Des Jägers Handwerkszeug

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Liz

Silas war so still gewesen.

Noch nie hatte ich so viel über jenen Abend gesprochen, wie an diesem Tag. Mein Herz schmerzte bei jedem Wort, dass über meine Lippen kam und an all das Leid erinnerte.

Warum war es jedoch so leicht ihm davon zu erzählen?

Die Erinnerungen an diesen Tag waren mir in die Seele gebrannt worden und auch nur der Gedanke an Lea oder diesen schrecklichen Mann, raubte mir all meine Kräfte.

Bisher hatte ich nur mit wenigen Menschen darüber gesprochen und Silas war anders als alle von ihnen. Meine Eltern, Lea, selbst mein Therapeut war geschockt von meiner Tat gewesen. Natürlich zeigten sie Verständnis. Sie umarmten und kümmerten sich um mich.

Doch als ich ihm alles erzählt hatte, sah mir Silas in die Augen. Er sprach weder sein Beileid aus, noch zeigte sein Gesicht irgendeine Regung von Schock oder Entsetzen. Er sagte nur einen Satz und seine Worte hallten mir noch jetzt im Kopf wieder.

"Es war nicht deine Schuld."

Er hatte Recht. Es war nicht meine Schuld gewesen. Mit diesem einen Satz aus seinem Mund fiel mir ein schwerer Stein vom Herzen, den ich für lange Zeit verdrängt hatte.

Silas war der Erste, der mir weder Vorwürfe machte, noch mich wie ein verwundetes Reh behandelte, auch wenn ich vermutlich genau so auf ihn wirken musste. Er hatte sein langes Schweigen gebrochen, um mir die Bestätigung zu geben, die ich gebraucht hatte.

Wahrscheinlich war es keine ungewöhnliche Geste, doch von jemanden, der dem Tod schon so lange tagtäglich ins Gesicht sah, war dieser Satz in meinen Ohren wie ein beruhigendes Wiegenlied.

Er war vermutlich der Erste, der dieses Gefühl kannte. Er wusste wie es war ein Leben zu beenden, auch wenn die Seelen längst tot waren.

Silas hatte, trotz seiner schlimmen Wunden, noch in derselben Nacht meine Wohnung verlassen und nun hatte ich bereits eine ganze Woche nicht mehr von ihm gehört

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Silas hatte, trotz seiner schlimmen Wunden, noch in derselben Nacht meine Wohnung verlassen und nun hatte ich bereits eine ganze Woche nicht mehr von ihm gehört. Auch hatte mein Seelendetektor nicht angeschlagen, weshalb ich nicht wusste, was ich mit mir anfangen sollte.

Die ersten zwei Tage verbrachte ich damit meinen vernachlässigten Alltag aufzuholen. Ich räumte meine Wohnung blitzblank auf, machte die Wäsche, meldete mich in der Uni krank, ging einkaufen und kochte mir jeden Tag ein leckeres Mittagessen. Während der gesamten Zeit versuchte ich jegliche Gedanken an Seelen und Sensenmänner aus meinem Kopf zu verbannen.
Das hielt jedoch nicht lange an.

Schon am dritten Tag packte mich die Panik, da mir wieder bewusst wurde, dass über meinem Kopf eine tickende Uhr hing und meine Seele der Verdammnis mit jeder verstreichenden Minute näher kam. Das konnte ich nicht zulassen.

SeelenjägerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt