Kopenhagen

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„Wir treffen uns um drei am Flughafen. Kuss."

Ich blicke selig aus dem Fenster. Es ist Freitagnachmittag und ein weiteres aufregendes Wochenende mit Bettina steht mir bevor. Die Tage mit ihr vergehen wie im Flug. Ich liebe mein Leben! Ich genieße jede Minute, auch, wenn Bettina nicht bei mir ist. Dann verliere ich mich in meinen Gedanken und träume von unserer Zukunft. Ich genieße die Vertrautheit zwischen uns, unsere Leidenschaft. Ich bin so glücklich, dass ich schreien könnte! Doch ich bin zum Schweigen verdammt und kann nur dämlich vor mich hin grinsen. Ich ignoriere die fragenden Blicke von Ina und Franzi und lasse meine Fantasie bei der Beantwortung nach meiner Freizeitgestaltung spielen. Ich verabschiede mich von meinen Kolleginnen, schnappe mir meine Reisetasche und mache mich leichten Schrittes auf den Weg zum Flughafen. Ich treffe Bettina vor den Tafeln der Abflugzeiten. Glückliches Lächeln auf unseren Gesichtern.

„Und, wo geht es hin?"

Ich grinse.

„In meine Lieblingsstadt!"

Ich ziehe Bettina zu den Sicherheitskontrollen und reiche ihr ihr Ticket. Kopenhagen.

„Ich war noch nie dort."

„Wirklich nicht?"

Sie schüttelt ihren schönen Kopf. Ich freue mich.

„Dann kann ich Dir endlich etwas von der Welt zeigen!"

Wir sind bereits durch die Sicherheitskontrolle durch und Bettina zieht mich in eine kleine ruhige Ecke.

Ihre Hand an meiner Wange, ihre Augen in meinen, ihre Lippen auf meinen.

„Du weißt gar nicht, wie viel Du mir schon gezeigt hast."

Ich genieße diesen kleinen vertrauten Moment zwischen uns in all dem Trubel des Flughafens. All die Menschen an einem Ort haben mir oft Angst und Unbehagen bereitet, doch mit Bettina an meiner Seite fühle ich mich sicher. Die Menschen um mich herum nehme ich gar nicht war. Der Flughafen gehört ganz uns. Wir sitzen im Flugzeug und ich sehe die Öresund-Brücke. Meine freudige Aufregung steigt. Wie sehr ich diese Stadt mag! In meinem ersten Urlaub, den ich ganz allein verbrachte, war ich nach Kopenhagen geflogen und noch nie hatte ich mich so frei und ganz wie ich selbst gefühlt, wie hier. Ich ließ mich von der Schönheit der Stadt, dem lebendigen Treiben in den Straßen einnehmen und war einfach nur da, sog alles in mich auf und verließ die Stadt in dem Wissen, wiederzukehren. Jetzt war es endlich soweit und ich kehrte nicht allein zurück. Bettina war an meiner Seite. Ich kann mich nicht erinnern, je in meinem Leben so glücklich, so unbeschwert gewesen zu sein. Mein Leben könnte auf immer so weitergehen.

Wir checken in dem schicken Hotel ein, welches ich für uns gebucht habe. Bettina zückt ihre Kreditkarte, doch ich halte sie zärtlich davon ab sie dem Portier zu reichen und gebe stattdessen meine.

„Du musst das nicht bezahlen", sagt Bettina zu mir, als wir unser geräumiges Zimmer betreten.

Ich gehe mit offenen Blick auf sie zu.

„Du magst eine berühmte und reiche Schauspielerin sein. Aber wenn ich Dich daran erinnern darf, habe ich selbst einen ziemlich gut bezahlten Job und würde meine Liebste gerne zu diesem Wochenende einladen."

Ihre Hände auf meinen Hüften.

„Deine Liebste, ja?!"

Ich grinse und kann nicht vermeiden, dass mir die Röte ins Gesicht steigt. Ihre Lippen auf meinen, ihre Haut an meiner und die Nacht zieht an uns vorüber.

Bettina lässt sich von mir durch Kopenhagen führen. Händchenhaltend laufen wir durch die Straßen, bleiben immer wieder für einen kurzen Kuss stehen und genießen die Leichtigkeit, das offene Zeigen unserer Zuneigung, welches wir schon auf Londons Straßen zelebriert haben. In Berlin halten wir immer einen sicheren Abstand zueinander ein, es gab einfach zu viele Augen die Bettina kannten, zu viele Kameras die ihren Weg begleiteten. Wir blieben eh lieber zu Hause, in unseren sicheren vier Wänden wo wir unbeobachtet unsere Zuneigung füreinander ausleben konnten.

„Wir haben immer noch kein gemeinsames Foto."

Auffordernd sieht Bettina mich an und ich zücke mein Handy. Ihre Wange an meiner. Zwei glückliche Gesichter festgehalten von meiner Kamera. Ein Kuss den sie mir gibt und ich drücke auf den Auslöser. Unsere Liebe festgehalten für die Ewigkeit. Nie war ich so schön. Nie werde ich je wieder so schön sein, so glücklich wie in diesem Moment. Meine Augen nie wieder so lebendig die Welt betrachten wie jetzt. Ich sende die Bilder an Bettina und beobachte, wie sie sie in einem privaten Ordner abspeichert. Bedeute ich ihr genauso viel wie sie mir? Ich verdränge die Gedanken und konzentriere mich auf die Sonne die in mein Gesicht scheint. Wir sitzen mit einem Wein am Hafen in Nyhavn und genießen schweigend unser Glück.

„Danke."

„Wofür?" Fragend sehe ich Bettina an.

Ihre Lippen nähern sich meinen.

„Für alles."

Ich genieße ihren Geschmack auf meinen Lippen, nehme ihre Zunge in mir auf. Sie sieht mich durchdringend an und ich meine, all ihre Sehnsucht und Traurigkeit sehen zu können. Ich spüre es tief in mir und es zerreißt mir das Herz. Wir schweigen. Noch ist unsere Zeit nicht vorüber.

Kopenhagen verging viel zu schnell. Wir hatten nicht die Zeit, alles zu erkunden, was ich Bettina so gern gezeigt hätte. Aber sie hat mir versprochen, noch einmal zurückzukehren und ich habe den Schmerz in mir ignoriert zu wissen, dass es nicht mit mir sein wird. Ich erinnere mich an unseren ausgelassenen Abend in TIVOLI. In dem Freizeitpark, der mitten in Kopenhagen steht, sind wir kreischend Achterbahn gefahren, haben Zuckerwatte in uns hineingestopft und unser Geld mit sinnlosen Spielen vergeudet. Aber wir hatten eine Menge Spaß! Und jetzt sitze ich wieder in meinem Büro und Berlin liegt klein und unbedeutend unter mir. Es kostet mich viel Kraft mich auf meine Arbeit zu konzentrieren und nicht die ganze Zeit an Bettina zu denken. Noch zwei Wochen. Ich ermahne mich, noch nicht an das Ende zu denken. Es gibt kein Ende. Ich lebe im hier und jetzt. Heute. Und heute liebe ich Bettina und werde von ihr geliebt. Die Sehnsucht überrollt mich schmerzhaft. Ich ziehe mich in die Küchenzeile in unserem Büro zurück und wähle Bettinas Nummer.

„Hey." Eine liebevolle Stimme die in mein Ohr dringt.

Erleichterung durchflutet mein Herz.

„Hey. Ich wollte nur mal kurz Deine Stimme hören."

„Hast Du etwa Sehnsucht nach mir?" Ich sehe Bettinas süffisantes Lächeln vor meinem inneren Auge.

„Ja", gebe ich zu.

Stille.

„Ich vermisse Dich auch. Wann kommst Du heute nach Hause?"

Nach Hause. Ich lächle. Ja, so fühlt es sich an, wenn ich bei Bettina bin. Endlich angekommen, endlich frei und doch nicht allein.

„Gegen sechs." Antworte ich.

„Okay, ich warte auf Dich. Bis später."

Ich liebe dich, sage ich in Gedanken. Das piepen dringt minutenlang in mein Ohr, ehe ich bewusst wahrnehme wo ich bin und zurück an meinen Schreibtisch kehre, um mich meiner Arbeit zu widmen.

Die AffäreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt