Diese Worte

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Harry Potter war der Held der Nation.

Er hatte recht gehabt mit der Auferstehung des dunklen Lords.

Er war plötzlich ein Ass in Zaubertränke und damit Slughorns Lieblingsschüler geworden.

Es sollte ihm so gut gehen wie noch nie.

Warum zur Hölle lag er dann wimmernd auf dem Boden der Jungentoilette?! Diese Frage stellte sich kein anderer als Draco Malfoy persönlich, der eigentlich vor dem großzügigen Spiegel seine Haare hatte richten wollen, nun aber vor einem zitternden, keuchenden Bündel stand, dass sich Harry Potter nannte. Und zu allem Überfluss konnte er nicht einfach an Potter vorbeigehen. Da etwas etwas, dass ihn zurückhielt. Zögernd machte er einen Ausfallschritt zur Seite.

Und noch einen. Dann ging er ganz langsam zum Waschbecken, die Augen nicht von dem Jungen nehmend, der was-weiß-ich-was hatte. Erst, als er direkt vor dem Spiegel über dem Waschbecken stand, wandte er den Blick sich selbst zu.

Also, seinem Spiegelbild. Dummerweise war Potter auch im Spiegel zu sehen, deshalb strich Draco seine Frisur auch nur halbherzig glatt. Dann drehte er sich wieder dem Gryffindor zu und betrachtete ihn unschlüssig.

Plötzlich machte er einfach vier große Schritte nach vorne und kniete sich neben das zitternde Bündel.

„Hey! Was ist los mit dir?", fragte er leise. Keine Antwort. Stad dessen schlang Potter seine Arme noch fester um seinen Schädel. Hatte er sich am Kopf verletzt? Nach dem er- seltsamerweise nur ein bisschen mit sich gerungen hatte überwand Draco sich schließlich und packte dich verschlungenen Arme. Behutsam zog er sie auseinender.

Potter trug seine Brille nicht mehr. Seine Augen waren vor Schmerz zusammengekniffen und er presste die Zähne fest auf einander, wohl um nicht zu schreien. Tiefe Furchen durchzogen seine Stirn, auf der die gezackte Blitznarbe ungewöhnlich rot leuchtete. Plötzlich entriss Potter ihm einen Arm und drückte sich stöhnend die Hand auf die Stirn.

Spätestens jetzt war Draco klar- er musste Kopfschmerzen haben. Oder eher Narbenschmerzen. Ein klein wenig Panik breitete sich in seinem Bauch aus. Welche erste Hilfe leitete man denn bei so etwas? Hastig zog er Potter halb an den Schultern hoch und schüttelte ihn ein wenig.

„Potter! Potter, wach auf, verdammt!"

Er holte aus und gab dem schwarzhaarigen eine derbe Ohrfeige. Kurz darauf öffnete der Junge blinzelnd die Augen. Und kniff sie gleich darauf wieder zusammen.

„Wer bist du?", fragte er langsam.

„Erkennst du deinen Erzfeind nicht mal dann, wenn er vor die sitzt, Blindfisch?", knurrte Draco unwirsch.

Potter legte den Kopf leicht zurück und schloss die Augen wieder. Aber diesmal entspannter.

„Ah... Malfoy.", sagte er kraftlos.

„Ja, Malfoy. Und jetzt spiel hier nicht das Weichei und sag mir endlich, was mit dir los ist!"

Er bekam ein Stöhnen als Antwort. „Es ist die verdammte Narbe! Sie kann mich nicht mal einen Tag in Ruhe lassen!"

„Ach. Schmerzt sie öfters?", fragte Draco interessiert. Dabei übersah er geflissentlich, dass er Potter immer noch an den Schultern aufrechthielt.

„Hm- hm.", machte der Gryffindor erschöpft. Auf einmal überrollte den blonden eine kleine Welle des Mitleids.

„Ich wusste nicht, dass sie schmerzt."

Er zog Potter ein Stück näher zu sich, aber nicht ganz so nah. Der hustete trocken. „Das wissen die wenigsten."

„Scheiße, warum hast du niemandem was davon gesagt?"

„Würde nichts nutzen, niemand (hust) kann mich heilen, das ist keine Krankheit."

Plötzlich handelte Draco intuitiv. Den einen Arm legte er Potter um die linke Schulter an den Hinterkopf, mit der anderen strich er im die schwarzen Haare hoch und drückte ihm sanft seine Lippen auf die Narbe. Sie war sehr heiß. Aber er fühlte sich gut an, Potter auf die Stirn zu küssen, deshalb ließ er seine Lippen genau dort, wo sie waren. Potter seufzte leise. Doch dann krächzte er: „Warum machst du..."

„Schhhht. Halt einfach die Klappe, ja?"

Dann war es still. So saßen sie eine ganze Weile da und genossen seltsamerweise die Nähe des Anderen.

Schließlich hörte Draco auf, Potters Stirn zu küssen und schaute Potter fragend an.

„Tut's noch weh?"

„Hm. Nur noch ein bisschen." Potter lächelte plump. „Du hast den meisten Schmerz weggeküsst."

Er wurde etwas rot. „Aber warum hast du das gemacht? Ich meine, eigentlich müsstest du dich ja an meinem Verrecken freuen."

Draco (der Harry immer noch im Arm hielt) schaute ihn lange an. Dann sagte er leise: „Ich weiß es nicht."

Harry konnte aus dem Gesicht des blonden keine wirklichen Emotionen herauslesen, was zum Teil auch daran lag, dass er ohne Brille nur sehr unscharf sehen konnte. So bemerkte er auch nicht, dass Dracos blick langsam von seinen Augen zu seinem Mund wanderte.


Und länger dort verharrte.

Schließlich seufzte er und machte Anstalten aufzustehen. „Kommst du alleine hoch?", fragte er mit nur einem hauch Schroffheit in der Stimme.

„Hm. Müsste ich. Wenn ich nur irgendwo meine Brille..."

Draco lies den Blick durch den Raum schweifen und fand das etwas eingedellte Ding ein Stück weiterhinten, es sah so aus, als hätte Potter sie sich vom Gesicht gerissen und weggeschleudert. Draco hob sie auf, kniete sich vor Potter hin und schob sie ihm vorsichtig auf die Nase. Der blinzelte zwei- drei Mal. Dann blitzte verstehen in seinen unfassbar grünen Augen auf.

„Oh... Malfoy.", sagte er und seine Mundwinkel hingen etwas dümmlich herab. Draco wollte diesen Mund trotzdem küssen. Natürlich sagte er das aber nicht. Stattdessen zog er eine Augenbraue hoch. „Sickert's erst jetzt zu dir durch?"

Potter schüttelte langsam den Kopf. „Ich- hab es nur nicht richtig wahr gehabt. Das ist alles."

„Och. Jetzt fühl ich mich aber verletzt." Theatralisch legte Draco sich die Hand aufs Herz. Dann stand er auf und klopfte sich den Staub von der Hose. „Ich geh dann mal."

Doch nach drei Schritten hörte er hinter sich ein leises „Warte!". Er setzte eine gelangweilte Miene auf und drehte sich um.

Beinahe wäre ihm seine Maske wieder entglitten. Potter sah... unheimlich süß aus, wie er, immer noch am Boden sitzend ihn aus großen, grünen Augen anschaute.

„Was ist denn noch?", fragte Draco betont ruhig.

„Ich- danke." Wieder machte die Augenbraue des blonden einen eleganten Knick.

„Für was? Für die Ohrfeige? Ich wüsste nicht, warum ich dafür Dank bekommen sollte."

„Du hast mich damit vor viel schlimmeren Qualen bewahrt.", stellte Potter klar. Das brachte Draco zum nachdenken. „Weißt du, warum sie schmerzt?"

Harry überlegte. Konnte er Malfoy- einem Todesser höchstwahrscheinlich, und wenn nicht, dann sicherlich-bald-Todesser dieses Geheimnis anvertrauen? Es würde seine Situation höchstwahrscheinlich nicht ändern, Voldemort wusste sowieso schon, dass sie durch seine Narbe eine Verbindung hatten.

„Wenn Voldemort wütend ist, oder andere starke Emotionen hat, bekomme ich schmerzen.", sagte er also rundheraus. Malfoy riss die Augen auf. „Nein. Das – das kann nicht sein!"

Harry nickte traurig. „Es ist aber leider so. Ich kann es nicht steuern. Du hast mich ja gesehen. Es schmerzt so stark, dass ich mich nicht mehr auf den Beinen halten kann. Irgendwie bin ich dann auch nicht mehr bei Bewusstsein. Ich bin so lange in diesem Zustand, bis Voldy sich wider abgeregt hat. Und das kann dauern. Außer – außer jemand holt mich zurück."

„Also- habe ich dich durch meine Ohrfeige zurückgeholt?", fragte Mal- nee, jetzt Draco ihn.

„Ja. Deshalb danke ich dir."

Darauf wusste Draco offenbar nichts zu antworten.

„Das ich das noch erleben darf.", lächelte Harry und rappelte sich schwerfällig auf. „Einen sprachlosen Draco Malfoy."

„Bild dir darauf bloß nix ein.", knurrte Draco zurück. Aber es klang nicht halb so feindselig wie sonnst. „Kann ich jetzt gehen?". Potter- nee, jetzt Harry machte eine ausladende Handbewegung.

„Geh, wohin du willst."

Draco war nicht sonderlich überzeugt. „Bist du sicher?"

„Sonst würde ich das nicht sagen."

„... in Ordnung."

Plötzlich trat Draco auf Harry zu und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen.

„Aber pass auf dich auf, ja?"

„K- klar.", beeilte Harry sich zu stottern.

Man sah von Draco nur noch den flatternden Umhang.

„Klar mach ich das." Flüsterte Harry ihm hinterher. „Aber du auch. Ich will dich schließlich nicht verlieren, jetzt wo wir und gefunden haben..."

Das hatte Draco sicher nicht gehört. Er war schon viel zu weit weg. Aber Draco hatte es sehr wohl gehört.

Und er hatte auf diese Worte gewartet.



ENDE <3

A bunch of DrarrysWhere stories live. Discover now