𝟛. 𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 🌑

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Am nächsten Tag fühlte ich mich ein wenig seltsam. Das lag vielleicht daran, dass ich kaum geschlafen hatte. Oder an der muffigen Luft, die in den Kerkern herumwaberte.

Jedenfalls war ich schon morgens schlecht gelaunt und das wurde auch beim Frühstück nicht besser. Wortkarg pfiff ich mir ein Brötchen und zwei Gläser rote Bohnen-Saft rein.

Pansy, die neben mir saß, goss sich Kürbissaft in ihren Becher. Jedoch ging die Hälfte daneben, da ihre Augen halb geschlossen waren. Irgendwann nahm ihr Blaise die Karaffe aus der Hand.

In der gesamten Halle herrschte ein kollektives Schweigen. Nix mit morgendlicher Motivation. Alle zogen Gesichter und es war, als hätten wir eine stille Abmachung getroffen: Vor acht Uhr lief hier gar nichts.

Auch die Professoren waren entweder in den Tagespropheten vertieft (McGonagall) oder zogen ein Gesicht, dass sogar Peeves einen großen Bogen um sie machte (Snape).

"Einen wunderschönen guten Morgen!", schallte es auf einmal durch die Halle.
Rita Kimmkorn stöckelte auf die Lehrertafel zu und grinste strahlend.
Als ihr die Blicke auffielen, die sie durchbohrten, schluckte sie und lächelte tapfer weiter.

"Was, bei Merlins Bart, hat diese Frau intus? Und wo krieg ich das...", murmelte Pansy, die fast mit dem Gesicht in ihren Porridge fiel. Deprimiert starrte ich auf meinen Teller. Dieser Tag konnte nur noch schlechter werden.

🌑

Die Weasley-Zwillinge haben echt was gut bei mir. Sie schienen die stummen Stoßgebete, die ich ins Nirgendwo geschickt hatte, empfangen zu haben.

Irgendwie hatten sie es geschafft, alle Lehrer auf einmal für ein paar Stunden unpässlich zu machen. Mit anderen Worten: Die Professoren verbrachten den gesamten Tag auf der Toilette.

Glücklich packten wir unsere Sachen und machten uns aus dem Staub, bevor Snape auf unsere Unterlagen kotzen konnte. (Was natürlich entsetzlich wäre. Hehe.)

Auf dem Weg in wurde ich jedoch vom Schicksal aufgehalten, das mich anscheinend nicht mag. Zwei Ravenclaws - Erstklässerinnen, wahrscheinlich - machten große Augen, als sie mich sahen, und tuschelten miteinander.

Perplex blinzelnd näherte ich mich der steinernen Bank, auf der die zwei saßen.
"Kann ich euch helfen?", fragte ich.
"Ja, das kannst du", antwortete eine von ihnen. Die andere hielt mir einen zerknickten Papiervogel hin.

"Wir kriegen es einfach nicht hin, ihn fliegen zu lassen", fügte sie entschuldigend hinzu.
"Oh. Das, äh...das ist gar nicht so schwer, wisst ihr?"

Ich ließ meine Tasche neben der Bank fallen und quetschte mich zwischen die Mädchen.
"Also, mal sehen...Wingardium Leviosa!"
Der kleine Vogel stieg langsam in die Luft. Die beiden Ravenclaws schauten gebannt zu.

Vorsichtig ließ ich den Vogel einen Looping machen. Neben mir wurde gekichert und auch ich musste lächeln.
Dann holte ich den Papiervogel langsam wieder aus der Luft.

"Der Trick ist die Handbewegung", zwinkerte ich, nachdem ich den Vogel zurückgegeben hatte. Die Mädchen nickten eifrig und versuchten es nun selbst. Mit einem warmen Glücksgefühl im Bauch schnappte ich mir meine Sachen und stand von der Bank auf.

Ich war erst ein paar Schritte gegangen, als mir auffiel, dass ich beobachtet wurde. Mattheo lehnte mit verschränkten Armen an einer Statue.
Ein breites Lächeln zierte sein Gesicht.
"Ich wusste gar nicht, dass du gerne Leute anstarrst", begrüßte ich ihn.

"Tatsächlich mache ich das sehr gerne.
Hilft dabei, Menschen zu durchschauen", grinste er und zuckte mit den Schultern.
"Na los, du Blödmann. Lass uns gehen."
"Charmant wie immer, Bücherwurm."

🌑

Nicht viele Leute wissen, dass Hauselfen sehr bedacht darauf sind, ihren Gebietern alles rechtzumachen. Leider können sie manchmal nicht zwischen verboten und erlaubt unterschieden.

Worauf ich hinauswill, ist, dass wir in unserem Gemeinschaftsraum einen großen Getränkevorrat haben. Von Bohnensaft - der sehr, sehr viel Koffein enthält - über Kürbissaft bis hin zu Feuerwhiskey ist alles dabei.

An diesem Abend wurde der Vorrat mal wieder geplündert.
"Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sage, aber - ein Toast auf die Wiesel! Auf dass Snape noch viel Zeit auf der Toilette verbringt!", schrie Draco, der mit einem Glas Bohnensaft auf einem der gläsernen Tische stand.

Während alle anderen ihm zuprosteten, wunderte ich mich darüber, wie lange der kleine Tisch Draco noch tragen würde.
Aber da sprang der Blonde schon vom Tisch runter und in die Arme eines schwarzhaarigen Mädchens.

Und dann ging die Party los. Gut, Party ist vielleicht ein wenig viel gesagt.
Es war eher ein kleines Zusammenkommen mit ein bisschen Alkohol und zu lauter Musik.

Manchmal erwischte uns Snape und dann gab es Nachsitzen für alle Beteiligten - zu denen ich meistens nicht gehörte, da ich mich lieber zurückzog.
Heute würde unser Hauslehrer uns aber nicht den Spaß verderben können, da er höchstwahrscheinlich den ganzen Abend auf dem Klo hocken würde.

Es war sehr laut und voll im Gemeinschaftsraum und dadurch, dass die Lichter im Raum nun rot und grün waren, erkannte ich die meisten Gesichter in der Menge nicht einmal.

Außer das von Draco, denn das war nicht zu übersehen. Er hüpfte total aus dem Rythmus gebracht auf einem der schwarzen Ledersofas herum. Der Bohnensaft hatte ihn total aufgeputscht - kein Wunder, da er fünf Gläser hintereinander runtergekippt hatte - und es war fast, als wäre er betrunken, nur war er kein bisschen träge.

"Malfoy!", schrie ich über die laute Musik hinweg, nachdem ich mir einen Weg durch die Leute gebahnt hatte und vor Draco zum Stehen gekommen war.
"Heyyyy", antwortete der und wackelte mit den Augenbrauen.

"Du bist total voll", bemerkte ich und verschränkte grinsend die Arme vor der Brust. Mit meinem Zeigefinger tippte ich im Rythmus auf den Becher, den ich hielt.
"Egaaaalllll", rief Draco und prostete mir so heftig zu, dass die Hälfte seines Getränks auf seinem Hemd landete. Das schien er jedoch gar nicht zu bemerken.

Kopfschüttelnd machte ich mich wieder auf den Weg zu meinem vorherigen Posten, von dem ich alles gut überblicken konnte. Von dort aus entdeckte ich irgendwann auch Mattheo.
Ich wollte ihm schon zuwinken, als ich stutzig wurde.

Bis jetzt hatte ich nur seinen Hinterkopf gesehen, jedoch drehte er sich nun zur Seite. An seinen Lippen hing ein Mädchen. Mattheo presste sie gegen eine Wand und küsste sie hingebungsvoll.

In diesem Moment spürte ich, wie etwas tief in mir drin zerbrach. Das Geräusch eines leisen Splitterns erklang in meinen Ohren und verhallte langsam. Wie in Trance stellte ich meinen Becher ab und drängelte mich durch die Menge zu den Treppen.

Ich warf einen letzten Blick zurück auf meinen besten Freund, der sich nun von dem Mädchen löste. Sein Blick traf meinen und er öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen. Jedoch lächelte ich einfach gezwungen und verschwand in meinen Schlafsaal.

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𝕊𝕨𝕖𝕖𝕥 𝕃𝕚𝕥𝕥𝕝𝕖 𝕃𝕚𝕖𝕤 | 𝕄𝕒𝕥𝕥𝕙𝕖𝕠 ℝ𝕚𝕕𝕕𝕝𝕖Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt