Kapitel 21

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„Musste das unbedingt sein?", schnauze ich Michael an, als wir uns in eine ruhige Ecke verkrochen haben.
„Musstest du mich in eine so peinliche Lage bringen?"
Ich verschränke die Arme vor der Brust und sehe ihn wütend an. Schließlich hat nun jeder im Raum gesehen, wie ich in Michaels Armen lag und dann musste ich auch noch Ben stehen lassen, da der ach so verehrte Herr unbedingt sofort mit mir reden muss.

„Hab dich nicht so. Du liegst doch gerne in meinen Armen", grinst er und geht auf mich zu.
Automatisch versuche ich wieder Abstand zwischen uns zu bringen. Leider hat das zufolge, dass ich rückwärtslaufe und das natürlich gegen eine Wand. Klasse.
Michael grinst weiterhin und am liebsten würde ich ihm dieses aus dem Gesicht schlagen. Er stemmt seine Hände neben meinen Kopf an die Wand und sieht mir eindringlich in die Augen, was mich schlucken lässt.

„Was willst du?", flüstert er mit rauer Stimme.
„Ich... es...", stottere ich, weswegen ich mich innerlich schlage.
Warum bekomme ich in seiner Nähe nie einen richtigen Satz heraus? Das ist langsam wirklich nervig. Mein Herz schlägt mir hektisch gegen den Brustkorb, droht schon fast herauszuspringen, so durcheinander bringt er mich.
„Süße, du musst schon in Sätzen mit mir reden. Aus einzelnen Worten werde ich nicht wirklich schlau. Oder willst du wieder singen?"

Ich schnaube auf und sehe ihn wütend an. Ist das sein Ernst? Er will mich jetzt provozieren? Mich ärgern, nur weil ich mir die Gefühle von der Seele gesungen habe? Was will er jetzt eigentlich von mir? Mit mir reden oder mich ärgern?
„Warum hast du mich jetzt hierher gebracht? Was willst du eigentlich von mir? Ich werde aus dir einfach nicht schlau. Du bist ein verdammter Badboy, das sieht man schon von weiten und dennoch bringst du mich durcheinander. Kirottu!", fluche ich zum Schluss und stoße ihn leicht von mir, da zwischen uns mittlerweile kein Grashalm mehr passen würde.

Da Michael damit nicht gerechnet hatte, stolpert er ein paar Schritte nach hinten, was ich mit Genugtuung ansehe. Schließlich hat er mich schon öfter in peinliche Lagen gebracht.
Leider hält er sich auf den Beinen und grinst mich an.
„Meine kleine Finnin", beginnt er, doch bevor er noch etwas sagen kann, unterbreche ich ihn sofort.
„Ich bin nicht deine kleine Finnin", stelle ich schroff klar und streiche mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Oh, wie falsch du nur liegst. Natürlich bist du das. Du willst es ja. Früher oder später wirst du es sein, Amanda", flüstert er und drückt mir so schnell einen Kuss hinter das Ohr, sodass ich keine Chance habe, irgendwas dagegen zu tun. Michael lächelt mich an und verschwindet dann. Lässt mich wieder komplett neben der Spur hier zurück.

♪♫

Vier Tage sind vergangen. Das Training rannte wortwörtlich an mir vorbei. Obwohl ich bin BonJovi trainieren durfte, da dieser in Yvonnes Team Gast-Coach ist, bekam ich nicht viel mit. Jetzt bin ich sogar weiter und kann es einfach nicht genießen. Es ist ein Fluch.
Meine Gedanken kreisten einfach die ganze Zeit um das Erfahrene in Finnland und natürlich um Mistkerl Michael, welcher es natürlich geschafft hatte und im Halbfinale ist.
Und ich? Ich bin in Yvonnes Team die Letzte, die um einen der drei 'Hot Seats' kämpft. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass meine Reise hier heute vorbei sein wird. Ich habe einfach nicht so gut trainiert wie sonst... Und das alles nur wegen zwei verdammten Personen.

Ich atme tief durch, als ich angekündigt werde. Kurz fahre ich mir durch meine langen, lockigen Haare und streiche mein schlichtes blaues Kleid glatt, bevor ich auf die Bühne gehe und mich auf den Barhocker setze, da ich beschlossen habe, im Sitzen zu singen. Vielleicht sieht man es mir dann nicht so an, dass ich einfach nicht gut vorbereitet bin. Ein kleiner Hoffnungsschimmer.
Ich lasse meinen Blick kurz durchs Studio gleiten. Schließlich bleibt dieser bei meinem Vater hängen, welcher mir kurz zunickt. Kurz beiße ich mir auf die Lippen und schließe die Augen, als der erste Ton gespielt wird.

It's probably what's best for you. I only want the best for you. And if I'm not the best, then you're stuck", beginne ich zu singen, wobei ich merke, wie ich bei jedem Ton schlechter werde. Jetzt ist wirklich alles vorbei. Ich habe nichts in meinen Leben erreicht. Ich habe keinen Job, meine beste Freundin ignoriert mich und meine Mutter hat mich mein ganzes Leben lang betrogen und belogen. Ich habe nur noch meinen Vater.

Tief atme ich durch. Nein! Ich darf dennoch nicht einfach so aufgeben. Ich muss stark sein.
„I guess you needed more time to heal. Baby I just ran out of band-aids. I don't even know where to start", singe ich dieses Mal viel kräftiger. Sogar ein kleines Lächeln hat sich auf mein Gesicht geschlichen. Ob man merkt, dass ich innerlich den Schalter umgelegt habe? Natürlich wird man das merken, aber das ist mir jetzt egal. Es geht ums singen. Um meine Leidenschaft, die ich entdeckt habe, als ich klein war. Es geht um mich, dass ich Spaß habe. Es geht nicht um die anderen.

„You never really can fix a heart. ooooh, oooh ooooh, hmm oh. You never really can fix my heart", ende ich und öffne endlich meine Augen. Das Publikum klatscht, scheint aber nicht wirklich begeistert von meiner Leistung zu sein. Naja, sie entscheiden ja nicht. Das macht ja Yvonne. Diese sieht mich mit leicht schräg gelegtem Kopf an.

„Amanda, Amanda", beginnt sie leise und ich schlucke. Also ist doch alles vorbei. Naja, egal. Ich habe ja, was ich wollte. Ich habe meinen Vater gefunden.
„Ich hatte dich wirklich besser in Erinnerung. Man hat richtig gemerkt, wie du am Anfang mit dir selbst gerungen hast, aber dann hat es bei dir wohl Klick gemacht und du bist durchgestartet. Und das bewundere ich. Du hättest einfach so weitermachen können. - Aufgeben. Aber das tust du nicht. Man sieht es bei Samu. Du hast ihn nicht gekannt, du wusstest nicht viel, dennoch hast du dich auf die Suche nach ihm gemacht. Du hast nicht aufgeben. So wie jetzt. Und deswegen... deswegen tut es mir leid, aber ich werde dir..."
Ich kaue auf meiner Unterlippe herum und sehe zu Samu, welcher mich sanft ansieht, was bewirkt, dass ich mich beruhige. Tief atme ich aus und sehe wieder zu Yvonne.
„Aber trotzdem kann ich dir keinen Sitz anbieten. Es tut mir leid."

Song(text): Demi Lovato - Fix a Heart

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Hello Dad • Samu Haber | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt