L O G A N
„Machst du uns noch vier Bier, bitte?"
Sally nickte mir freundlich zu. „Kommt sofort, Logan!"
„Danke dir." Ich klopfte auf den Tresen der Bar und ging zurück an unseren Tisch. Der Pub war wie jeden Donnerstag Abend gut gefüllt, immerhin ging es aufs Wochenende zu und die meisten New Havener bereiteten sich ziemlich gesellig darauf vor.
„Blödsinn. Wir hatten kürzlich eine Anzeige drin, da hat sich niemand gemeldet", erklärte Steve, als ich wieder am Tisch ankam. „Welcher Mensch im arbeitsfähigen Alter liest auch noch Zeitung?"
Andrew schüttelte den Kopf, während ich mich wieder neben ihn auf die Bank setzte. „Ich meine nur, eine Anzeige ist doch auch immer eine Art Werbung, oder nicht?"
David, der neben ihm saß, gluckste amüsiert. „Und welcher Art von Werbung willst du machen, wenn du einen Arbeitsplatz zu vergeben hast? Klingt nicht gerade nach einem Unternehmen, das seine Mitarbeiter halten kann, oder?" Er hob sein Glas und trank einen Schluck, die Augen belustigt auf Andrew gerichtet. „Ich weiß nicht, ob das die Art von Werbung ist, die du für dein Unternehmen haben willst."
Andrew und David waren alte Schulfreunde, Steve war vor drei Jahren nach New Haven gezogen und war ziemlich schnell zu unserer kleinen Clique und unserem wöchentlichen Stammtisch dazu gestoßen.
„Es geht doch nur darum, dass der Name des Unternehmens mal wieder im örtlichen Blatt steht", erklärte Andrew. „Der Grund ist ja egal. Man wird halt einfach mal wieder bei den Leuten ins Bewusstsein gerufen."
Ich beobachtete Sally dabei, wie sie unsere Biere zapfte. Sie bewegte sich mit einer vertrauten Effizienz, die nur von Jahren in ihrem Job kommen konnte. Die Musik im Hintergrund spielte leise genug, dass sie nicht störte, aber laut genug, um die gelegentlichen Momente der Stille zu füllen.
Dann ging die Tür auf und zu meiner Überraschung trat Grace Sanders ein. Eine Sekunde überlegte ich, warum sie hier war, dann fiel mir ein, dass sie Sallys Zimmer oben gemietet hatte. Dicht hinter ihr folgte ihr schwarzer, riesiger Hund. Echt ein Biest. Sicher hatte sie sich ihn zum Eigenschutz angeschafft. Wahrscheinlich keine schlechte Idee, bei ihrer Erscheinung.
Sie ging zu Sally an den Tresen und quatschte mit ihr. So aus der Entfernung und ohne ihren ständig hochroten Kopf und ihre weit aufgerissenen Gazellenaugen sah sie gar nicht mehr so irre aus. Ganz im Gegenteil. Sie wirkte anders, irgendwie... gelassener.
„Logan?"
„Hm?" Ich blickte Steve an, der mich offenbar irgendwas gefragt hatte.
„Ihr hattet vor Kurzem auch eine Anzeige in der Zeitung hab ich gesehen."
Ich nickte.
„Und?"
„Das war ziemlich erfolgreich, nicht wahr, Logan?", antwortete David an meiner Stelle und grinste dabei breit. Er zwinkerte mir zu und ich verdrehte die Augen. Er hatte Grace bisher als Einziger gesehen – natürlich fand er sie gut. Jeder Mann mit zwei gesunden Augen würde das wohl. Ihre natürliche Schönheit suchte ihresgleichen und stach einem einfach ins Auge.
„Na ja. Ich bleibe dabei. Das einzige Mal, dass ich eine Annonce in der Zeitung schalten werde ist zu meiner Beerdigung, und da ist mir der Werbeeffekt dann ziemlich egal." Steve lachte. „Liest doch eh keiner."
„Vielleicht hast du recht." Andrew zuckte grinsend mit den Schultern, ehe er mir auf die Schulter klopfte. „Was ist mit dem Bier?"
„Kommt." Ich nickte in Sallys Richtung, die tatsächlich gerade auf uns zu kam, vier große Gläser mit Bier auf einem Tablett balancierend.
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Glück kommt in Wellen | ✔︎
Romance( WATTYS 2023 Shortlist ) Nach einer verhängnisvollen Studentenparty, die Grace Sanders' Leben für immer veränderte, ist sie von Schuldgefühlen geplagt, die ihr jede Chance auf ein normales Leben rauben. Ihre einzige Hoffnung auf Besserung - Abbitte...