7. 𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 🌑

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Mattheo sah müde aus. Seine Augen hatten den für sie typischen Glanz verloren, was von den dunklen Augenringen noch unterstrichen wurde. Vielleicht lag das auch daran, dass es fast Mitternacht war. Aber vielleicht auch nicht.

In mir kam der Impuls auf, zu ihm zu gehen, seine Hand zu nehmen und zu fragen, wie es ihm ging. Aber ich war feige und stur und deshalb blieb ich auf dem Sofa sitzen. Blaise, der neben mir saß und ein Buch las, hob seinen Blick und nickte in Mattheos Richtung.

Seufzend schüttelte ich den Kopf.
Blaise verdrehte die Augen und widmete sich wieder seinem Buch. Geistesabwesend griff ich in meine Tasche und förderte ebenfalls ein Buch zutage, das ich sofort aufklappte und meine Nase darin vergrab.

Irgendwann - es musste vielleicht halb eins sein - stupste Blaise mich an.
"Ich hau mich aufs Ohr", flüsterte er, klappte sein Buch zu und stand auf.
"Okay", wisperte ich. Kurzerhand stand ich auch auf und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

Überrascht blinzelte er. Unbeholfen zuckte ich mit den Schultern.
"Gute Nacht, Blaise."
Er lächelte.
"Gute Nacht."

Damit machte er sich auf den Weg in seinen Schlafsaal. Ich atmete tief durch und ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Da stutzte ich.
Er war leer.

🌑

Es war arschkalt auf dem Astronomieturm. Fluchend vergrub ich meine Hände in der Tasche meines Pullovers. Ein kühler Wind wehte - wie immer - aber heute kam mit dem Wind auch ein Gewitter.

Mattheo lehnte mit dem Rücken zu mir am Geländer. Seine Haare wurden aufgewirbelt, aber das schien ihn nicht zu stören. Ein lautes Donnergrollen ertönte. Gleich darauf fing es an, zu regnen.

Wie versteinert stand Mattheo da. Er machte keine Anstalten, sich zu bewegen. Der Regen wurde schnell stärker und peitschte mir ins Gesicht, aber das war mir egal.

Ich rief Mattheos Namen.
Keine Reaktion.
Ich rief ihn nochmal, diesmal jedoch lauter.
Immer noch keine Reaktion.

"Scheiße!", fluchte ich und kämpfte mich gegen den Wind vorwärts. Plötzlich war ein Blitz zu sehen. Für eine Sekunde war es taghell. Dann war es wieder dunkel und kalt.

"Mattheo!", schrie ich, als ich nur noch ungefähr drei Meter von ihm entfernt war. Endlich drehte er sich um. Verwunderung war ihm ins Gesicht geschrieben.

"Du bist doch verrückt!", rief ich gegen den Wind an. Traurig lächelnd wandte er sich ab.
"MATTHEO!"
Wütend stapfte ich auf ihn zu und packte seine Schulter.

Überrascht sah er mich an.
"Komm jetzt rein!!"
"Warum sollte ich?"
"Äh...ich weiß nicht? Vielleicht, weil gerade ein Gewitter tobt und es nicht wirklich angenehm ist, hier draußen zu sein?!"

Auf einmal lächelte er wieder.
"Das gibt's doch nicht - ich bin von Verrückten umgeben!"
Verzweifelt rüttelte ich an seiner Schulter.

"Komm mit! Es tut mir leid, okay? Ich hab überreagiert, und zwar sehr, und das tut mir wirklich, wirklich leid!! Aber bitte, bitte, komm jetzt mit rein!"

Mattheo schien für einen Moment zu überlegen.
"Mann!"
Verärgert haute ich ihm auf den Arm.
Jetzt lachte er. Ich versuchte, einen Schmollmund zu machen, aber es gelang mir nicht.

𝕊𝕨𝕖𝕖𝕥 𝕃𝕚𝕥𝕥𝕝𝕖 𝕃𝕚𝕖𝕤 | 𝕄𝕒𝕥𝕥𝕙𝕖𝕠 ℝ𝕚𝕕𝕕𝕝𝕖Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt