Hastig trugen die Füße die Gefährten durch die Nacht- immer weiter weg von Bleckenbeck. Nahe dem Felsmassiv des Rintergebirges eilten sie durch Felder aus Geröll und Gewirr von Ästen, Bäumen und Gebüschen. Noch in der Nacht passierte sie Mehlbrück östlich und auch die Stadt Haida. Man umging in dem ersten Aufgehen der Sonne die beiden großen Felsnasen des Hochgebirges zwischen Haida und Wiedenkamm im Osten. Dort ging es weiter, bis die Erschöpfung der Nacht und des langen Marsches eine Pause einforderten.
Hätte diese Vier jemand beobachtet, so wären nur die vier Gestalten aufgefallen, die etwas Langes auf dem Rücken trugen und verschiedene Umhängetaschen an den Seiten.
Man unterhielt sich, wenn die Vorsicht und der Weg es zuließen. Doch musste jeder für sich stetig aufpassen und versuchen, in der Dunkelheit den vorausliegenden Weg zu erahnen.
Nun jedoch- im ersten Schein von Helligkeit des Tages, war diese Pause willkommen.
Sie hielten sich in einer Senke auf, die auch ein kleines Feuer erlaubte. Einer hielt Wache am Rand der Senke und beobachtete die nahe Handelsstraße, die von Salfurth aus ostwärts nach Rinterberg und weiter nach Elvas und Moorfeld führte.
Noch einmal solch langer Weg um die größeren Ansiedlungen und schon morgen am Abend konnte man in Moorfeld sein.
Nach einer Mahlzeit schien zumindest für Simon der Moment gekommen, dem er bereits seit dem Aufbruch in Bleckenbeck entgegenfieberte.
„So! Ich weiß ja nicht, wie ihr darüber denkt, aber ich möchte jetzt endlich einmal einen Blick auf den Zauberstab nehmen, den ich seit Bleckenbeck durch die Nacht geschleppt habe. Also? Wohl an! Bringen wir doch einmal das Prachtstück hervor."
Das Interesse von Simon an seinem Zauberstab teilten aber sogleich alle anderen ebenfalls.
„Ich habe mit Vater vor vielen Jahren diese Stäbe in die Leinentücher eingeschlagen und mit Stricken gebunden, dass man sie gut über den Rücken tragen kann. Wir hielten sie versteckt unter den Fußbodendielen direkt beim Eingang in einem Erdloch. Trocken und so, dass wir sie jederzeit bei Gefahr an uns bringen konnten. Doch wundert Euch nicht über deren unterschiedliches Aussehen, sie wurden wohl vor langen Zeiten von Meisterhand erschaffen. Das Holz scheint nicht angegriffen zu sein, irgendwie verrottet es nicht. Aber dies ist in meinen Augen ein gutes Zeichen.", erklärte Marietta und schien sich dabei fast vorab schon zu entschuldigen über den seltsamen Geruch des alten Leinentuches.
Simon hatte zuerst seinen Stab aus dem leinen grob befreit und zum Vorzeigen gebracht. Der Stab war gut dreiviertel so lang, wie er selbst. Und vom Aussehen war der Stab sehr schmal und sein Holz wirkte trotz der dunklen Färbung in gewisser Weise zerbrechlich. Geziert wurde der Stab an einem Ende von einem ebenso feinen und schlanken Lasurit- Kristall, der in unbekannter Weise eingefasst war in den hölzernen Stock.
Simon hob seinen befreiten Stab hoch in die Luft, dass alle ihn sehen konnten und gab vor den anderen damit an. „Ein feiner Stock. Danke Marietta, dass du mir diesen ausgesucht hast."
Doch Marietta zuckte nur mit den Schultern auf diese Aussage. „Das habe ich nicht. Ich habe nichts ausgesucht. Ich habe die Stäbe nur an mich genommen und unter uns verteilt, damit Jeder einen hat und tragen muss. Mehr steckte nicht dahinter. Aber wenn ihr untereinander noch tauschen wollt? Nur zu?"
Das veränderte für den armen Simon alles, denn er hatte wirklich angenommen, dass sein Stab ein besonderes Stück sei- nur für ihn vorgesehen und von Marietta bewusst an ihn gegeben.
Sina entwickelte dem Leinentuch einen vollkommen anderen Zauberstab- auch schlank und dunkel gearbeitet, jedoch mit zwei etwas kleinen Lasuriten die übereinander eingearbeitet waren.
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Die Moorfeld- Chronik Im Land der letzten Linien
FantasíaDie Grafschaft Moorfeld liegt fast vergessen in Gebirgstälern. Unbeachtet und von Durchreisenden auf den Hauptstraßen binnen Tagen durchquert. Doch versteckt in vielen kleineren Tälern und Schluchten, selbst in den Siedlungen befinden sich viele wer...