Mit wackeligen Knien und unter tosendem Beifall seiner Mitschüler stieg Harry von dem grauen Hippogreif Seidenschnabel. Ihm war ein wenig schummerig.
„Gut gemacht, Harry!", donnerte Hagrit. „Na los- wer traut sich als nächstes an die Hippogreife?"
Ermutigt durch Harrys erfolg nährten sich die Schüler den riesigen, stolzen Tieren. Malfoy ging an Harry vorbei auf Seidenschnabel zu, und dabei warf er dem grünäugigen einen überheblichen Blick zu. Harry schwante übles. Er beschloss, den Slytherin im Auge zu behalten. Und richtig. Als alle sich nervös schwitzend verbeugten, beschloss Malfoy, diesen Schritt einfach zu überspringen. Lässig – oder eher nachlässig tätschelte er den scharfen Schnabel der Hippogreifes.
„Ist doch kinderleicht.", sagte er gehässig. Dabei huschte sein Blick kurz zu Harry. Der machte einen halben Schritt vor. „Ich hab's doch gleich gewusst", schnarrte Malfoy weiter. „wenn Potter es schafft – du bist überhaupt nicht gefährlich, oder doch, du großes, hässliches – "
Harry sah, dass Seidenschnabels Augen sich verengten. Und dann lief alles wie in Zeitlupe. Ruckartig hob der Hippogreif den Kopf. Und als er ihn nach unten sausen lies, sprang Harry vor. Mit seinem Körper drückte er Malfoy zur Seite, weg von dem rasiermesserscharfen Schnabel, der ihn, wenn Harry nicht reagiert hätte in null Komma nichts abgemurkst hätte. Zusammen landeten sie am Boden, oder besser gesagt, sie landeten aufeinander am Boden. Kurz blieb Harry auf dem leicht zitternden Malfoy liegen. Er musste sich von dem Schock erholen. Dann stemmte er sich mit den Ellenbogen hoch und blickte dem blonden ins Gesicht. Seine eisgrauen Augen waren geweitet und seine Haare ganz zerzaust. Seinen Wagen waren noch blasser als sonnst. Doch als sie einander ansahen, überzogen sie sich mit einer zarten Röte.
„Leg dich niemals – ", sagte Harry, „Mit einem Hippogreif an, hörst du?" Seine Stimme klang kratzig. Malfoy sagte nichts. Er starrte ihn einfach nur an. Seine Augen schimmerten. Auf einmal fing Harrys Herz laut zu pochen an. Lag es an dem Schock, oder warum schien der blonde nicht zu bemerken, dass sie immer noch aufeinander lagen?
Und plötzlich erwischte Harry sich dabei, wie er Malfoy auf den Mund schaute. Auf die Lippen, die er jetzt einfach nur – Moment, stellte er sich gerade ernsthaft vor, das Riesenarschloch zu küssen?
Harry bemerkte, dass auch seine Wangen heiß wurden. „Mach so etwas nie wieder.", sagte er leise, um sich von seinen Gedanken abzulenken. Und weil er wirklich nicht wollte, dass der Slytherin leichtsinnig war.
Danach – was danach passiert war, konnte er nicht mehr so genau sagen.
Er wusste nur noch, dass auf einmal eine Menge Kichern um ihn herum war. Und noch etwas schwappte in sein benebeltes Hirn.
Er hatte mit den Lippen die von Malfoy berührt. Ganz kurz nur, aber es war ohne Zweifel ein Kuss gewesen.
Wie durch einen Schleier nahm Harry wahr, dass sich mittlerweile die Hälfte der klasse nicht mehr mit ihren Hippogreifen beschäftigte, sondern zu ihnen hinüber linste.
Sein Gesicht wurde heiß. Auch Malfoys Wangen hatten sich dunkler verfärbt. Hastig- und beinahe gleichzeitig standen sie auf. Wodurch sich Harry und Malfoy nun wieder gegenüber standen. So nah, dass sich ihr Nasen beinahe berührten. So wie ihre Lippen.
Wieder giggelten die Mädchen aus der Gruppe und die beiden fuhren auseinander. Peinlich berührt wandten sie sich ab.
Hagrit hatte von alldem nichts mitbekommen. Jetzt klatschte er donnernd in seine Schaufelpranken. „Klasse, meine lieben, habt 'er echt gut gemacht! So, die erste Stunde 'is zu Ende, bitte geht von der Koppel, ich treib' die Hippogreife zurück!"
Im vorbeilaufen patschte er Harry noch auf die Schulter. Harry musste einen großen Ausfallschritt machen, sonst wäre er mit dem Gesicht nach vorne in den Schlamm geflogen.
„Gut gemacht, Harry! Bin richtig stolz auf dich!" Dann schlenderte er schief pfeifend davon, sehr glücklich, dass seine erste Stunde so ein Erfolg geworden war. Grölend, kichernd und schwatzend gingen die Gryffindor und Slytherins hoch zum Schloss. Draco Malfoy mittendrin, Harry am Ende. Beide schweigend, den Blick zur Erde gerichtet.
Niemand sprach sie an.
Aber alle redeten über sie.
~*~
Zwei Tage später.
Harry spazierte aus Verwandlung, überaus froh, diese Stunde überstanden zu haben. Er überlegte, ob noch genug Zeit war, um vor dem Mittagessen noch kurz zu Eulerei zu gehen und Hedwig ein Paar Eulenkekse zu geben. Ja, es war definitiv noch genug Zeit. Auf dem Weg zum Eulenturm fragte er sich zum 100.000-Sten mal, ob er sich tatsächlich innerhalb von fünf Minuten in Draco Malfoy verliebt hatte. War er wirklich so tief gesunken? Und was war mit Cho? Die hatte er doch auch toll gefunden. Naja, die Betonung lag auf hatte.
„Ich glaube-", sagte da eine kühle Stimme, die Harry zusammenfahren lies, „Ich muss mich bei dir bedanken." Der grünäugige drehte sich herum. Natürlich war es Draco Malfoy. Wer sonst. Er wirkte überheblich und abweisend. Was gar nicht zu seinen Worten passte.
„Du hast mir das Leben gerettet." Mehr sagte er nicht. Aber er schien noch etwas auf dem Herzen zu haben. Stumm sah er ihn an. Harry begann etwas schneller zu atmen.
„Ich – ich... ich...", stotterte Draco. Harry lies den Kopf hängen. „Ich weiß.", sagte er leise. „Ich hätte das nicht tun sollen. Es tut mir leid."
Schweigen seitens Draco.
„Es tut dir leid?", fragte er denn mit einer seltsamen Stimme. „Schade, wirklich. Mir tut's nämlich nicht leid."
Ruckartig hob Harry den Kopf. Röte schoss ihm in die Wangen. „Nicht?"
„Nö."
„Oh. Ähm – bedeutet das...?"
Der Gesichtsausdruck seines Gegenübers war ruhig, beinahe gleichgültig.
„Ich glaube, du kannst dir denken, was das bedeutet."
Harry begann zu schwitzen. „Ehr- ehrlich gesagt nicht- so richtig. Also – ich – ach, verdammt."
Besser, er machte den Mund zu. Da kam im Moment nur Blödsinn raus.
Der blonde kam ein kleines Stück näher. „Das bedeutet, dass es mir gefallen hat und ich es wieder tun würde. Dummkopf." Das letzte Wort sagte er freundlich, ja fast schon liebevoll.
„E- echt?" Wieder konnte Harry nur stottern.
Dracos Verhalten brachte ihn völlig aus dem Konzept. Mittlerweile war dieser so nah an ihn herangekommen, dass er seine schmale, blasse Hand auf Harrys Wange legen konnte. Was er auch tat. Seine Augen schlossen sich halb, er blickte entspannt und auch etwas erwartungsvoll.
„Bleibt nur noch rauszufinden, wie du darüber denkst.", murmelte er.
„I- jaah, äh, ich fand es... nett? Ja, definitiv nett." Harry merkte, wie ihm bei seinen Worten Röte über das Gesicht kroch.
„Nett. Mehr nicht?", fragte Draco.
Harry atmete tief durch. Dann blickte er dem Slytherin direkt in die Augen, denen er vorher geflissentlich ausgewichen war.
„Nein.", sagte er fest. „Ich fand es so gut, dass ich es wieder tun würde. Immer wieder. - Wenn möglich jeden Tag.", fügte er nach kurzem Zögern an.
„Perfekt.", hauchte Draco. „Genau so sehen auch meine Wünsche aus."
Womit er ihre Lippen versigelte.
Und hier endet diese Geschichte. Man soll ja aufhören, wenn es am schönsten ist. Und das ist hier. Also –
ENDE ;)
![](https://img.wattpad.com/cover/332474771-288-k258437.jpg)
YOU ARE READING
A bunch of Drarrys
FanfictionNein, Drarry ist keine Blume, auch wenn man das bei dem Titel vermuten könnte, sondern mein absolutes Lieblingspairing. Das hier ist eine Oneshot- Sammlung, die nach und nach anwachsen wird. Hier ist alles Mögliche dabei, von realistisch über verwir...