REGEN PRASSELT AUF die Dächer der Zelte, durchnässt den sandigen Strand und benetzt die Blätter der Bäume. Graue Wolken sammeln sich am Himmel, verdecken helles Licht und legen eine eisige, dunkle Atmosspäre um den Wald und das Meer. Seit gestern hat es nicht aufgehört zu regen, unaufhörlich vernimmt man das Geräusch der Wassertropfen, wenn sie auf die Zeltdächer prasseln.
Tsireya, Ao'nung, Roxto und ich sitzen gemeinsam im Zelt. Unsere Mutter, Ronal, sortiert Kräuter und Beeren, während sie leise etwas vor sich hin summt.
»Kann dieser Regen nicht endlich mal aufhören«, beschwere ich mich. Denn auch wenn ich das Meer liebe, hasse ich Regen. Mit Regen kommen Wolken und damit graue, lustlose Tage.
»Sicher wird das Wetter morgen besser«, meint Tsireya optimistisch. Ich bin mir da nicht so sicher und richte den Blick auf den Zelteingang, durch den man nach draussen, auf einen von Wasser benetzten Sandweg, sehen kann.
Da kommt mein Vater, Tonowari, in das Zelt. Seine dunklen, langen Haare sind durchnässt und seine grau-blauen Augen glänzen besorgt.
»Was ist passiert?«, fragt meine Mutter, die wie ich die Sorge in den Augen ihres Mannes erkannt hat.
»Ein paar Jäger haben kurz vor dem Riff etwas dunkles, großes Treiben sehen. Wir wissen nicht genau was es ist, doch wir müssen sofort nachsehen«, erzählt mein Vater. »Es könnte ein Werk der Himmelsmenschen sein.«
Wieso sollten die Himmelsmenschen hierher kommen? Wieso sollten sie überhaupt wiederkommen?
»Begleitest du mich?«, fragt mein Vater meine Mutter. »Natürlich«, erwidert meine Mutter.
»Dürfen wir auch mit?«, ich wende mich bittend an meinen Vater. Ich bin neugierig, was die Jäger dort draussen gefunden haben.
»Gut und ich werde Jake Sully bitten mitzukommen«, sagt mein Vater. »Wenn das das Werk der Himmelsmenschen ist, was auch immer es ist, sollte er als Erster davon erfahren«, ergänzt er, als er den skeptischen Blick meiner Mutter bemerkt. »Kommt, je schneller wir herausfinden, was das ist, desto schneller können wir handeln.«
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Der starke Wind wirbelt das Meer auf, lässt es in breiten Wellen schlagen. Das tosende Wasser macht es unseren Ilus schwer, heranzukommen, doch wir nähern und stetig dem Ende des Riffs und somit den Weiten des Ozeans.
Als wir die Grenze überqueren, erblicke ich vor mir Wasser, soweit das Auge reicht nur blaues Meer. Doch dort treibt etwas großes, graues im Wasser. Es sieht wie ein riesiger Gesteinsbrocken aus.
»Was ist das?«, haucht Tsireya, die ihren Ilu neben mich lenkt. Ihr folgen Roxto und Ao'nung und den Schluss bilden Neytiri und Jake Sully. Meine Eltern, Tonowari und Ronal, führen unsere Gruppe an. Mein Vater wirft meiner Mutter einen bestürzten Blick zu, als wir dem grauen Etwas näher kommen und der üble Gestank nach Tod und Verwesung uns in die Nasen steigt.
Mittlerweile sind wir dem dunklen, im Wasser treibenden Etwas so nah gekommen, dass ich erkenne, dass es Augen hat. Angstvoll aufgerissene, glasige, gen Himmel blickende Augen. Doch am präsentesten kann man in diesen Augen den Tod erkennen. Kreischende, schwarze Vögel hocken Unheil bringend auf dem toten Körper des leblosen Tulkuns.
»Nein!«, meine Mutter lässt sich von ihrem Ilu ins Wasser gleiten, schwimmt zu dem reglosen Tier und setzt sich auf seine Flosse. Mit einem Blick über die Schulter sieht sie einen weiteren, kleinen, toten Körper im Wasser treiben und bricht in Tränen aus. »Sie war meine Seelenschwester«, schluchzt meine Mutter. »Sie war eine Komponistin von Liedern! Sie hat viele Brutzyklen auf dieses Kind gewartet. Der Klan hat sich so für sie gefreut! Was ist das, Tonowari?«, fragt sie schluchzend. Jake Sully und Neytiri schauen voller Mitgefühl zu ihr, Neytiri klammert sich an Jake.
»Was ist das!«, schreit meine Mutter weinend, mit dem Kopf an den leblosen Körper jenem Tulkuns gelehnt, der ihr so stark verbunden gewesen war.
So eine Grausamkeit habe ich noch nie gesehen. Wieso töten die Himmelsmenschen diese Tulkunin und dann auch noch ihr Neugeborenes. Tulkune werden alt, sehr alt, so alt, dass ich noch nie einen sterben gesehen habe. Und der Anblick dieses toten Leichnams, des doch so gutmütigen Tiers macht mich wütend.
Ich blicke zu meinen Geschwistern, denen die Bestürztheit ins Gesicht geschrieben steht. »Wieso tun die Himmelsmenschen so etwas?«, frage ich.
»Ich weiß es nicht«, flüstert Tsireya mir zu, ihre Augen sind feucht und voller Trauer. »Aber dass sie auch das Kind umgebracht haben«, die Stimme meiner Schwester ist zittrig. »Wahrscheinlich wollte die Mutter es beschützen und dann haben die Himmelsmenschen beide getötet!«
»Wir müssen gegen die Himmelsmenschen kämpfen«, zischt Ao'nung angriffslustig. »Das hier ist eindeutig zu weit gegangen.«
»Wir sollten nichts überstürzen«, meint Tsireya. »Wir wissen nicht mal ob sie es waren und wo sie sind. Wieso sollten sie den langen Weg übers Meer zu uns kommen?«
»Das hier kann nur das Werk der Himmelsmenschen sein«, zischt Roxto. »Seht euch das an«, er deutet auf ein spitzes, speerartiges Ding, welches in der Flosse des Tulkuns steckt und auf die orangenen Luftsäcke, die den leblosen Körper auf dem Wasser treiben lassen.
Es stimmt. Solche ausgeklügelte Technik besitzt kein Wesen auf Pandora. Es können nur die Himmelsmenschen sein, die dieses Unheil angerichtet haben.
Mein Vater atmet tief ein und aus und wendet sich dann an die Sullys: »Wir werden den Klan zusammenrufen. Das hier können wir nicht ignorieren.«
Jake Sully nickt. »Wir sollten das hier mitnehmen«, er lenkt seinen Ilu zu der Flosse der Tulkunmutter, greift nach dem speerartigen Gegenstand und zieht ihn heraus. Meine Mutter schluchzt auf, als sie sieht, wie Blut aus dem großen Loch in der Flosse quillt und das Wasser um das tote Tier herum rot färbt.
Ich blicke weg, will die Wunde nicht länger ansehen. Ich sehe zu meinem Vater. »Was ist das?«, fragt er Jake Sully.
»Hiermit orten sie die Tulkune, damit sie ihnen nicht entwischen können«, erklärt der ehemalige Himmelsmensch. »Wenn das in der Flosse eines Tulkuns steckt, dann ist er dem Tod geweiht«, bei seinen Worten stößt einer der schwarzen Vögel ein Kreischen aus. Er breitet seine dunklen Schwingen aus und erhebt sich kreischend in den tiefgrauen Himmel.
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Diese Szene war im Film so traurig. Ich hab fast geheult :-(
Hoffe das Kapitel hat euch trotzdem gefallen, seid gespannt wie es weitergeht und votet gerne.
Lg Anastasia ♥︎
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𝕒𝕞𝕓𝕖𝕣 𝕖𝕪𝕖𝕤 ⎮ Neteyam x OC
Romance𝖭𝖾𝗍𝖾𝗒𝖺𝗆 x Oc ⩤Ich blicke wieder in Neteyams Augen, während er seine Hand auf meine an seiner Brust legt und sie so festhält. Die andere legt er sanft an meine Wange. Die Augen des Omaticaya finden meine und erwidern den liebevollen Blick, der...