich war er der Sohn des Kazekagen. Aber ich wusste nicht, warum er ihn mitgenommen hatte. Auch die Heimleiterin wirkte verwirrt über dessen auftauchen. Ich quetschte mich durch die vielen Kinder, um ein bisschen mehr von ihrem Gespräch mitzubekommen.
„Kankuro wollte unbedingt mit", erklärte er der älteren Dame, die verstehend nickte. Trotzdem wirkte sie überrascht.
Der Junge sah sich derweil um. Zu den Kindern, den schäbigen Tischen, dem Essen, das vermutlich nicht einmal ansatzweise an das herankam, was er daheim auf den Tisch bekam. Warum wollte also jemand wie er, der eine Familie und genug zu essen hatte, an einen Ort wie diesen kommen? Als sein Blick mich streifte, erwiderte ich ihn. Er schreckte nicht zurück. Sah mir in die Augen, trotz der einseitigen Erblindung.
Ich starrte zurück, bis er sich abwandte. Scheinbar gelangweilt, während ich innerlich triumphierte. Wenn er meine Blicke spürte, ließ er es sich nicht anmerken. Meine Suppe hatte ich ganz vergessen. Die war inzwischen bestimmt kalt. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass Akio versuchte danach zu angeln. Er saß nur zwei Plätze entfernt und sein Stuhl wackelte bedrohlich, stand er doch direkt am Rand eines alten Teppichs. Ganz langsam stellte ich mich an dessen anderes Ende und schob meinen Fuß darunter, nur um anschließend daran zu ziehen.
„Waah", machte Akio nur und fiel vornüber. Mit dem Kopf voran in die Suppenschüssel. Es schepperte laut und nahezu alle Köpfe in der Halle schossen zu Akio herum, der sich gerade so an der Tischkante hatte festklammern können. Die Haare nass von der Soße, starrte er wütend um sich.
Ich musterte ihn, während die Schadenfreude in mir zunahm. Das hatte er nun von seinem Egoismus. Mir war klar, dass er es in den nächsten Tagen wohl herausfinden würde. Aber dieser Streich war es mir wert gewesen. Schließlich hatte mir die gestrige Situation gezeigt, dass ich nicht hilflos war. Und ich würde mich wehren. Mit meinem Verstand. An meiner Kraft würde ich arbeiten. Und wenn ich es schaffte, dass Akio mich nicht länger terrorisierte, dann konnte ich auch, wenn ich eines Tages aus dem Heim heraus war, in der Wüste überleben.
Der Kazekage ignorierte den Aufruhr und beugte sich zu der Heimleiterin herab, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern. Währenddessen blickte sein Sohn neugierig zum Geschehen herüber. Akios Blick verdüsterte sich durch das Gelächter zunehmend. Selbst seine Kumpel hatten nicht an sich halten können. Grinsend klopften sie ihm auf den Rücken.
Als ich wieder zum Kazekage zurückblickte, war er verschwunden. Ebenso wie die Heimleiterin und sein Sohn. Unmerklich begann ich damit mich von Ort des Geschehens zu entfernen. Eine Betreuerin war zu Akio geeilt, um ihm zu helfen, während die anderen Kinder sich nur langsam wieder ihrem kalten Essen zuwandten.Schnell verschwand ich aus der Halle, auf der Suche nach den ungewöhnlichen Besuchern. Ich vermutete, dass sie sich einen Platz suchten, an dem sie ungestört miteinander sprechen konnten. Es interessierte mich mehr als nur brennend was der Kazekage hier machte. Dass er das Heim unterstützen wollte, wusste ich. Aber vielleicht ging es ja nicht nur darum.
Trotz meiner Neugierde wurde ich nicht unvorsichtig. Leise bewegte ich mich durch die leeren Gänge des Heimes. Lauschte nach Schritten oder anderen Geräuschen. Nichts rührte sich. Die Wände waren leer und karg. Der Putz hing zum Teil herunter und in den Ecken an der Decke hatten sich viele Spinnen eingenistet.
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die Schrottsammlerin
FanfictionAsna ist eine von vielen Kriegswaisen in einem Kinderheim von Sunagakure. Dass aus ihr eines Tages, die vielerorts gefürchtete, wie bewunderte Schrottsammlerin wird, hätte sie im zarten Alter von acht Jahren wohl niemals erwartet.