Im Laufschritt durch Brooklyn

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Beinahe zwei Stunden waren vergangen, seit mich dieser dunkelhaarige Typ um meinen entspannten Morgen gebracht hatte.

In einem straffen Tempo eilte er die Straßen hinunter, sodass ich Mühe hatte ihm zu folgen.
Wie ich gestern Abend richtig vermutet hatte, war dieser Silas kein besonders gespächiger Kerl.
Die Stille, die zwischen uns herrschte, lag erdrückend über dem zunehmenden Getümmel der Straßen.
"Ich bin übrigens Liz", hatte ich eine Unterhaltung starten wollen, da mir noch so viele Fragen auf der Zunge lagen, auf die ich diesem stummen Kerl gerne ein paar Antworten entlockt hätte, doch mein Plan war gescheitert.
Nicht auch nur ein kurzes Wort kam über seine Lippen.

Langsam aber sicher bereute ich, nicht gefrühstückt zu haben.
Mein Magen begann zu knurren, als würde ein wildes Tier in ihm wohnen.
"Hey du, Silas!", rief ich dem hochgewachsenen Mann vor mir zu, der abrupt stehenblieb und sich zu mir umsah. Auf seinem Gesicht lag wieder dieser Ausdruck purer Gleichgültigkeit.
"Können wir vielleicht eine kleine Pause einlegen? Da vorne ist ein kleiner Imbiss. Ich würde gerne etwas essen."
Mit meinem Finger wies ich ihm die Richtung, in der an der Ecke ein Foodtruck stand.
Der Geruch von fettigem Essen lag in der Luft und kitzelte meine feine Nase, die die Leckereien schon von weitem roch. Silas machte keine Anstalten mir zu antworten. Ich unterdrückte ein genervtes Schnauben, als ich an ihm vorbeistolzierte und den weißen Foodtruck ansteuerte.

Als ich mir einen Hotdog bestellt hatte, kam Silas schließlich langsam angetrottet.
Ich griff in meine Jackentasche, in der sich immer etwas Kleingeld finden ließ und bezahlte meine Bestellung. Als ich vorsichtig in das noch heiße Würstchen biss, ließ ich mir bewusst Zeit.
Nun war mir gegenüber kurzes Schnauben zu hören, dass ich gekonnt ignorierte.
"Sag mal, weißt du überhaupt wo du hin willst?", fragte ich den schwarzhaarigen Hünen beiläufig, als ich noch einen Bissen von meinem Hotdog nahm. Seine kalte Stimme ließ mich für einen Moment innehalten.
"Eigentlich sollst du MIR das sagen. Der Boss meinte, dass du eine Art Kompass besitzt, mit dem du die Seelen aufspüren kannst."

Natürlich wusste ich sofort was er meinte.
Meine Schulter hatte in der ganzen Zeit nicht ein einziges Mal geschmerzt und beinahe war es schon ein seltsames Gefühl. In den letzten vierundzwanzig Stunden kam es mir so vor, als würde das Stechen und Ziehen nie mehr aufhören.

In meinem Kopf formte sich eine Vermutung, von der ich nicht recht wusste, ob sie mir gefiel.
Wenn Silas mit dem so genannten Kompass den riesigen Fleck auf meiner rechten Schulter meinte, dann ergab es zwar Sinn, doch trotzdem bereitete es mir großes Unbehagen.

"Konzentrier dich einfach und sag mir, wo wir lang müssen."
Das war für die nächsten Stunden das Letzte, was er von sich gab.

" Das war für die nächsten Stunden das Letzte, was er von sich gab

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Mir war nun klar, was genau meine Aufgabe war.
Ich war das Navigationssystem und Silas der Fahrer. Zumindest fühlte es sich so an. Vorausgesetzt die Alarmglocke am oberen Ende meines Armes würde auch anschlagen, doch das war noch immer nicht der Fall gewesen.

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