Durchsuchung bei Chisto

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Hatten Marietta und Chisto am Folgetag noch keinen 'Besuch', so hämmerte es am übernächsten Morgen in der Frühe an die Tür.

„Aufmachen! Im Namen des Grafen! Aufmachen, sag ich!", wurde grob gefordert.

Chisto hatte sich, wie jeden Morgen unter der Woche, zum Kloster begeben wollen. Dies schien sich am heutigen Tag jedoch zu verzögern. Er nickte Marietta zu, den Wachen aufzusperren, bevor sie noch grober wurden und die Tür beschädigten.

„Was ist denn so früh am Morgen?", warf Marietta scheinheilig den Leuten vor der Tür zu, während sie vorgab, bereits den Riegel der Tür zurück zu ziehen.

„Aufmachen! Los! Beeilung!"

„Ich bin ja schon da. Nur einen kleinen Augenblick noch, bitte!"

Der Dialog durch die verschlossene Tür wurde unterbrochen, als Marietta den Riegel zurückgezogen hatte. Ohne viel federlesen drängten sich drei Wachknechte des Bleckenbecker Voigts und ein unbekannter weiterer Bewaffneter ins Haus hinein.

„Was ist denn los? Besteht Gefahr für Uns? So sagt doch etwas.", jammerte Marietta- sich unsicher gebend.

Auch Chisto kam in den Flur, wurde aber schroff bei Seite gedrängt. „Was soll das? Was wollt ihr in meinem Haus? Erklärt Euch gefälligst! Ich stehe im Dienste des Klosters und auch der Stadt."

Eine der Bleckenbecker Wachen, den Chisto schon häufig durch die Stadt patrouillieren gesehen hatte, schien wohl die Maßnahme anzuführen. Zumindest war dieser Wachknecht der Einzige, der auf Chisto reagierte.

„Wir müssen Euer Haus durchsuchen, Meister Chisto. Wir haben Befehl dazu."

„Durchsuchen? Nach was oder wem wird hier gesucht?"

„Uns kam zu Ohren, dass ihr verdächtige Fremde beherbergen sollt. Wir haben den Befehl zu klären, wer dies ist. Sie sollen in der Stadt einen Diebstahl begangen haben.", erklärte die Wache dienstbeflissen.

„Verdächtige, sagt ihr? Diebe gar? In meinem Haus? Hier bin nur ich und meine Tochter! Doch seht Euch gern um.", lud Chisto ein.

„Was sollen die Verdächtigen denn gestohlen haben?", hakte Marietta nach.

Diese Frage ignorierte der Wachmann, während man oben im Haus einen dumpfen Tritt wahrnehmen konnte, wobei danach etwas zerbrach.

„Könnt ihr nicht vorsichtiger sein?", schrie Chisto hinauf. „Manches Ding hier hat großen Wert."

„Dann leugnet ihr nicht, dass ihr hier Besuch hattet? Drei Leute sollen gesehen worden sein."

„Nicht zu leugnen hieße zustimmen, guter Mann. Und ich bin kein Eremit. Ab und an bekomme auch ich Besuch. Erst letzte Woche war meine Nichte Salvatia mit ihrem Mann Jonas hier zu Besuch. Und Tags darauf kam ein mir bekannter Händler hier ins Haus, um mir Nachrichten aus den südlichen Landen mitzubringen- und einen guten Wein, den ich bestellt hatte. Er wird jedoch schon zum Markt weitergezogen sein, vielleicht auch schon aus der Grafschaft heraus, wer weiß das schon. Doch drei Diebe waren hier nicht im Haus, dies kann ich Euch getrost versichern."

Dieses Gerede ignorierte der Wachknecht erneut.

„Wie sehen denn die Schurken aus? Womöglich haben wir sie gesehen, Herr?", flunkerte Marietta schlau.

„Nichts da! Lasst Uns unseren Befehl ausführen. Wenn niemand angetroffen wird, dann seid ihr uns schnell wieder los."

„Und wer kommt für den Schaden auf?", fragte Chisto. Gerade rechtzeitig, da von Oben die zwei Bleckenbecker Wachen und der Unbekannte wieder über die Treppe herabkamen.

Der unbekannte Bewaffnete schüttelte nur kurz mit dem Kopf- so, dass der Bleckenbecker Wortführer es sehen konnte. Wortlos schlichen die Wachen wieder zum Ausgang. Der unbekannte Mann blickte noch einmal in die Küche und von dort über das Fenster in den Garten hinaus. Dann ging auch er dem Ausgang zu.

„Da habt ihr noch einmal Glück gehabt, Meister Chisto. Wer Gesetzesbrecher beherbergt, hat beim Voigt keinen guten Stand. Man kann dadurch ganz schnell in Verruf kommen."

„Und wer kommt für den Schaden auf? Das werde ich dem Voigt melden!"

„Der Voigt ist derzeit nicht hier in Bleckenbeck, guter Herr. Den Schaden bedauern wir. Was es auch immer war- es geschah nicht in Absicht, dass es im Weg war. Einen guten Tag noch."

Marietta schloss die Tür hinter der letzten gegangenen Wache.

Lautstark, dass Sie sicherlich noch gehört werden konnte, tönte sie noch einmal im Flur: „Vater! So tut doch etwas. Das ist unerhört, was man Uns unterstellt. Wir beherbergen doch keine Diebe, Vater."

„Nein, Tochter. Das tun wir nicht. Ich werde dies mit dem Voigt besprechen müssen, wenn er wieder zurück am Ort ist. Darauf mein Wort."

Erleichtert atmeten Marietta und Chisto auf, als der Spuk vorbei war.

Die Moorfeld- Chronik Im Land der letzten LinienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt