Chapter 9 / Theo

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Mit großer Verwirrung erschrak ich als ich auf das Display meines Smartphones sah. Sieben verpasste Anrufe. Während meines Workouts hatte ich es nicht dabei gehabt und als ich jetzt die Anruferliste hinunter scrollte erkannte ich keine einzige Nummer. Was zum...

Im nächsten Moment verdunkelte sich das Display und wieder erstreckte sich eine unbekannte Nummer über den Bildschirm.

Ich drückte auf den grünen Button und nahm ab. "Hallo?"

„Hallo. Ist da der Therapeut? Ich... ich bräuchte etwas Hilfe mit meinem kleinen Freund, na Sie wissen schon..." Stotterte die Person am anderen Ende.

„Bitte was? Ich verstehe nicht ganz. Wovon sprechen Sie? Wer sind Sie überhaupt?" Fragte ich perplex.

Aufgelegt. Ich verstand das ganze nicht. Was für ein Therapeut?

Nur einen Augenblick später vibrierte es erneut und zu keiner Überraschung kannte ich die Nummer wieder nicht.

„Ähm, Hallo?" Fragte ich verwirrt in mein Handy.

„Hallo? Können Sie mir vielleicht weiterhelfen? Sie sind doch Theo oder?" Der Anrufer kannte anscheinend meinen Namen.

„Worum geht es denn?" Vielleicht war dies ein ernsthafter Anruf.

„Ich habe da so ein Problem mit meinem Pe..." Ich ließ den Anrufer nicht ausreden und legte sofort auf. What in the fucking hell!?

Was hatte dieser gottverdammte Hurensohn jetzt angestellt? Ich musste nicht einmal nachdenken, um zu wissen wer mich hier verarschte. Es stank gewaltig nach Jasper. Ich umfasste den Gurt meiner Sporttasche etwas zu fest und spürte wie er in meine Handfläche schnitt. Aber ich brauchte diesen Schmerz, um nicht hier und jetzt die Nerven zu verlieren. Ich könnte diesen Bastard erwürgen. Da ist man nicht mal einen Tag wieder da und dann sowas. Konnte er es nicht einfach gut sein lassen?

Mit schnellen Schritten ging ich in Richtung des StuCa. Vielleicht würde mich eine Tasse vom besten Kaffee des Campus wieder zur Ruhe bringen. Aber der Tag war sowieso schon im Eimer, also machte ich mir keine großen Hoffnungen. Als plötzlich mein Handy wieder vibrierte und eine andere willkürliche Nummer auftauchte, wollte ich es am liebsten gegen die nächstbeste Wand werfen. Grrrr... was war nur los?

Mit dem nächsten Vibrieren erhielt ich dieses Mal keinen Anruf, sondern eine Nachricht. Es war Lu in unserem Gruppenchat. Sofort öffnete ich die Nachricht, die den Text "Sorry Bro. Aber ist irgendwie funny" und ein Bild enthielt. Als ich auf letzteres tippte konnte ich dessen Inhalt, einen Flyer deutlich lesen und vor meinen Augen färbte sich alles blutrot.

- SEX-THERAPIE -

Keine Erektion? Immer noch Jungfrau? Du brauchst mehr Sex-Positivity oder hast eine langweilige Beziehung?

Egal worum es geht. Ich kenne mich aus.
Meldet euch und wir finden eine Lösung.

Darunter befanden sich mein Name sowie meine Handynummer. Ich biss meinen Kiefer so hart aufeinander, dass ich Angst haben sollte ihn zu pulverisieren. Stattdessen stellte ich mir vor wie ich Jasper pulverisierte. Ich schäumte vor Wut. Mir war noch nicht klar wann oder wie, aber das würde er bitter bereuen.

Zwei Sommer zuvor...

Auf dem Campus wimmelte es vor Menschen, Erstsemester und deren Familien. Wirr liefen sie hin und her, suchten ihre Unterkünfte, so wie ich auch. Mein Vater hatte mich gefahren. Er war es auch, der mich über den Campus führte und mir alles stolz zeigte. Noch nie zuvor hatte er soviel Interesse gezeigt, auch wenn es eher an der Universität als an mir lag. Aber es war egal, denn er war da und ich nahm die Aufmerksamkeit gerne an.

Wie für meinen Vater üblich, hatte er es sich nicht nehmen lassen und mir ein Zimmer in dem Wohngebäude besorgt, wo er damals auch gewohnt hatte. Dort im Zimmer stehend sah er sich um als schwelgte er in Erinnerungen. Er war wie ein völlig anderer Mensch.

„Hatte ich dir erzählt wie ich damals bei den Kappas aufgenommen wurde? Manche Nächte waren so wild, dass wir direkt am nächsten Morgen in die Vorlesung gingen. Mein Dozent in Finanzmathematik hat mich regelrecht gehasst, weil ich nie aufpasste und ab und zu einschlief." Er lachte abwesend. „Ein anders Mal sind wir..." Das Smartphone in seiner Hand klingelte plötzlich und unterbrach ihn.

„Einen Moment, da muss ich ran." Sagte er bevor er überhaupt auf den Bildschirm sah und wusste wer dran war. Da war mein Vater wieder er selbst. Es wurde auch langsam etwas gruselig.

„Verdammt." Hörte ich eine Stimme von draußen.

Neugierig ging ich auf die Stimme zu und sah eine Person, die zwei große übereinander gestapelte Kisten trug. Anscheinend waren sie auch ziemlich schwer. Sein Gesicht war hinter den Boxen versteckt, sodass ich nur zwei starke Arme in Augenschein nahm. Das enge schwarze T-shirt ließ nicht viel für die Fantasie übrig. Die definierten Muskeln kamen zum Vorschein als er den Griff verstärkte.

„Oh warte. Ich helfe dir." Sagte ich schnell und nahm ihm die oberste Kiste ab.

„Danke. Kannst die einfach hier abstellen. Das ist mein Zimmer." Antwortete der Typ.

„Ah cool, ich bin dann anscheinend dein Nachbar. Ich bin übrigens Theo." Stellte ich mich vor.

Mittlerweile hatte er auch die andere Kiste abgestellt und ich konnte ihn genauer betrachten. Dunkle Haare, die ordentlich geschnitten waren, aber heute anscheinend noch keinen Kamm gesehen hatten. Seine rechte Braue durchzog eine Narbe, welche ihn wie einen Rebell aussehen ließ. Dunkle Augen, hohe Wangenknochen, volle Lippen und ein markantes Kinn. Wie sollte ich bitte die nächsten drei Jahre neben IHM wohnen. Aber ich vergaß mich selbst. Wie kam ich überhaupt auf diesen Gedanken, zumal mein Vater noch nicht einmal außer Hörweite war.

„Jasper." Streckte er mir seine Hand entgegen. „Nett dich kennenlernen." Sagte er mit einem verschmitzten Grinsen.

Seine warmen Finger umfassten meine und an dem Tag, wenn nicht sogar in diesem Moment änderte sich etwas in mir. Damals wusste ich noch nicht was es war und auch nicht wie unschön es war Jasper kennengelernt zu haben. Denn nicht eine Woche später stand ich in meinem Zimmer knietief in Toilettenpapier. Der ganze Boden war weiß bedeckt gewesen, sowie alle Oberflächen, wie auch mein Bett und der Schreibtisch. Sogar alle Schränke und Regale waren gefüllt. Hinter mir hatte ich nur Jaspers Lachen gehört und wie er sagte, dass Weihnachten dieses Jahr etwas früher gekommen sei. Und seit dem lachte immer nur einer von uns während sich diese dumme Fehde immer weiter entwickelte, ohne dass ich auch nur eine Ahnung davon habe wieso.

Hopeless Hearts (menxmen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt