Blinzelnd wachte ich zum Geräusch von Stephens Herzschlag auf. Mein Kopf ruhte auf seiner Brust, die sich regelmäßig hob und senkte. Lächelnd hob ich ihn und stützte mich auf meinen Unterarm. Ich blickte auf ihn herab und konnte das alles noch immer nicht so richtig glauben, was in den letzten vierundzwanzig Stunden passiert war. Mit schief gelegtem Kopf ließ ich meinen Blick über Stephens Gesicht wandern und war wieder einmal überrascht, wie friedlich und glücklich er im Schlaf aussah. Dort konnte ihn niemand verletzten. Gerade wollte ich ihm aus einer Eingebung heraus über die Wange streichen, da schlug Stephen auf einmal die Augen auf und sah mich direkt an. Meine Hand schwebte in der Luft. Ich zuckte erschrocken zusammen und er setzte sich langsam auf. "Du bist ja schon wach.", murmelte ich und sah auf die Decke, die ganz zerknittert war, um nicht rot zu werden. "Warum bist du denn nicht aufgestanden, wenn du wach warst?", fragte ich verlegen und strich mir ein paar Haare aus der Stirn. Dass ich immer noch so unsicher in seiner Nähe war, nach allem was passiert war. "Ohne dich zu wecken, wo du doch halb auf mir gelegen hast?", entgegnete Stephen amüsiert. "Wie auch immer ich das anstellen soll." Er sah mich mit diesem schiefen Grinsen und diesem leicht neckenden, geheimnisvollen Blick an, der mein Herz jedes Mal höher schlagen ließ, bevor er sich vorbeugte und mich sanft küsste. Dann schlug er die Decke zurück und stand auf, um zu seinem Kleiderschrank zu gehen und sich anzuziehen. Rasch schlüpfte Stephen in eine Jeans und einen seiner schwarzen Hoodies. Ich sah ein, dass er wohl niemand war, der solche Momente wie eben oder gar die letzte Nacht lange festhielt und stand seufzend auf und griff nach meinem Hemd von gestern Abend. Missmutig starrte ich es an, während ich es mit langem Arm von mir hielt, als wäre es versucht. Ich hatte echt keine Lust, mich wieder in diesen steifen, glatten Stoff hüllen zu müssen, doch was anderes hatte ich nicht hier. Stephen schien meinen Unwillen zu bemerken, denn er öffnete seinem Schrank erneut und schmiss mir mit einem "Fang." einen Hoodie zu. Überrascht fing ich ihn auf. "Der könnte dir ein bisschen zu groß sein, aber ich hab nichts kleineres.", meinte er und fuhr sich durch die zerzausten Haare, nachdem er die Schranktür wieder geschlossen hatte. "Hey, so klein bin ich nun auch wieder nicht.", empörte ich mich und reckte das Kinn. "Ach nicht?" Stephen grinste und trat ganz nah an mich heran. Ja, ich war gewachsen, so dass unser Größenunterschied nur noch einen halben statt eines ganzen Kopfes Betrug, wie zum Anfang des Schuljahrs, trotzdem fühlte ich mich wieder so winzig, als er so nah vor mir stand. Schnell wandte ich mich ab und zog mir seinen Hoodie über den Kopf. "Du wirst immer mein kleiner Stark sein.", murmelte er mit einem Lächeln in der Stimme. Das überraschte mich dann doch, dass der sonst so kalte Stephen Strange, wenn seine Mauern einmal gefallen waren, ehrlich und ohne einen Unterton in der Stimme, zu solch geradezu lieblichen Aussagen fähig war. Damit durch mein kurzes Unvermögen zu einer angemessen Antwort keine unangenehme Stille entstand, deutete ich in Richtung Tür und fragte: "Frühstück?" "Ich verhungere.", antwortete Stephen und schnell öffnete ich uns beiden die Tür.
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"Hast du alles, Tony?", fragte Happy und warf noch einen prüfenden Blick in den Kofferraum des Autos, in dem meine Tasche lag. "Jaja, ist alles dabei.", antwortete ich abwesend. Meine Aufmerksamkeit galt der Schar an Schülern, die sich alle auf dem Schulhof und dem Parkplatz tummelten. Ich suchte ein ganz bestimmtes Gesicht. Nach dem Frühstück waren meine Freunde, Stephen und ich alle auf unsere Zimmer verschwunden, um unsere Sachen für die Abreise zu packen. Weihnachten war die einzige Zeit im Jahr, in der, anders als in den Ferien oder an Tagen wie Ostern oder Silvester, kein einziger Schüler im Internat blieb. Deswegen herrschte am ersten Ferientag immer großes Gedränge, wenn alle abgeholt wurden. Ich versuchte Stephen zwischen den anderen Schülern auszumachen, denn er war der Einzige, den ich nach dem Frühstück nicht nochmal gesehen hatte, um mich zu verabschieden. "Tony, wie lange willst du da noch herumstehen?", wollte Happy genervt wissen. "Ich komme ja gleich.", meinte ich und hibbelte auf der Stelle herum, bevor ich mich doch dazu entschloss, Stephen suchen zu gehen. Ich quetschte mich zwischen den ganzen Menschen hindurch, doch nirgends konnte ich auch nur ein bekanntes Gesicht sehen. Schließlich gab ich es auf und trottete niedergeschlagen zurück zum Auto. "Können wir dann los?", fragte Happy, der schon am Steuer saß. Ich nickte nur und setzte mich etwas niedergeschlagen auf die Rückbank. Happy fuhr vom Parkplatz und ich starrte durch die verdunkelten Scheiben zurück zur Schule. Da war sie wieder, die Unsicherheit. Ich dachte, dass ich Stephen endlich verstehen würde und dass wir uns inzwischen nah genug standen, um uns wenigstens voneinander zu verabschieden, aber keines von beiden traf zu. Als die Schule aus meinem Blickfeld verschwunden war, zog ich mein Handy aus der Hosentasche und wählte eine ganz bestimmte Nummer. Es klingelte jedoch nicht einmal bei Stephen, sondern die Mailbox teilte mir sofort mit, dass er nicht zu erreichen war. Danke für die Info, dachte ich missmutig. Wieso war Stephens Handy aus? Mit gerunzelter Stirn sah ich durch die verdunkelten Scheiben nach draußen und gab für den Rest der Fahrt keinen Laut mehr von mir.
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All Of Me
Fanfiction- Teil 1 - Ein neues Schuljahr beginnt am Felton-Internat und mit diesem kommt auch ein neuer Schüler. Tony weiß nicht was er von Stephen halten soll. Mit seiner charmant-arroganten Art wird er schnell beliebt, doch bleibt er im Direkten kühl und di...