Stille. Nur ein gleichmäßiges Pochen und leise Atemgeräusche.
Das Kissen, auf dem Nick lag, strahlte eine angenehme Wärme aus und er kuschelte sich an dieses. Wenn dieses Pochen nicht wäre. Er runzelte die Stirn und öffnete schrittweise die Augen. Rote Bettwäsche. Hmm. Langsam bewegte er sich in die Vertikale, sein Blick wanderte umher.
Es waren nicht die weißen Wände mit den erstaunlichen Gemälden von Landschaften, auch nicht die Tatsache, dass er nackt in einem fremden Bett lag, was ihn beunruhigte. Es war die Person, die er offensichtlich als Kissen missbraucht hatte. Definierte Muskeln, silbernes Haar und ein Gesicht, das kein Künstler hätte erschaffen können. Stumm drehte er den Kopf schaute auf die rote Bettdecke.
Das ist ein Traum. Er war gestern auf einem Buch eingeschlafen und nun träumte er die Geschichte weiter. Die Geschichte vom Dämon im Spiegel. Dennoch war es sehr realistisch. Leise schob er sich an den Rand und lief durch den Raum. Die Tür zu einem Waschraum mit grauen Wänden und einer großen Wanne war offen, also trat er ein, zog die Türe zu.
Links neben ihm war ein Waschbecken mit einem großen Spiegel. Ruhig trat er vor diesen, erstarrte. Was zur Hölle? Er schaute die Person an, die ihm entgegenschaute. Alleine die Tatsache, dass er ohne seine Brille scharf sah, untermauerte, dass es ein Traum war. Er hatte fucking vier Dioptrien, war also eine Blindschleiche. Zudem war der junge Mann, der ihm entgegenschaute, nicht er selbst. Er war die verbesserte Version, die in Mangas vorkamen. Ein unscheinbarer Nerd verwandelte sich in einen gutaussehenden jungen Mann und wurde zum Schwarm aller.
Sicher doch. Mit den Fingern fuhr er über sein Gesicht. Keine Mitesser, nur glatte weiche Haut, die wie in einer Kosmetikwerbung strahlte. Seine Lippen waren etwas dunkler und seine Haare hätten der Star eines Haarshampoo-Werbespots werden können. Sie waren etwas länger geworden und lockten sich bis zu seinem Kinn. Das Gruselige waren jedoch seine Augen. Er drehte das Gesicht hin und her – jap, schwarze Augen mit einem leicht rötlichen Schimmer. Klarer Fall von Fantasytraum. Dazu das abgefahrene Tattoo.
Die Finger fuhren die schwarzen Linien auf seiner Brust nach. Das ist wirklich faszinierend, doch ich sehe aus wie ein Gangmitglied eines Drogenkartells. Dennoch, es war wirklich schön und gefiel ihm. „Also Nick. Was träumst du Schönes?"
Er war in demselben Bett wie der Dämon aus der Geschichte aufgewacht und auf seinem Körper waren klare Spuren, die darauf hindeuteten, dass er mit diesem Dämon mehr als nur gekuschelt hatte. Seine Rückseite bestätigte dies, denn er fühlte dort etwas, was er eigentlich nicht fühlen sollte. Eigentlich hatte er nie Romane gelesen, in denen zwei Männer die Hauptrolle spielten, doch in seinem Traum schien das der Fall zu sein.
Kreisend rieb er sich die Schläfe und weitere Erinnerungen kamen auf.
Rote Augen schauten ihn mit einem liebevollen Blick an. Eine tiefe, sinnliche Stimme erklang: „Ich besitze deine Seele und deinen Körper, das nächste wird dein Herz sein, doch dafür haben wir alle Zeit der Welt."
Hmm. Das ist eine sehr detaillierte Darstellung. Diese Augen, sie waren im Gesicht des Dämons gewesen. Nein, das kann nicht sein.
„Was muss ich tun, um dich zu befreien?", fragte er leise.
Charun nahm seine Hand und drückte wie zuvor einen Kuss auf seinen Handrücken. „Du musst mir deine Seele überreichen."
Nein, das ist ein Traum. Du hast nicht deine Seele an einen Dämon verschenkt.
„Nimm sie, sie gehört dir."
Die Erinnerung wurde klarer. Er hat nicht...
Charun verschloss seinen Mund mit seinen Lippen und schenkte ihm einen blutigen Kuss. Die Finger des Dämons sanken in seine Brust ein und berührten seine Seele. Daraufhin hüllte ihn tiefe Dunkelheit ein.
Ein Seufzer entkam Nick. „Das ist alles nur ein Traum." Er schaute sein Spiegelbild an. „Bin ich tot?" Nein, er war nicht tot. Er war aufgewacht, hatte diesen Dämon gesehen. Dieser Dämon hatte sich in ihm vergraben, hatte ihm seine Jungfräulichkeit genommen.
Nehmen wir an, er hat mich mitgenommen, dann bin ich vermutlich nicht mehr in der Menschenwelt und... Er schüttelte nur den Kopf und trat in Richtung Tür. Sein Blick blieb an einem Stapel weicher Handtücher hängen. Mit einer Hand ergriff er eines und schlang es um seine Hüften, denn nackt wollte er nicht durch ein fremdes Zimmer laufen. Dann öffnete er die Türe und trat hinaus.
„Du bist wach, meine Braut", erklang die tiefe Stimme, die ihm eine Gänsehaut bescherte. Seine Wangen wurden leicht warm und er konnte den Blick nicht von den glühenden Augen des Dämons mit den roten Augen lösen. Charun hob die Hand und winkte ihn zu sich.
Sabber nicht. Nick hatte nie eine besondere Anziehung zu Mädchen gespürt, aber auch nicht zum eigenen Geschlecht. Doch dieser Mann war... heiß. Er konnte es nicht beschreiben, doch nun wusste er, was die Jungen in seiner Klasse mit sie sind geil gemeint hatten. Reiß dich zusammen verdammt. Also lief er zu dem Bett, setzte sich an die Kante, etwas entfernt von Charun.
Charun betrachtete seine Braut. Sein Blut und der Bund hatten bereits begonnen, Nick zu verändern. Er legte die menschlichen Schranken ab und seine Hülle veränderte sich entsprechend seiner Seele – die Seele, die nun Charun gehörte. Eine reine, unbefleckte Seele. Er hatte Nick gekostet und seine Seele hatte ihn belebt, wie nichts zuvor. Die Magie knisterte in seinen Adern, es war außergewöhnlich. Du weißt nicht, was für ein Juwel du bist, mein Liebster.
Die Zeichen ihre gemeinsamen Nacht hoben sich von dessen heller Haut ab und die Augen, die nach dem Übergang rot gewesen waren, hatten ihre ursprüngliche Farbe zurückerhalten, nur ein leicht rotes Glimmen lag noch in diesen. Sein Körper würde sich noch weiter verändern und das war das Gefährliche. Nickolas war eine Verführung für jeden Dämon – sinnlich, unschuldig. Charuns Faust ballte sich, denn die Begierde wallte in ihm auf. Er wollte seine Braut erneut kosten, ihm sinnliche Laute entlocken.
„Das ist ein Traum, nicht wahr?", fragte sein Mensch. Der Dämon hätte dieser Stimme stundenlang lauschen können, doch er musste sich konzentrieren.
„Nein, Nickolas. Du hast mir gestern deine Seele geschenkt und mich aus dem Gefängnis hinter dem Spiegel geholt. Ich habe dich zu meiner Braut gemacht und wir haben unsere Verbindung gestern vollzogen", antwortete er ruhig.
Also hatte ich gestern mit einem Dämon eine Hochzeitsnacht? Er schaute nach vorne. Das wäre der perfekte Stoff für einen Fantasyroman. Es stellte sich jedoch die Frage, was war passiert, nachdem Charun seine Seele beansprucht hatte? Wusste seine Familie Bescheid? „Wo sind wir? Wer genau bist du und was bin ich?", fragte er ruhig.
Das Nick es gut aufnahm, beruhigte Charun. „Mein Name ist Charun. Ich bin einer der fünf Todesdämonen der Anderwelt. Wir herrschen über diese. Nach unserem Bund bist du in den Schlaf des Übergangs gefallen, in dem sich dein Körper und deine Seele verändern. Du bist nur für unsere Vereinigung erwacht, hast die letzten drei Tage geschlafen."
Nick hörte stumm zu. Anderswelt. Todesdämon. Bund. Übergang. Alles Worte, die er so oder ähnlich schon in Büchern gelesen hatte. Nun war er selbst Teil einer solchen Geschichte. Langsam glaube ich nicht mehr, dass das ein Traum ist. ... gut und was nun? War das eine Geschichte, in der der Hauptcharakter in dem Buch aufwachte, das dieser gelesen hat?
„Was erwartet mich nun?", fragte er den Dämon.
Charun schaute ihn musternd an. „Du bist meine Braut. Ich werde dir dein neues Zuhause zeigen und dich meine Bediensteten vorstellen. Du wirst diese Welt kennenlernen, denn wir werden hier unsere Ewigkeit verbringen."
Ewigkeit. Das war ein Wort, das man nicht allzu leichtsinnig aussprechen sollte. Eine Ewigkeit... mit einem Todesdämon. Wo war das gestanden? Im Kleingedruckten? Hatte es nicht geheißen, dass er hopps geht, wenn er seine Seele an Charun abtritt? Das schien nicht der Fall gewesen zu sein. Er blickte sich um. Gut, ist nicht zu ändern. Außer... „Gibt es für mich einen Rückweg in meine Welt?"
Diese Frage hatte der Dämon erwartet, dennoch spürte er einen Stich. Ich habe alle Zeit der Welt, sein Herz zu gewinnen. Er musste geduldig sein. Das alles war neu für seine Braut. „Nein. Wir können diese Welt nicht betreten. Dein Leben hat dort ein Ende gefunden."
Verstehe. Er schaute den Dämon an.
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Der Dämon im Spiegel Teil 1 & 2
Short Story𝟭) 𝗗𝗲𝗿 𝗗𝗮̈𝗺𝗼𝗻 𝗶𝗺 𝗦𝗽𝗶𝗲𝗴𝗲𝗹 Nick ist ein Bücherwürm. Bücher sind seine Welt, eine Welt, in der es immer ein Happy End gibt. An Halloween, kurz nach seinem achtzehnten Geburtstag, entschließen sich jedoch drei Jungs aus seine Klasse ei...