Neue Freunde

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Als Unterschlupf musste ein altbekanntes Versteck herhalten, was Sina und Walla noch in ihrer Erinnerung hatten. Hier hatten sie mit Simon und Rodric vor vielen Wochen schon einmal eine sichere Rast machen müssen, als die Armee des Königs durch die Lande in Richtung Süden gezogen war und es für sie nicht möglich erschien, nach Bleckenbeck zu gehen, um den Bibliothekar Chisto aufzusuchen.

Es war ein alter Mienenstollen, der westlich von Bleckenbeck in den Bergen lag und dem Sporntal zugewandt war. Er lag versteckt am Berghang. Er war nicht direkt einzusehen- weder aus dem Sporntal, noch von den Wegen unten im Tal.

Und hier musste man nach der langen Nacht der Flucht zumindest Kraft schöpfen und sich beraten. Es bot auch die Gelegenheit, sich kennen zu lernen und etwas über einander zu erfahren. Dennoch wollte zumindest Walla, dass man den ehemaligen Mitgefangenen nicht zu viel preisgibt- man konnte sich in diesen unsicheren Zeiten keinerlei Fehler erlauben. Und dies flüsterte sie auch Sina nebenbei kurz zu, die oftmals eine lose Zunge hatte und weniger vorsichtig war.

Wohl getrieben von der Freude über die geglückte Flucht und auch über die Wahl des Unterschlupfes, war es der recht kleine, aber kräftige Mann mit dem Bart, der sich zuerst mitteilte- kaum, dass man hier ein Feuer im Stollen entfacht hatte.

„Ich muss Euch danken. Ich weiß zwar nicht, warum ihr eingesperrt ward, aber ich war unschuldig dort und vermag mich schon nicht mehr erinnern, wie lange. Mein Name ist Urien. Ihr habt in mir einen Freund, wenn ihr ihn braucht. Was ihr Mädchen für mich getan habt, werde ich Euch nie vergessen.", teilte sich der kleine Mann mit.

„Urien? Woher stammst du?", frage Walla.

„Ein Gebirge, weit im Norden des Königreiches. Von dort stamme ich. Doch mehrere von Uns folgten vor vielen Jahren einer Aussicht auf guten Tagelohn in dieses Land. Ihr müsst wissen, ich bin Bergmann- ein Knappe, so nennen wir uns. Ich bin ein Stollenbau- Meister, weiß also nicht nur mit der Hacke umzugehen.", erklärte der kleine Mann Urien voller Stolz.

„Was brachte dich in das Gedesheimer Gefängnis? Entschuldige meine Neugier?", fragte Sina und brachte Urien davon ab, noch ausschweifendere Lobeshymnen auf sich zu sprechen.

„Falschheit und Betrug. Doch nicht durch mich begangen. Euer großer Magister Ryth ließ uns einen Stollen befestigen und weitertreiben. Ganz in der Nähe eurer Stadt Moorfeld, zwischen Elvas und Rinterberg. Der Stollen war alt und wurde wohl vorher auch lange nicht bewirtschaftet. Ryth wollte dort für ihn wichtige Kristalle abbauen lassen, die man Lomasit nennt. Wir verstehen unser Handwerk, orderten Material, sicherten die Stollengänge und gaben unseren Schweiß, den Auftrag gut umzusetzen. Die Fördermenge an Kristall war gering, der Stollen wohl von vornherein ausgeschöpft. Dennoch gruben wir weiter. Aber Ryth bezahlte uns erst zu gering, dann gar nicht mehr. Einige von Uns zogen zur Burg und wollten Ryth in Moorfeld zur Rede stellen. Ich sprach für meine Mitstreiter. Er bot eine Gesprächsbereitschaft an und bat mich und zwei andere in die Burg des Grafen. Wir wurden jedoch allesamt getäuscht und festgesetzt. Unsere Reise endete in Gedesheim, wo man uns getrennt in die Zellen sperrte. Von einem weiß ich, dass er tot ist, für den anderen Knappen hoffe ich auf ein Überleben. Doch fast fünf Jahre in diesen Zellen lassen jeden Mann zur Verzweiflung bringen."

Während Urien sprach, besah sich Walla die Wunden, welche der Folterer dem armen Densell zugefügt hatte. Er war an mehreren Stellen von verbrannter haut und Schnittwunden gezeichnet. Eine Wunde suppte Wundflüssigkeit heraus, auch wenn der Rest der Stelle wohl grob ausgebrannt worden war.

Der große Mann mit Namen Bowien half Walla und hielt den geschwächten Körper von Densell in einer entspannten Stellung beim Sitzen, um Schmerzen zu meiden.

Für die anderen zur Kenntnis, gab Walla etwas von Densell preis, von dem sie wusste. Es schien ihr ein guter Moment, da Urien von 'Falschheit und Betrug' geredet hatte.

Die Moorfeld- Chronik Im Land der letzten LinienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt