10. Vorbilder

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3 Jahre später

Asna (14 Jahre)

Darum bemüht möglichst leise zu sein, durchsuchte ich den Schrotthaufen. Hier am Rande von Sunagakure schmissen die Bewohner all die Dinge hin, die sie nicht mehr brauchten. Es war ein düsteres Eck, auch nicht weit vom Viertel der Asche entfernt. Normalerweise waren hier auch nicht allzu viele Leute unterwegs. Aber man konnte schließlich nie wissen.

Einmal im Monat wurde das ganze Zeug dann fortgeschafft. Aber erst einmal konnte ich mich hieran bedienen. Es gab allerlei Nützliches zu sammeln. Von abgewetzten Gürteln über alte Kunai, bis hin zu praktischem Holz. Manche warfen hier sogar alte, kaputte Möbel hin. Holz hortete ich wie einen kostbaren Schatz. Besonders für die eiskalten Nächte. Zwar lebte ich in meinem Verschlag noch immer allein. Aber hin und wieder kamen mich Akuma und seine Schwester besuchen.

Wir waren inzwischen sowas wie Verbündete. Agierten gemeinsam, um zu überleben. Woher sie kamen, hatte sie mir nie verraten. Und das war auch nicht wichtig. Nur, dass wir uns aufeinander verlassen konnten.

Zufrieden zog ich mehrere eiserne Rädchen zwischen dem Schrott hervor und steckte sie mir in die Taschen. Für das an dem ich gerade bastelte äußerst nützlich. Allgemein versuchte ich mich an vielen Dingen. Ich wollte nicht kämpfen oder mich verteidigen wie die anderen. Sondern für den Fall, dass es einmal ungemütlich werden könnte, vorbereitet sein. Die Überraschung auf meiner Seite haben.

Ich besaß kein Kekkei-Genkai oder ein herausragendes Talent. Alles war selbst erarbeitet. Zwar konnte ich mich inzwischen passabel verteidigen aber längst nicht so wie ich es gerne hätte. Und diese Bilder, die ich manchmal vor Augen hatte, wenn ich jemanden berührte, sie waren mir im Kampf mehr im Weg, als, dass sie mir halfen. Das hatte mir vor ein paar Monaten fast das Leben gekostet.

Ohne Kairi wäre ich vermutlich draufgegangen. Es war mir wie ein Wunder vorgekommen, dass sie sich in der Nähe befunden hatte. Irgendwie hatten wir einen Draht zueinander. Ich behielt sie im Auge und sie mich. Auch auf ihre Töchter schaute ich, wann immer es mir möglich war. Die waren inzwischen auch ein bisschen größer geworden.

Beide gingen sie inzwischen auf die Akademie. Während die eine sich lieber zurückzog und ihren eigenen Gedanken nachhing, verbrachte ihre Schwester viel Zeit mit dem Sohn des Kazekagen, Kankuro. Da schien sich eine kleine Freundschaft gebildet zu haben. Der würde mich nun vermutlich nicht mehr erkennen. Eigentlich niemand bis auf Kairi wusste noch, dass ich am Leben war. Alle hatten sie mich abgeschrieben. Wie sollte eine achtjährige auch allein in den Gassen Sunagakures überleben. Vor allem im Viertel der Asche? Wo es dort doch so gut wie nichts außer Trümmern gab.

Kairi hatte inzwischen akzeptiert, dass ich ihre Hilfe nicht annehmen würde. Nur einmal, vor ein paar Monaten, als mich eine Straßenbande zusammengeschlagen hatte, da war ich auf sie zugekommen. An ihr Gesicht konnte ich mich noch gut erinnern. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie mich nicht mehr gehen lassen. Aber es ging nicht. Wir lebten in verschiedenen Welten. Ich hatte das Leben auf der Straße gewählt und würde es wieder tun. Nicht zuletzt, weil vor allem in der letzten Zeit die Gewalt der Shinobi gegenüber den Hai no hitoodoriji dem Volk der Asche, oder kurz Hai, zugenommen hatte.

Auf dem Markt hielt man verstärkt nach verdreckten, heimatlos wirkenden Erwachsenen oder Kindern Ausschau. Kurz vor meinem Unfall, war Yun auf mich zugekommen. Gemeint, ich könnte jederzeit zurückkommen. Dass er mir helfen könnte. Wieder hatte ich abgelehnt. Er wusste, dass ich ihm nicht traute. Ganz sicher. Also wozu kam er immer wieder zu uns. Auch mit anderen Hai sprach er ab und an. Ich verfolgte das Ganze mit misstrauischem Blick.

Akuma und Yui waren vor einer Woche von einem Chunin ziemlich in Bedrängnis gebracht worden. Eigentlich hatten sie ihn gar nicht beklauen wollen, aber anscheinend hatte er sich ziemlich über uns Hai ausgelassen. Und bei Akuma brannten ziemlich schnell die Nerven durch. Nur durch einen kleinen Trick meinerseits war es uns gelungen zu entkommen. Mich hatte der Chunin glücklicherweise nicht auf dem Schirm gehabt.

Die Flucht war ziemlich schwierig gewesen, hatte die Verstärkung doch aus ein paar allzu bekannten Shinobi bestanden. Unter anderem Raidon und Akio. Ob mich der Jonin erkannt hatte, wusste ich nicht. Vermutlich hatte er mich längst wieder vergessen.

Um seinen Sohn schien er sich auch nicht wirklich zu kümmern. Häufig konnte ich ihn dabei beobachten, wie er den großen Hauptmarkt auf dem Weg zur Schule überquerte. So oft es mir möglich war, befand ich mich dort. Denn hier stellten die Händler ihre Stände auf, verkauften die Ware. Das war der Ort, der verlockend prall gefüllten Geldbörsen. Noch immer zweigte ich einen Großteil der erbeuteten Ryou an das Waisenheim ab.

Denn die Situation im Land hatte sich in keiner Weise gebessert. War wohl eher schlimmer geworden. Nach zwei sehr trockenen Sommern sehnte ich mir nun einen mit viel Regenfall herbei. Die öffentlichen Brunnen waren damals gesperrt worden. Nur noch mit Bezahlung hatte man ans Wasser gekonnt. So auch jetzt. Um kleiner Flaschen oder Behälter auffüllen zu können, konnte man schon einmal schnell an den Wachen vorbeischleichen. Aber langsam wurde es knapp.

Schon seit Wochen überlegte ich mir einen Plan, um die Chunin in der Nacht gewaltfrei zu überwinden, um an das Wasser zu kommen. Außer Akuma und Yui hatte ich bisher niemanden in diesen Plan eingeweiht. Noch war es besser, wenn die anderen Hai nichts davon wussten. Wenn alle unkontrolliert losstürmen würden, dann stünden wir am Ende mit nichts da.

Was gäbe ich jetzt für Kaitos umfangreiches Wissen. Ein paar Dinge hatte mir der Uōkā schon gezeigt. Aber das reichte längst nicht um meinen Plan in die Tat umzusetzen. Bereits einmal hatte ich es gewagt mich bei der Wachablösung in die Wüste hinauszuschleichen, um eine bestimmte Pflanze zu finden. Die Blätter der Neru Pflanze verströmten einen angenehmen Geruch. Ein Duft, der jeden noch so starken Mann schlafen ließ.

Kaito, den ich seit einem Jahr nicht mehr gesehen hatte, hatte mir erzählt, dass er sie manchmal nutzte, um unschönen Situationen zu entkommen. Er neigte dazu seine Konflikte gewaltlos zu lösen. Dennoch verfügten seinesgleichen über ein hohen Wissen was die Selbstverteidigung und den Angriff anbelangte. Zumindest hatte mir das Yugure einst erzählt. Zu ihren Lebzeiten noch. Nach wie vor war mir nicht ganz klar, woher sie Yun wohl kannte, war er doch ein Mitglied der Stadtwache und sie hatte die Shinobi bis aufs Blut gehasst.

Wo war da der Sinn?

Ich begegnete Yun freundlich, wies aber seine Hilfe ab. Bis ich nicht wusste, wer er war, wollte ich verhindern, dass er herausfand, dass ich ihm misstraute. Und so ging das Spiel weiter. Aber ich vertraute darauf, dass die Steine irgendwann ins Rollen kommen würden. Meist dann, wenn niemand damit rechnete. Dennoch wollte ich vorbereitet sein.

Um meinen kleinen Verschlag im Viertel der Asche, hatte ich ein paar Fallen aufgestellt. Auch innerhalb befanden sich welche. Nur zur Sicherheit. Nicht, dass irgendein unerwünschter Gast meinte er müsste sich dort ausbreiten und noch dazu das Tunnelsystem entdecken.

Ja...das war etwas, auf das ich auch erst vor einem Jahr gestoßen war. Direkt unter einer Art Falltür im hinteren Teil von Yugures ehemaligen Verschlag, befand sich der Eingang zu einem Tunnel. An manchen Stellen war er noch nicht ausgebaut und zum Teil hatte ich feststellen müssen, dass es sich dabei auch um eine natürliche, unterirdische Höhle gehandelt hatte.

Bisher hatte ich noch nicht alle Abzweigungen erforschen können. Schließlich musste ich davor immer sichergehen, dass mir niemand folgte. Die Falltür hatte ich inzwischen fest verschlossen. Irgendwann wenn ich stärker war, wollte ich sie mit einem Versiegelungsjutsu belegen, das nur ich brechen konnte. Aber für den Moment mussten ein starker Riegel und etwas Schweres darauf, sowie eine Falle davor reichen. Noch dazu war mein Schlaf noch leichter geworden. Schon das kleinste Geräusch konnte mich aufwecken. Selbst eine Maus, die vorbeihuschte.

Yugures Schicksal war mir eine Lehre gewesen. Wann immer ich die Mülleimer untersuchte, vergewisserte ich mich zuvor, dass keine Ratten in der Nähe waren, und auch so versuchte ich so wenig wie möglich davon zu nehmen.

Irgendwo über mir schrie ein Raubvogel und ich sah auf. Die Sonne war inzwischen über die Hausdächer gewandert. Also war es tatsächlich langsam Zeit zu gehen. Akuma und Yui warteten mit Sicherheit schon.

Sorgsam versteckte ich ein paar weitere Dinge in den weiten Taschen meines Mantels, ehe ich zu meinem Verschlag zurückkehrte, um sie dort im hinteren Teil zu deponieren. Dann marschierte ich in Richtung Marktplatz. Mittlerweile kannte ich die Gassen nahezu in und auswendig.

Jeder noch so kleine Weg, jede Abkürzung oder sogar Falltür war mir mehr als nur bekannt. Als ich mich noch nicht so gut zurechtgefunden hatte, hatte ich mich hier in der Nähe einmal hinter einer alten Mauer versteckt in der Hoffnung der Shinobi, den ich beklaut hatte, würde mich dort nicht finden. Dummerweise hatte der sich Hilfe geholt.

Bis heute war ich mir sicher, dass Akio mich sehr wohl gesehen, aber nicht verpfiffen hatte. Vielleicht weil er sich nach wie vor schuldig fühlte. Und das, obwohl die Sache nun ganze sechs Jahre zurücklag. Auch so wenn wir uns über den Weg liefen, nickte er mir nur zu. Von dem Jungen, der andere Kinder im Heim terrorisiert hatte, war nichts mehr übrig.

An manchen Tagen erwischte ich mich dabei, wie ich ihn beneidete. Dass er ein Dach über dem Kopf, warmes Essen und eine Familie hatte, die ihn liebte. Besonders in den kalten Nächten dachte ich daran. Einmal hatte ich sogar davon geträumt bei Kairi zuhause zu sitzen. Mit ihren Töchtern zu reden, zu lassen, zu essen. Aber die Realität sah anders aus.

Und nicht in jeder Familie ging es so harmonisch zu.

Als ich den Marktplatz erreichte hatte schon ein Großteil der Händler die Planen von den Ständen gelöst und den Blick auf das verlockende Angebot freigegeben. Allein beim Anblick der köstlichen Früchte, Kräuter und sonstigen Gerichten, begann mein Magen zu knurren. Vorsichtig schlich ich näher heran. Aus dem Augenwinkel erhaschte ich einen Blick auf Yui und Akuma, die am Rande einer Nebengasse standen. Doch sie hatten ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes gerichtet.

„Und ich sage es euch doch. Die Einbußen, die ich dadurch mache, sind unfassbar hoch", sagte ein etwas breiter gebauter Händler und warf verzweifelt die Arme in die Luft. Ich kannte ihn, er stammte ursprünglich aus Kirigakure und war überall bekannt für seine köstlichen Früchte. Das Sortiment war wirklich gigantisch.

„Nicht einmal bei uns sind die Diebe so begabt, Daichi", sagte jemand anderes. „Unsichtbarkeit. So ein Schwachsinn."

„Also ich habe das mit meinen eigenen Augen gesehen, wie sie zugeschlagen hat", mischte sich ein zweiter Händler ein.

Daichi drehte sich zu ihm um und blinzelte ihn dankend an.

„Die Unfassbare ist gerissen. Ich habe schon versucht Chunin auf sie anzusetzen. Aber sie verwischt ihre Spuren sehr gekonnt. Bisher hat niemand sie schnappen können. Nur durch den Einsatz von Nin-Ken hat man herausfinden können, dass die Diebin weiblich ist."

Ich schmunzelte leicht. Es war immer wieder amüsant dabei zuzuhören, wie sich der alte Daichi über die Unfassbare eine unsichtbare Diebin aus Konohagakure aufregte. Sie musste ein Kekkei-Genkai haben, wenn man sie überhaupt nicht erwischen konnte. Ich hatte schon von Jutsus gehört, die unsichtbar machten. Aber ganz und gar zu verschwinden, selbst für ein Byakugan, war nahezu unmöglich. Irgendwie war sie wie ein Vorbild für mich. Auch ich würde gerne ungesehen von Ort zu Ort kommen und nicht zuletzt den Chunin ein wenig auf der Nase herumtanzen. Zudem würde eine solche Fähigkeit sehr praktisch sein, um des Nachts an den Brunnen heranzukommen.

Nicht nur die Händler lauschten Daichi aufmerksam. Auch ein paar andere bekannte Gestalten hatten sich in der Nähe eingefunden. Da standen Kairis Töchter neben Kankuro und Temari. Neugierig stellten sie Daichi ihre Fragen, der diese Art von Aufmerksamkeit eher als störend zu empfinden schien.

„Du kannst ja den Hokage fragen, ob er den Kopierninja auf sie ansetzt. Den wird sie vermutlich nicht so schnell abhängen können", schlug ein anderer Händler vor. Doch nahezu sofort senkte sich eine bedrückende Stille über den Platz. Denn der Vater von diesem Mann hatte im zweiten Shinobiweltkrieg viele Menschen aus Sunagakure getötet.

Schließlich gingen die Leute dann doch wieder ihrer Wege und ich zischte wütend mit der Erkenntnis, dass ich diese Situation doch wunderbar hätte ausnutzen können. Doch nun war es zu spät. Also musste ich es so versuchen. Ich warf Akuma und Yui einen Blick zu. Beide hatten mich noch nicht bemerkt. Jetzt war der geeignete Zeitpunkt um...

Meine Nackenhaare stellten sich auf und ich sprang zurück, um der Hand zu entkommen, die sich sonst um meinen Nacken geschlossen hatte. In der Dunkelheit der Gasse zog ich das Kunai und beobachtete mein Gegenüber. Dann jedoch entspannte ich mich.

„Dass du mich auch immer so erschrecken musst, Kaito."


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Da bin ich wieder. Hat auch lange genug gedauert :) Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und ich würde mich sehr über eure Gedanken dazu freuen.

glg Lithilia :D

die SchrottsammlerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt