Kapitel 3. Dornige Zungen

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~ 7. - 8. Mond ~

Der Tau tropfte von den Blättern der dornigen Sträucher, die den Schülerbau umgaben. Wieder gemeinsam mit Nadelpfote in einem Bau zu schlafen, war hart und verletzend. Im wahrsten Sinne des Wortes, da es nicht selten geschah, dass Eibenpfote stachelige Dornen in ihrem Nest vorfand. Als sie es einer Katze einmal gesagt hatte, hatte diese nur schultern zuckend gemeint, dass es schon einmal vorkommen könnte, dass die Dornen des Brombeerstrauches in die Nester fallen.

Doch Eibenpfote war sich ziemlich sicher, dass die hämisch dreinblickende Nadelpfote etwas damit zutun hatte - schließlich konnten nicht so viele Dornen so regelmäßig immer nur in ihr Nest herabregnen, das war doch nicht normal. Also hatte Eibenpfote es sich angewöhnt, ihr Nestpolster vor dem Schlafengehen immer sorgfältig zu kontrollieren. Ach ja, und natürlich, die ganzen Dornen dann aus Versehen in das benachbarte Nest fallen zu lassen. 

Huch, da waren sie wohl in Nadelpfotes Polstern gelandet, wie konnte das bloß geschehen? Musste wohl der Brombeerbusch ein paar trockene Dornen verloren haben, konnte man nix machen.

Der Brombeerbusch raschelte leicht. Sofort war Eibenpfote hellwach und stand auf. Das musste Dornenzunge sein. Seit dem Beginn ihres Schülerdaseins hatte die Kätzin ihre Schülerin noch vor dem ersten Vogelgezwitscher zum Training in den Wald mitgenommen. Anfangs hatte Eibenpfote noch heftig dagegen protestiert und gemault, was das denn bringen würde, dass sie nur müde und schlecht gelaunt wäre. 

Doch da Dornenzunge sich bestens mit schlechter Laune auskannte, zeigte sie ihr einfach die kalte Schulter und ließ die Schülerin schimpfend neben ihr herlaufen. Und jedes Mal hörten sie erst auf zu laufen, wenn Eibenpfote mit ihrem Geschimpfe fertig war. Nachdem die Schülerin das kapiert hatte - manchmal waren sie den ganzen Vormittag durch das SchattenClan Territorium gestreift, da Eibenpfote sehr hartnäckig im sich Beschweren war - wurden die Morgenläufe kürzer und sie konnten mit richtigem Training beginnen. 

Dornenzunge war etwas exzentrisch und das übertrug sich auch auf ihre Lehrmethoden. Dazu gehörte der morgendliche Schimpflauf, aber auch, dass Eibenpfote Unmengen an Moos als Vorbereitung zum Jagdtraining sammeln musste. Ihre Mentorin meinte, dass es die beste Übung wäre, um die Krallen zu schärfen und ihre Geschicklichkeit zu verfeinern. Die Schülerin sollte unter dem scharfen Blick der gelben Augen das Moos so von den Steinen und Borken trennen, dass kein Dreck und keine Wurzeln daran hängenblieben. 

Das allein war an sich schon eine eintönige, langweilige und mühselige Arbeit. Doch noch schlimmer wurde es, wenn Eibenpfote sich all das Moos unters Kinn klemmen sollte, um es so in das SchattenClan Lager zu transportieren. Dornenzunge rührte dabei keine Kralle, um ihr zu helfen. Sie begleitete sie beim ersten Lauf mit ins Lager, legte sich dann irgendwo in die Sonne und döste, bis Eibenpfote alle Gänge gemacht hatte, die es brauchte, um das Moos ins Lager zu schaffen. 

Es war erniedrigend, mit eingeklemmten Kinn, voller Moos und Erde, ins Lager zu laufen. Oder eher zu stolpern, da die Schülerin durch das Nestpolster ihre Vorderpfoten nicht sehen konnte und sich auf ihren Tastsinn verlassen musste, um zu laufen. Häufig war sie dabei unachtsam und stolperte dann über ihre eigenen Pfoten oder über ein Hindernis, das sie nicht gesehen hatte. Es war eine von Nadelpfotes Lieblingsbeschäftigungen, Eibenpfote dabei zuzusehen und bei jedem Fehltritt loszujaulen, als wäre es der Witz des Mondes.

Manchmal taumelte Eibenpfote dann extra zur Seite und stieß mit Nadelpfote zusammen, sodass sich die ganzen Moospolster über dem stets gepflegten Fell der kleinen Kätzin ergossen. Zwar musste sie das Ganze dann wieder aufräumen, doch das war es ihr wert. 

𝐄𝐢𝐛𝐞𝐧𝐟𝐥𝐮𝐜𝐡𝐬 𝐒𝐞𝐠𝐞𝐧 I Special AdventureWo Geschichten leben. Entdecke jetzt