Alte Wunden

0 0 0
                                    

Zander ließ für mich mein altes Zimmer herrichten und in der Zeit streifte ich gedankenverloren durch die langen Gänge meines einztigen Zuhauses.

Es war komisch, wieder hier zu sein, so vertraut und doch so seltsam. Ständig kamen die Erinnerungen an die alten Zeiten wieder in mir hoch und ich bereute jetzt schon, Zanders Angebot angenommen zu haben. Wobei es auf eine verdrehte Art und Weise auch schön war, wieder hier zu sein.

Alles war noch, wie vor knapp einem Jahr, außer die Trakte, die fast komplett zerstört worden waren.

Zander hatte lange gebraucht, um alles wieder aufzubauen und viele Arbeiten waren noch nicht ansatzweise fertiggestellt, doch es hatte sich gelohnt.

Der Nordflügel war mit langen Stoffbahnen in rot und gold geschmückt worden und die Verwaltungssäle wurden von dutzenden Kronleuchtern erhellt.

Früher hatte es in ihnen immer trüb und grau ausgesehen, vermutlich, damit Zander und ich als Kinder gar nicht erst auf die Idee kamen, dort drinn herumzuschnüffeln.

Doch jetzt hatte der große Saal, der an den Seiten mit Gängen zu weiteren Räumen verbunden war wieder etwas Lebendiges.

Auf dem Weg zum Königsflügel traf ich immer wieder Leute, die von der Arbeit am Südflügel kamen.

Dieser Teil war noch im Bau und fleißige Hände trugen Steine, Stützbalken und weitere Dinge die Gänge entlang, die verschwitzten Gesichter immer gesenkt, wenn sie mich sahen.

Als ich die Treppen zum Thronsaal hinaufstieg, rannte ich beinahe in Wrod hinein. Sie würde ebenfalls hier bleiben, bis das offizielle Urteil über die Fremden gesprochen wurde.

Zander wollte es in zwei Tagen abhalten und so lange würde ich hier bleiben, in meinem alten Zimmer, in meiner alten Heimat.

Ich hatte bereits einen Brief an meine Verwalter in Mantora geschickt und während meiner Abwesenheit hatte ich Bendt das Kommando überlassen.

Die meisten Soldaten waren wieder zurückgeritten, ich hatte nur noch eine Handvoll hier gelassen.

Wrod strich ihr zart rosa schimmerndes Kleid glatt und lächelte. "Hast du es eilig?"

"Nein, eigentlich nicht." Ich hatte nicht viel Lust dazu, in den Raum zurückzukehren, in dem mein Vater Niran umgebracht hatte. Aber Zander wollte mit uns reden und danach würde ich sowieso schnell in mein Zimmer verschwinden und hoffen, dass mich der Schlaf nicht in weitere Albträume riss.

Wenn ich überhaupt schlafen konnte.

"Alles okay mit dir, Revon? Es scheint, als wärst du in Gedanken ganz woanders", meinte die Göttin, während wir die letzten Stufen zum Saal hinaufstiegen.

"Mir geht es gut", antwortete ich nach langem Schweigen knapp.

Natürlich hatte sie Recht gehabt, doch ich musste die Erinnerungen für einen Moment ignorieren. Ich musste es verdrängen, so gut es ging, denn später war noch genug Zeit für dunkle Gedankengänge.

Ich öffnete die großen Türen zum Thronsaal und...erkannte ihn nicht wieder.

Es war noch extremer, als bei den Verwaltungssälen. Die kleinen Fenster an der Ostseite waren von schweren Teppichen verhangen und der Thron war komplett ersetzt worden.

Überall standen Kerzen auf kleinen Tischen und an den Wänden erkannte ich geschickte Malereien. Als ich genauer hinsah, entdeckte ich ein Bild, was dem Saal in Mantora ziemlich ähnlich sah und...

Nein.

Eine Gestalt mit schwarzen Haaren war darauf zu sehen und ein Schwert steckte in seiner Brust.

Den Knauf hatte ein in Gold strahlender Mann in der Hand und er blickte triumphierend nach oben.

Who am I? | Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt