Das Gefängnis Gedesheim

8 2 0
                                    

Der Transport war eine Zur- Schau- Stellung.

Demütigend, schmerzvoll, herabwürdigend.

Der nach drei Seiten einsehbare Käfig war ein Werkzeug der Mächtigen- geschaffen, um die kriminellen oder unliebsamen Gefangenen jeder Individualität zu berauben.

Niemanden kümmerte es, ob du dein Geschäft irgendwann machen musst, müde bist oder vielleicht auch krank. Du hast es zu erdulden, bespuckt und beworfen zu werden- mit allerlei interessanten Dingen, die dir helfen, sich ein Bad herbei zu sehnen. Manche, die dich im Karren sehen- wildfremde Leute- bekreuzigen sich und bitten für deine Seele.

Und Walla? Und Sina?

Sie hatten mit sich und ihren Seelen zu tun, mit einem Brech- und Würggefühl zu kämpfen, welches irgendwie nicht weichen wollte und als man ihnen auch keine Nahrung gab auch mit Hungerkrämpfen am zweiten Tag der Überführungsfahrt.

Man durfte nur nicht zulassen, sich aufzugeben. Um dann so zu dem zu werden, was der Voigt Grymm und verschiedene Andere wollten und in die sahen.

Der durch zwei Pferde gezogene Karren passierte Bleckenbeck nach der Umrundung der Rinter- Bergkette nach Osten hin. Denn dort lag unweit vor den Toren der Siedlung Gedesheim der Ort, über den mehr Schauergeschichten existieren, als es Psalmen in den Gebetsbüchern gab: Das Gefängnis Gedesheim.

Eingebettet am Ort einer alten Burg, umgebaut zu Zeiten eines Vorgängers des Schwarzen Grafen zu einem Ort der Sühne und Reinigung für die vielen dem Unrecht zugewandten Abtrünnigen der Grafschaft.

Schon von der Ferne war der Trutzturm der Anlage zu sehen- auch, dass dort einige wachen mit ihren Armbrüsten Wache standen- bereit, fliehenden Insassen einen totbringenden Gruß zu senden.

Vor dem Tor der durch Türme geschützten Mauern hockten einige alte Frauen, die auf ihre Kinder hofften und junge Frauen, die auf ihre Männer hofften- allesamt waren hinter diesen Mauern, die keinerlei Zugang gewähren, es sei denn, in einem Gitterkarren.

Beim Vorbeifahren sah Walla in das Gesicht einer alten gütigen Frau, die wohl ein gewisses Maß von Mitgefühl auch für Walla in den Augen trug und ihr Mut machend zuzwinkerte. Als wollte sie sagen: Bleib standhaft! Lass deinen Mut nicht sinken. Gib dich da drinnen nicht auf.

Dann verschloss sich das große dunkle Tor zur Außenwelt hinter dem Wagen und der Karren kam in einem dreckigen und stinkenden Innenhof zum Stehen.

Einige Wärter kamen aus einer Art Torhaus über eine Holztreppe herunter, um die Neuankömmlinge zu begutachten.

„Na? Was habt ihr denn da mitgebracht?", fauchte einer der Wärter. Er zog sein rechtes Bein leicht nach und besah die neuen Gefangenen abschätzig.

„Aus Gillberg. Mit besten Grüßen vom Voigt Grymm. Eine Hure mit 12 Tagen Arrest und diese zwei Schönheiten, die nicht bezahlen konnten, mit 10 Tagen Arrest. Wenn ihr Euch großmütig zeigt, dann rechnet Ihnen die zwei Tage im Karren auf die Zeit an. Wenn nicht? Ist es mir auch egal."

„Gillberg sagst Du? Wieso bringt ihr Uns diese Lappalien her? Ihr habt doch einen Arrest.", hinterfragte ein anderer der pflichtbewussten Wärter.

„Wir sind voll! Die Markttage? Hat sich das nicht herumgesprochen bis zu Euch? Der Arrest taugt für vier Leute und ist mit fast zwanzig derzeit belegt, kaum, dass wir die Mäuler satt bekommen können.", erklärte einer der zwei Kutscher.

„Aha." Einer der Wärter besah sich Sina sehr lange und mit durchdringendem Blick. Fast lüstern schielte er auf die junge blonde Frau. „Da habt ihr also an uns gedacht. Weil wir so viel Platz haben?"

Die Moorfeld- Chronik Im Land der letzten LinienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt