07. Uōkā

38 6 0
                                    


Eigentlich sollte ich die nächtliche Kälte in Sunagakure längst gewohnt sein, aber dennoch klapperten meine Zähne nur so aufeinander. In geduckter Haltung saß ich hinter einer schief stehenden Hausmauer. Direkt neben mir Kaito, ein Bekannter von Yugure, der uns heute aus der Stadt lotsen würde. Die Wachablöse müsste eigentlich in den nächsten paar Minuten sein. Etwas, das wir uns zunutze machen konnten. Yugure saß hinter uns. Verschmolz nahezu mit den Schatten der Mauer.

Kaito war ein Uōkā, ein Wanderer. So zumindest hatte Yugure es genannt. Jemand, der die Wüste kannte, wie kein zweiter, mit all ihren Gefahren und auch Schönheiten. Zwar war Sunagakure seine Heimat, aber dennoch verbrachte er viel Zeit außerhalb der Stadt inmitten der Natur. Er wusste, wie er am besten überlebte. Trotz seines jungen Alters.

Achtzehn Sommer zählte er erst. Trotzdem hatte ich manchmal das Gefühl, dass er schon so viel mehr gesehen hatte, als so mancher Junge in seinem Alter. Ich fand das aufregend.

Kaitos Arm zuckte in meine Richtung, fast als wäre er versucht ihn mir über die Schultern zu legen. Anscheinend war ihm mein Zittern nicht entgangen. Auch Yugure bedachte mich mit einem Blick. Doch sie unternahm nichts. Überhaupt war sie eine sehr ernste Person, immer darauf bedacht das Richtige zu tun und keinerlei Fehler zu machen. Das legte sie mir auch nahe. In den zwei Jahren, die ich schon bei ihr lebte, hatte ich das Gefühl, dass sie von Tag zu Tag ernster wurde. Eine richtig enge Beziehung hatte ich zu ihr nicht aufgebaut. Wir sprachen nur miteinander, wenn es nötig war und ich Fragen hatte. Es machte mir nichts aus.

Seit Gaaras Ausbruch war nun schon ein halbes Jahr vergangen. Dieser hatte sich in dieser Zeit ziemlich verändert. Und das nicht zum Guten. Die Leute wagten es mittlerweile gar nicht mehr, ihn auf der Straße anzusprechen. Er hatte sich nach außen hin komplett verschlossen und schenkte jedem, der ihn auch nur ansah, einen kalten Blick. Jede Form von Menschlichkeit schien aus ihm gewichen zu sein. Allerdings hatte Kairi bei mir anklingen lassen, dass das so seine Gründe hatte.

Kairi...mit ihr hielt ich Kontakt, wenn man das so nennen konnte. Zumindest verschwand ich nicht sofort, wenn sie in der Nähe war. Manchmal ließ ich mich auch zu einem kurzen Gespräch hinreißen. Aber nicht für sehr lange. Immer wieder rief ich mir ins Gedächtnis, dass wir in unterschiedlichen Welten lebten. Und Kairi war mein letzter Draht, der mich noch mit den Shinobi verband. Einen Draht, den ich mich aus irgendeinem Grund weigerte durchzuschneiden. An manchen Tagen beobachtete ich auch wie sie ihre beiden Mädchen zur Schule begleitete. Obwohl sie Zwillinge waren, waren sie so unterschiedlich wie Tag und Nacht.

Während die eine den lilafarbenen Stich im Haar von der Mutter geerbt hatte, kam die andere mit ihrem rabenschwarzem Haar und den stahlgrauen Augen eher nach dem Vater. Zwar kannte ich ihre Namen noch immer nicht, aber das war auch egal. Auf ihrem Schulweg mussten Beide an den Rand des Stadtzentrums. Und wann immer ich konnte, beobachtete ich sie, bis sie das Gebäude erreichten. Dann konnte ich unbesorgt zu Yugure zurückkehren. Die wusste nichts von meinen Streifzügen und sollte es auch nicht. Denn schließlich war und blieb Yugure fast schon eine Feindin des Shinobisystems. Manchmal, wenn ich ihr davon erzählte, dass mich die Stadtwache wieder fortgejagt hatte, konnte ich diese dunklen Schatten sehen, die durch ihre Augen zogen, wie dunkle Wolken.

Solange ich konnte, würde ich auf diesem schmalen Grad wandern. Denn ich brauchte beide Welten und würde es vermutlich immer. Yugure wusste auch nichts davon, dass ich mir am Rande des Viertels der Asche einen kleinen Verschlag gebaut hatte. Zwischen zwei eingefallenen Mauern. Mithilfe von etwas selbstgemischten Lehm, hatte ich alle durchlässigen Löcher verstopft. Kaito hatte mir gezeigt, wie man ihn zusammenrührte. Zusammen mit ein paar anderen nützlichen Sachen. Pflanzen, die Wunden heilten oder furchtbar stanken. Im Moment tüftelte ich an einer Stinkbombe, die mir in engen Situationen, hoffentlich den Hals rettete.

die SchrottsammlerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt