Kapitel 6

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November 2019 – Millie

„.....darum wird es zu ihren Aufgaben gehören, ihren Alltag zu fotografieren und ihren Kommilitonen zu zeigen. Wie ist Ihnen überlassen, ob Pop Art oder in schwarz weiß ...Gut wäre es auch wenn sie dazu in die Uni kämen. Wir würden dann so etwas wie eine Ausstellung machen",kam es aus dem Lautsprecher meines Laptops.

Mein Professor für Fotografie war ein toller Mann, doch diese Aufgabe ließ mir den Angstschweiß auf die Stirn treiben.
Ich war in der Therapie schon weit gekommen, auch wenn ich Dr. Stevens den Grund wieso es passiert war immer noch nicht nennen konnte.
Doch ich wusste das es nicht meine Schuld war, nie hatte ich richtig gelernt mit meinen Gefühlen umzugehen.
Und die Gruppensitzungen zeigten mir, das ich nicht alleine war, sondern das mein Auslöser für viele andere ebenfalls der Grund gewesen war mit den Drogen zu beginnen.
Ich hatte seid dem ich hier war nicht einmal das Gefühl gehabt, das ich die Drogen brauchen würde oder das ich sie vermisste, doch Dr. Stevens meinte das ich hier auch in einem geschützen Rahmen sei und ich nicht an Drogen käme, mein Stresslevel besonders niedrig ist und sobald sich eine dieser Komponenten ändern würde, könnte es sein das der Rückfall kommen könnte.
Vor allem wenn ich nicht das Kernproblem ansprechen würde. Doch ich musste in der nächsten Sitzung mit ihr über die Aufgabe meines Profs sprechen. Und ob ich schon bereit dazu wäre raus zu gehen, mit Begleitung natürlich.

Nachdem der Professor, die Stunde beendet hatte, klappte ich den Laptop zu und überlegte wie ich meinen Tag vorstellen sollte.
Ich nahm meine Kamera in die Hand und knipste, zuerst den Kobold bei der Medikamentenausgabe wie er lächelnd Doreen ihre Medikamente gab, dann Sylvia die das Frühstück betreute, wie sie den Leuten ihren Tee und Kaffee rausgab.
Und für jeden von ihnen ein nettes Wort hatte.
Später als ich durchs Haus ging bemerkte ich Steph, die mit ihrer Kunstgruppe draußen im Freien malte und wie sie voller Elan ihren Teilnehmern versuchte ihre Leidenschaft fürs Malen näher zu bringen. Ich musste grinsen, Künstler waren alle sehr eigen.
Ich hatte noch viele andere Momente eingefangen und war wieder auf dem Weg zurück in mein Zimmer, ich hatte die Erlaubnis das ich alleine durch die Gänge gehen konnte.

Das war ein weiterer Schritt.
In mein neues Leben, das blöderweise erst starten konnte wenn ich Dr. Stevens erzählt habe was mit mir passiert ist.
Ich seufzte tief und sah mich dann in meinem Spiegel an, ich hatte mich verändert.
Meine Haare hatte ich weiterhin kurz geschnitten so das meine Locken wirklich super gesund aussahen.
Ich hatte wieder zugenommen, was vor allem meine Oberweite erfreute und mein Gesicht war nun nicht mehr so eingefallen und grau sondern meine dunkelblauen Augen wurden durch meine nun tatsächlich rosig wirkenden Wangen und meine vielen Sommersprossen umrandet.
Ich musste Sam recht geben ohne das ich mich selbst zu sehr loben wollte, doch ich sah wieder heiss aus.
Was anscheinend nicht nur mir aufgefallen war.
Denn morgens setzten sich nun immer andere Männer an meinen Tisch. Nicht um mich anzugraben, das war hier in der Klinik kein Thema, eher um normale Gespräche zu führen.
Ich schüttelte den Kopf. Männer, die könnten mir bis ans Lebensende gestohlen bleiben.

Ich knipste ein Selfie im Spiegel bei dem ich meine Zunge herausstreckte. Dann beginne ich mit Zähne putzen , Schlafanzug anziehen und lege mich mit meinem Laptop ins Bett. Ich muss mich für Kunst über einen Künstler recherchieren. Was noch bis 22 Uhr geht, danach schließe ich den Laptop und lege mich schlafen .

Am nächsten Vormittag muss ich zur Therapiesitzung mit Dr.Stevens und dieses Mal wird sie kein Blatt vor den Mund nehmen, da bin ich mir wirklich sicher.
„Soo Millie, du hast wirklich viele Fortschritte gemacht. Und das finde ich wunderbar, du setzt immer das um was man von dir verlangt.
Doch auch jetzt noch nach fast 7 Monaten, hast du mir noch nicht sagen können, was der Auslöser war, für deine kurze aber starke Abhängigkeit?",sie sieht mich wieder so streng an und alles in mir sträubt sich, das Geschehene auch nur ansatzweise wieder zu geben.
Das Gefühl das dieses erlebte in mir auslöste war als würde ich ersticken. Ganz alleine gegen eine Wand gedrückt und ich konnte nichts dagegen machen.
Danach kommt immer die Übelkeit weil ich mich so hilflos gefühlt hatte und es niemandem erzählen konnte, meine Tante wäre an einem Herzinfarkt gestorben und sonst hatte ich so gut wie keine Freunde.
Ich war schon immer mehr der Einzelgänger gewesen auch wenn ich wusste das in mir eine weitere Millie war, die anders sein konnte.
Die gerne feierte ,die super lustig war.

Doch wenn ich das erlebte wieder aufwühlen würde, dann wäre da nur die kleine schwache Millie Winston.
Die es nicht geschafft hatte sich aus der Abwärtsspirale zu lösen die sie gefangen hielt, trotz des riesigen Intellekts den ich ja besaß .
Die, die sie in die Drogen zog um das erlebte einfach vergessen zu können.
Macht und Ruhm gefolgt von Reichtum waren Dinge, die mir zusetzten, ich würde mir eher eine Wohnung mit einem Penner teilen ,als es mit irgendeinem reichen Menschen zu tun.
Solche Menschen nutzen ,Menschen wie mich nur aus um Ihnen zu zeigen wo unser Platz in dieser Welt war.

Ich schluckte, ich wollte es ihr sagen, ich atmete tief ein.
Schaute sie an und in mir stiegen die Tränen nach oben. In meinem Hals wurde der Kloß immer größer und größer.
Ich schaute sie panisch an und versuchte das unkontrollierbare zucken zu unterbinden.
Es gelang mir nicht und mein Atem ging schneller und schneller...langsam bekam ich so gut wie keine Luft mehr.
Jetzt saß Dr. Stevens neben mir und hielt mir beruhigend die Hand hin. „Atmen Millie, ganz ruhig atmen.",begann Dr. Stevans.
Und ich versuchte mein möglichstes ihren Anweisungen zu folgen.
Und meine Panikattacke nicht hochkommen zu lassen.
Es gelang mir tatsächlich und kurz darauf schnäuzte ich mir die Nase mit dem Taschentuch das mir Dr. Stevens reichte.

„Ok, Millie. Das war heute noch nichts...vielleicht sollten wir das ganze Thema erst einmal lassen. Und wir sprechen über andere Dinge. Sobald du dich bereit fühlst darfst du mir davon erzählen."
Ich nickte ihr zu und begann dann ziemlich leise zu sprechen.
„Ähm...ich..ich...w-wollte sie u-u-um etwas bitten..." „Ja um was denn Millie?",sie schaute mich nun aufmerksam an.
„Mein Professor für Fotographie möchte gern, das wir unser Projekt Anfang Dezember in der Uni ausstellen und und...ich wollte sie fragen ob ich mit Sam dorthin kann.",ich schaute vorsichtig zu ihr und Dr. Stevens dachte kurz darüber nach.
„Es ist für ihr Studium nicht?",wieder nickte ich.
„Dann werde ich Sam das sagen das er sie begleiten soll. Und was wird ausgestellt?"
„Ähm unser Alltag... und naja ich dachte mir ich einfach sage ich arbeite in einer Einrichtung. Hier sind übrigens die Bilder, ich werde alle Fragen ob ich sie ausstellen darf...."
„Millie..ich ..wow..diese Bilder sind wirklich sehr gut geworden...ich denke es werden alle zustimmen und Sie dürfen die Bilder ausstellen. ",es machte mich stolz das Sie das zu mir gesagt hatte.
„Aber sie dürfen auch erzählen das Sie diese Einrichtung besuchen."
„Das möchte ich nicht, ich will kein Mitleid..."
„Meinen Sie das die Leute sie Bemitleiden..?"
„Ja,das ist doch oft so...oder man wird als Junkie abgestempelt und hat dann einfach den Ruf weg...",gab ich etwas frustriert zu. Dr. Stevens nickte und schrieb wieder etwas auf.
Dann lächelte sie mich an und sagte noch etwas was mich irgendwie über meine Situation nachdenken ließ.

Millie's - Secrets about Love (N.H.- FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt