Stephen entzog mir seine Hände wieder und vergrub sie in den Taschen seines Hoodies. Ich wunderte mich, ob er den auch zum Schlafen trug. Die Kapuze nervte doch bestimmt. Ich lehnte mich gegen den warmen Schornstein und legte den Kopf in den Nacken. "Trägst du darum immer die Handschuhe? Damit man die Narben nicht sieht?", fragte ich und starrte weiter in den Himmel. "Damit ich sie nicht sehe.", antwortete Stephen. In seiner Stimme schwang ein Unterton mit, den ich nicht deuten konnte. War das Verachtung? "Ich finde sie schön.", meinte ich. Stephen schnaubte nur grimmig. Ich drehte mein Gesicht zu ihm und er erwiderte meinen Blick. "Nein, wirklich.", beteuerte ich aufrichtig. "Narben sind die Farbpalette des Lebens. Und sie zeichnen uns in den buntesten Mustern.", fügte ich hinzu, ohne zu wissen, wen ich hier gerade so schlecht zitiert hatte. Er schwieg. Ich dachte schon, dass ich mit diesem unbedachten Versuch, etwas poetisches von mir zu geben, seine Meinung zu mir schon wieder zerstört hatte und wollte mich schon gedanklich selbst dafür ohrfeigen, doch da ein kleines Lächeln trat auf Stephens Gesicht. "So habe ich es noch nie betrachtet.", murmelte er nachdenklich. Dann grinste er. "Ich wusste gar nicht dass du ein Poet bist." Ich kratzte mich lachend am Kopf. "Ein schlechtes Gedächtnis für Zitate und genug Kreativität diese ganz frei zu ergänzen.", erklärte ich verlegen. "Das einzige Zitat das ich mir merken kann ist Das Leben ist kein Märchen. Wenn du heute Nacht einen Schuh verlierst, bist du betrunken.", meinte Stephen und schüttelte lachend den Kopf. "Das ist Thor mal passiert.", sagte ich und dachte zurück an seinen sechzehnten Geburtstag. Das ganze hatte damit geendet, dass Thor auf einmal betrunken und barfuß im Garten gestanden und Blätter zusammenfegte hatte. Wir hatten ihn wochenlang damit aufgezogen. Wir beruhigten uns wieder und saßen eine Weile schweigend nebeneinander. Ich lauschte dem Rauschen der Blätter der Bäume des kleinen Waldes, der zur Schule gehörte. Das ferne Geräusch, der warme Stein in meinem Rücken und das Gras, das gemütlicher war als gedacht, ließen mich schon bald müde werden. Die Uhrzeit tat ihr Übriges dazu. "Tony?", riss mich Stephen wieder aus dem Dämmern. "Hm?", fragte ich und schüttelte meinen Kopf, um den Schlaf zu vertreiben. "Schlaf mir hier oben ja nicht ein. Ich will dich nicht halb in dein Zimmer tragen müssen, nur weil du die Augen nicht mehr aufhalten kannst.", meinte Stephen. "Nein nein, ich bin wach, ich bin wach.", erwiderte ich, musste jedoch gleich darauf Gähnen, was ich aber zu unterdrücken versuchte. "Vielleicht sollten wir reingehen.", schlug Stephen vor und war schon dabei aufzustehen. Da ich aber noch nicht von Stephen wegwollte, antwortete ich schnell: "Nein, wirklich, alles gut, ich bin noch wach." Stephen sah skeptisch auf mich herunter, ließ sich dann jedoch wieder neben mich fallen. Jetzt saß er allerdings näher an mir als zuvor. Schnell wandte ich mein Gesicht ab, damit er nicht sah wie ich rot wurde, auch wenn das bei der verschwindend geringen Helligkeit sicher eh nicht zu sehen war. "Du meintest vorhin, dass Thor mal betrunken seinen Schuh verloren hat.", nahm Stephen das Gespräch wieder auf. "Sogar beide.", warf ich ein und musste bei dem Gedanken daran schon wieder grinsen. Morgen musste ich ihm das mal wieder unter die Nase reiben. "Jedenfall, was genau ist da passiert?", wollte Stephen wissen. "Aha. Darum geht's dir also.", meinte ich mit einem Seitenblick. "Entschuldigung, dass ich mich unterhalte.", erwiderte Stephen etwas säuerlich. "Na gut, aber vorher will ich ein bisschen was über dich erfahren, bevle ich hier peinliche Geschichten über andere erzähle.", versuchte ich ihn zu beschwichtigen. Bei dem musste man ja echt aufpassen. Stephen seufzte. "Was soll ich da schon großartig erzählen?", fragte er. "Keine Ahnung, laber einfach was dir so einfällt.", meinte ich und unterdrückte erneut ein Gähnen. Stephen stieß geräuschvoll die Luft aus, begann dann jedoch zu erzählen. Am Anfang hörte ich noch aufmerksam zu, doch bald konnte ich meine Augen immer schwerer offen halten. Stephens tiefe Stimme war einschläfernd.
"Tony." Die Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen. "Hey Tony, wach auf." Erst jetzt bemerkte ich, dass die Stimme direkt neben mir war. Blinzelnd öffnete ich meine Augen und hob meinen Kopf. "So viel zu Ich bin nicht müde", lachte Stephen. "Hm, was?", fragte ich nur verschlafen. "Hat sich's gut auf meiner Schulter geschlafen?", wollte er weiter wissen, ohne auf meine Antwort einzugehen, und grinste mich an. "Oh Gott, echt?", fragte ich erschrocken. Stephen lächelte beschwichtigend. "Schon gut, aber wir sollten jetzt wirklich reingehen.", meinte er. Ich nickte nur. Peinlich. Er stand auf und hielt mir die Hand hin. Ich nahm sie und Stephen zog mich hoch, bevor er voran zum Fenster ging. Wir kletterten wieder nach drinnen und Stephen schloss das Fenster, dann traten wir auf den Flur und liefen nebeneinander her zu unseren Zimmern. "Dann bis morgen.", meinte Stephen noch zum Abschied, bevor er durch seine Zimmertür verschwand. Kurz blickte ich noch auf die geschlossene Tür, dann betrat auch ich mein Zimmer. Ich ließ mich sofort auf mein Bett fallen und kuschelte mich in die Decke. Müde nahm ich nochmal mein Handy zur Hand, um die Uhrzeit zu checken. 3:42 Uhr. Ich stöhnte auf. Morgen musste ich früh raus, wir hatten ja Schule. Ich wollte gerade schon mein Handy weglegen, als ich zögerte. Ein bisschen unsicher öffnete ich WhatsApp und suchte Stephen. Drei Mal begann ich mit Tippen, doch jedes Mal löschte ich die Nachricht wieder, bevor ich sie senden konnte. Letztendlich tippte ich nur ein einfaches Gute Nacht. Ich starrte auf dir Nachricht, als sich die beiden Haken blau färbten. Stephen hatte meine Nachricht gelesen. Nun kamen doch Zweifel in mir hoch. Sie verflogen allerdings als Stephen antwortete. Gute Nacht, Tony. Schlaf gut. Lächelnd legte ich mein Handy auf den Nachttisch und vergrub mich im Kissen.~
"Tony?", fragte Mrs. Adams und riss mich damit aus meinen Gedanke. "Was?", fragte ich nur. Ich hatte ihre Frage nicht mitbekommen. "Ich wollte von dir hören, was du mir zur Mesoteslehre von Aristoteles sagen kannst.", wiederholte Mrs. Adams ihre Frage. Schnell senkte ich meinen Blick in meinen Hefter. "Ähm, also die Mesoteslehre besagt, dass die Mitte die Tugend ist, welche einen maßvollen Ausgleich zweier Extreme darstellt.", las ich ab. "Danke Tony. Beim nächsten mal möchte ich bitte, dass du besser aufpasst.", wies mich unsere Ethiklehrerin zurecht, bevor sie fortfuhr, an die Tafel zu schreiben. Gedankenverloren malte ich Kringel auf den Blattrand. "Tony?" Natascha, die neben mir saß, stieß mich an. "Hm?", fragte ich. "Was ist denn nur mit dir los?", wollte meine Freundin wissen. Ich grinste schräg, ohne von meinem Blatt aufzusehen. Jetzt malte ich Smileys. "Sagen wir mal so, ich hatte eine interessante Nacht.", sagte ich und wurde mir dann der Zweideutigkeit dieses Satzes bewusst. "Keine Sorge, nicht was du vielleicht denkst.", fügte ich deshalb noch schnell hinzu, ebenfalls wegen meines Rufes, und blickte dabei von meinem Blatt zu Natascha. Trotzdem warf sie mir diesen Seitenblick mit hochgezogener Augenbraue zu. "Du willst, dass ich es dir erzähle?", fragte ich, immer noch grinsend. Ich kannte sie nur zu gut. "Schieß los.", forderte sie mich sofort auf. Also erzählte ich ihr von letzter Nacht. Wie ich nicht hatte schlafen können, aufs Dach gegangen war, wie ich mit Stephen geredet hatte und sogar, dass ich auf seiner Schulter eingeschlafen war. Als ich zu diesem Teil kam musste Natascha einen freudigen Aufschrei unterdrücken. "Eigentlich hatte ich ja vor dich mit Steve zu verkuppeln, aber das finde ich ja noch besser.", flüsterte sie aufgedreht, nachdem Mrs. Adams uns beiden schon einen warnenden Blick zugeworfen hatte, weil wir die ganze Zeit tuschelten. "Ich und Steve?", fragte ich belustigt. "Hast du mal gesehen wie er Bucky ansieht? Würde mich nicht wundern, wenn wir da bald frohe Kunde vernehmen." "Und ich sehe auch, wie du Stephen ansiehst.", hielt Natascha dagegen. Ich warf besagtem einen Blick zu. Stephen, wieder in Schuluniform, saß auf der anderen Seite des Raumes und hing schräg auf seinem Stuhl, während er das Tafelbild abschrieb. Er trug wieder seine Handschuhe. "Hey, nicht zu lange anstarren, sonst löst er sich noch in Luft auf.", wandte Natascha meine Aufmerksamkeit wieder auf etwas anderes. Ich schnitt ihr nur eine Grimasse, bevor ich selbst wieder zum Stift griff, um mitzuschreiben. Sie wusste ja gar nichts. Als ich heute früh zu den Waschräumen gegangen war und auf dem Gang Stephen begegnet war, hatte ich ihn fröhlich gegrüßt. Ich hatte gedacht, dass nach der letzten Nacht endlich die Feindseligkeit zwischen uns beseitigt war. Doch stattdessen hatte Stephen mir nur kurz kühl zugenickt, ohne eine Regung. Natürlich erzählte ich Natascha nichts davon. "Und wie geht das jetzt weiter mit euch beiden?", wollte meine Freundin weiter wissen. Ich zuckte nur ratlos die Achseln. Zu allen anderen war er nett und chatmant, einer der beliebtesten unseres Jahrgangs, da konnte ich ihr ja schlecht sagen, dass Stephen mir gegenüber so seltsam war. "Abwarten und Tee trinken.", meinte ich deshalb nur und zwinkerte ihr zu. Natascha wollte schon etwas erwidern, als die Klingel ihr das Wort abschnitt und uns vom Unterricht erlöste. "Und denkt bitte an den Text fürs nächste Mal.", erinnerte uns Mrs. Adams noch, während wir schon unsere Sachen einpackten. "Du musst mich unbedingt auf dem Laufenden halten.", raunte Natascha mir noch schnell zu, bevor auch schon Clint und Rhodey bei uns standen. "So, wer hat Hunger?", fragte Rhodey. "Habe schon den Tisch angenagt.", antwortete ich. Die anderen lachten. Dann machten wir uns auf und liefen quatschend zum Speisesaal, wo wir die anderen trafen.
Helu ✌︎
Yay, doch noch geschafft!
Ich muss mich echt bei euch entschuldigen, ich hab's gestern einfach nicht mehr geschafft das Kapitel fertigzustellen.
Schande über mich!
Naja, ich hoffe zumindest, dass das Warten sich gelohnt hat ^^.
Aber bisher sieht's wohl noch nicht sehr nach Ironstrange aus, oder?
Keine Sorge, im nächsten oder übernächsten Kapitel kriegt ihr wofür ihr hier seid.
Bis dahin, lebt lang und erfolgreich.
Bye :3PS: Ja, nächstes Mal wieder pünktlich (;
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All Of Me
Fanfic- Teil 1 - Ein neues Schuljahr beginnt am Felton-Internat und mit diesem kommt auch ein neuer Schüler. Tony weiß nicht was er von Stephen halten soll. Mit seiner charmant-arroganten Art wird er schnell beliebt, doch bleibt er im Direkten kühl und di...