"Mica!" rief die selbe Stimme wie vorhin.
Widerstrebend war sie aufgestanden und ließ sich von dem jungen Mann den düsteren Gang entlang führen. Als sie einen größeren Raum betraten sah sie zu wem die Stimme gehörte. "Mica! Du kannst sie doch nicht hierher bringen. Wir wissen nichts über sie", schimpfte eine betagte Frau mit ihm, ihre langen dunklen Haare hatte sie gepflegt über die Schultern gekämmt. Ihre Haut war sonnengebräunt und hatte einen dunkleren Teint.
Die Erdatmosphäre war im Eimer, die Sonnenstrahlung stärker denn je und seit über einem halben Jahr hatte Cia keinen Regen mehr gespürt. Die Hitze war allgegenwärtig, doch nicht so hier unten, es war erstaunlich kühl, was wahrscheinlich nur daran lag, dass sie nicht an der Oberfläche waren. "Mama! Ich weiß was ich tue, sie kann bei mir schlafen. Ich glaube sie hat einfach Angst", entgegnete der große Mann und wurde immer leiser. "Lass sie nicht aus den Augen, Mica", erwiderte die Frau und musterte offensichtlich ihren Sohn. "Werde ich nicht", murmelte dieser genervt von ihrer Fürsorge.
Er zog sie weiter und blieb schließlich vor einer Tür stehen. "Es ist nicht viel was wir haben, aber es ist besser als da draußen zu sein", wandte er sich an sie und öffnete schließlich die Tür. Dahinter verbarg sich ein kleiner Raum, ein schlichtes Metallbett befand sich an einer Wand. Er war kahl, doch das zählte für Cia nicht. Sie war nicht mehr alleine in der Dunkelheit.
In einer Ecke stand ein Tisch mit zwei Stühlen und sogar eine kleine Kommode fand ihren Platz. Sie setzte sich in eine leere Ecke und blieb weiterhin stumm. Sie war ihm dankbar, dafür doch sie würde ihm bestimmt nicht alles erzählen. Sie hatte bereits zuviel verraten. Sie wusste nicht wer diese Menschen waren und wie sie an so eine Unterkunft gelangt waren. Die alleinige Vorstellung daran bereitete ihr Gänsehaut. Mussten weitere Unschuldige dafür sterben?
"Willst du nichtmal etwas von deiner Kleidung ausziehen? Ist bestimmt heiß unter diesen Schichten von Stoff." fragte er sie und hoffte insgeheim einen Blick auf dieses Mädchen zu werfen. Seit er hier war, gab es immer mal wieder Neuankömmlinge doch nur in Ausnahmefällen waren Frauen dabei und wenn dann waren sie bereits mit anderen Männern unterwegs oder einer der ihren hatte Anspruch erhoben. Es war beinahe primitiv wie sie mit ihnen umgingen.
Widerwillig zerrte Cia an ihrer Jacke und den festgezurrten Tüchern die sie um ihren Körper gewickelt hatte. Wie von Geisterhand löste sich der Stoff plötzlich doch noch und fiel lose auf den Boden, wo eine kleine Staubwolke aufging, die Jacke folgte gleich darauf. Sie hatte keine Wahl, entweder sie tat was man ihr sagte oder sie könnte sich gleich eine Kugel in den Kopf jagen.
Der junge Mann lachte kurz tonlos auf, ehe er die Sachen vom Boden hob. "Wir werden sie waschen, soweit es uns möglich ist", informierte er sie. Cia nickte wortlos und senkte wieder den Kopf auf ihre Knie, die Hitze die sich unter den schützenden Stoffschichten aufgestaut hatte entwich langsam. Sie saß nur noch in ihren normalen Sachen vor dem Jungen, eine verdreckte einst enge Hose und ein Pullover der ihr bis beinahe zu den Knien reichte. Irgendwann waren die Sachen mal schwarz gewesen, doch nun waren sie allesamt verdreckt und ausgebleicht.
Mittlerweile waren ihr die Sachen viel zu groß. Das Gewicht der Tücher lastete Monate auf ihr und nun wurde ihr zum ersten mal klar wie schwer sie eigentlich waren. Ihre Arme waren dünner als in Erinnerung und der alleinige Anblick der dünnen geröteten Haut ließ ihr einen Schauer über den Rücken gleiten.
Der Anblick schockte ihn, er hatte schon viele Neuankömmlinge gesehen. Doch keine die bereits solch körperliche Folgen davon trugen. Die Haut die wahrscheinlich mal makellos war, war gerötet und an vielen Stellen wund. An ihren Händen hatten sich teils Narben gebildet, die von Blasen überdeckt wurden. Das schlimmste jedoch an diesem ganzen Bild war, wie die Haut sich über die dünnen Gliedmaßen spannte. Es sah beinahe skurril aus, wie dünnes Pergament schimmerten an manchen Stellen die Venen durch, während sie an anderen Stellen aufgerissen und blutig war. Die haselnussbraunen Augen, waren leer. Die Haare ungleichmäßig lang, wahrscheinlich hatte sie sie sich selbst abgeschnitten da sie störten. "Wir müssen deine Wunden säubern, sonst könnten sie sich entzünden", bemerkte er und verließ das Zimmer um das nötige Verbandszeug zu besorgen.
Sie blickte starr auf ihre Hände, denen man diese Tortur die sie nun schon seit fast zwei Jahren ertrug , ansah. Was er sagte war ihr in dem Moment gleichgültig, sie hatte seit langem mal wieder was gegessen und das war mehr als sie erwartet hat. Einen weiteren Tag hätte sie nicht mehr geschafft, sie wäre wohl irgendwo zusammengebrochen und endgültig verhungert, verdurstet oder wer weiß was sonst noch. Ihr war es durchaus bewusst, welches Glück sie hatte. Die meisten mit denen sie unterwegs war erging es nicht anders als ihr. Sie alle waren hungrig. Der Mann betrat wieder das Zimmer, mit einem staubigen erste Hilfe Kasten, Die Symbole waren bereits fast zur Unkenntlichkeit verblasst. Er griff nach ihrer Hand, was sie zusammenzucken ließ. Doch sie schaffte mühselig nicht dem Drang nachzugehen und sie ihm wieder zu entziehen.
"Solange du uns nichts tust, werden auch wir dir nicht weh tun", bemerkte Mica beinahe sanft, dieses Mädchen rief was in ihm wach von dem er nichtmal wusste, dass es existierte. Er reinigte die Wunden an ihren Händen und verband sie wenn nötig. "Es wird etwas dauern bis es verheilt, aber ich denke es sieht schlimmer aus als es ist", versuchte er sich selbst zu überzeugen. Die Wunden waren teils entzunden es war ein Wunder, dass sie überhaupt in ihrem Zustand hierhergefunden hatte. Er packte die Utensilien in den Koffer und verließ das Zimmer ohne ein weiteres Wort.
Felicia betrachtete ihre Arme, die er fürsorglich versorgt hatte. Gleich darauf trat er wieder ein mit einer Flasche in der Hand. "Hier, was zu trinken", bemerkte er und übergab ihr die Flasche. "D-danke", murmelte Felicia und trank aus der Flasche.
"Micael!" erklang Larry's Stimme bevor der großgewachsene Mann ins Zimmer trat. "Ja?" erwiderte Mica und blickte zur Tür. "Was macht sie hier?" fragte er und deutete mit dem Kinn auf Felicia.

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Der Beginn vom Ende
Ciencia FicciónSie schlenderte auf das große Gebäude zu und konnte nicht glauben, dass sie es geschafft hatte. Nach all den Monaten des Hungerns und der Verzweiflung, Tot, Schmerzen und Verrats hatte sie es endlich geschafft. Sie musste unwillkürlich Lächeln, als...